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Die Nacht Von Lissabon

Die Nacht Von Lissabon

Titel: Die Nacht Von Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Aufenthaltserlaubnis für diesen Bezirk hier, und niemand anders kann mir die geben als Sie, Herr Präfekt.‹
      Er lachte. ›Aber wenn Sie gesucht werden, sind Sie hier doch am gefährdetsten.‹
      ›Wenn ich gesucht werde, bin ich in Marseille gefährdeter als hier. Man wird mich dort vermuten, aber nicht hier. Geben Sie uns eine Erlaubnis für eine Woche. Wir werden in dieser Zeit den Zug durchs Rote Meer antreten können.‹
    ›Das Rote Meer?‹
      ›Das ist ein Ausdruck unter Flüchtlingen. Wir leben wie die Juden beim Auszug aus Ägypten. Hinter uns die deutsche Armee und die Gestapo, zu beiden Seiten das Meer der französischen und spanischen Polizei, und vor uns das Gelobte Land Portugal mit dem Hafen von Lissabon zum noch gelobteren Lande Amerika.‹
    ›Haben Sie denn amerikanische Visa?‹
    ›Wir werden sie bekommen.‹
    ›Sie scheinen an Wunder zu glauben.‹
      ›Ich habe keine andere Wahl. Und ist nicht heute eines passiert?‹«
    Schwarz lächelte mich an. »Es ist sonderbar, wie
    berechnend man im Elend werden kann. Ich wußte genau, warum ich den letzten Satz gesagt und warum ich dem Präfekten vorher durch den Vergleich mit Gott geschmeichelt hatte. Ich mußte eine kurze Aufenthaltserlaubnis herausholen. Wenn man völlig auf andere Menschen angewiesen ist, wird man zu einem genau kalkulierenden Psychologen, selbst wenn man vor Anstrengung kaum noch atmen kann, und vielleicht gerade deshalb. Eines hat nichts mit dem andern zu tun, und beide funktionieren gesondert, ohne daß eines das andere beeinträchtigt, die Angst ist echt, der Schmerz ist echt, und so ist die Berechnung. Alle haben dasselbe Ziel: Rettung.«

Schwarz war merklich ruhiger geworden. »Ich bin bald
    fertig«, sagte er. »Wir bekamen tatsächlich Aufenthaltserlaubnis für eine Woche. Ich stand am Tor des Lagers, um Helen abzuholen. Es war später Nachmittag. Ein dünner Regen stäubte herunter. Der Arzt war bei ihr. Ich sah sie einen Augenblick mit ihm sprechen, bevor sie mich erblickte. Sie sprach lebhaft, und ihr Gesicht war bewegter, als ich es gewohnt war; mir war, als ob ich von der Straße her in ein Zimmer schaute, ohne daß jemand es vermutete. Dann erblickte sie mich.
    ›Ihre Frau ist sehr krank‹, sagte der Arzt zu mir.
      ›Das ist wahr‹, erwiderte Helen lachend. ›Ich werde in ein Krankenhaus entlassen und dort sterben. Genau wie es abgemacht ist.‹
      ›Dies ist kein Witz!‹ erklärte der Arzt feindselig. ›Ihre Frau gehört wirklich in ein Krankenhaus.‹
    ›Warum ist sie dann nicht schon längst da?‹ fragte ich.
      ›Was soll das alles?‹ sagte Helen. ›Ich bin nicht krank, und ich gehe nicht in ein Krankenhaus.‹
    ›Können Sie sie in ein Krankenhaus bringen‹, fragte ich den Arzt, ›so, daß sie dort sicher ist?‹
    ›Nein‹, erwiderte er nach einer Pause.
      Helen lachte wieder. ›Natürlich nicht. Welch ein dummes Gespräch. Adieu, Jean.‹
      Sie ging voraus, die Straße entlang. Ich wollte den Arzt fragen, was sie hätte; aber ich konnte es nicht. Er starrte mich an, dann drehte er sich rasch um und ging zum Lager zurück. Ich folgte Helen.
    ›Hast du deinen Paß?‹ fragte ich.
    Sie nickte. ›Gib mir deine Tasche‹, sagte ich.
    ›Es ist nicht viel darin.‹
    ›Gib sie mir trotzdem.‹
      ›Ich habe das Abendkleid noch, das du mir in Paris gekauft hast.‹
      Wir gingen die Straße hinunter. ›Du bist krank?‹ fragte ich.
      ›Wenn ich wirklich krank wäre, könnte ich doch nicht gehen. Ich müßte Fieber haben. Ich bin nicht krank. Er lügt. Er wollte, ich sollte bleiben. Sieh mich an. Sehe ich krank aus?‹ Sie blieb stehen.
    ›Ja‹, sagte ich.
    ›Sei nicht traurig‹, erwiderte sie.
    ›Ich bin nicht traurig.‹
      Ich wußte jetzt, daß sie krank war; und ich wußte, daß sie es mir nie gestehen würde. ›Würde es dir helfen, wenn du in einem Krankenhaus wärest?‹
      ›Nein!‹ sagte sie. ›Nicht im geringsten! Du mußt mir das glauben. Wenn ich krank wäre und ein Hospital könnte mir helfen, würde ich sofort versuchen, hineinzukommen. Glaube mir das!‹
    ›Ich glaube es dir.‹
    Was hätte ich sonst tun sollen? Ich war plötzlich
    entsetzlich mutlos. ›Vielleicht wärest du lieber im Lager geblieben‹ sagte ich schließlich.
      ›Ich hätte mich getötet, wenn du nicht gekommen wärest.‹
    Wir gingen weiter. Der Regen wurde stärker. Er war wie ein grauer Schleier aus sehr feinen Tropfen, der um uns herumwehte. ›Wir

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