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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Augen auf, starrte sie an und drehte sich dann zu mir um. Trotz der Schmerzen schien er mich zu erkennen. Er murmelte ein paar Worte und wurde ohnmächtig.
    »Was hat er gesagt?« flüsterte sie. »Ich hab's nicht verstanden.«
    »Es war hebräisch, er entschuldigte sich.«
    Plötzlich herrschte gespanntes Schweigen zwischen uns. Ich legte ihr die Hand auf die Schulter. »Bei unseren Kommandounternehmen hätten wir Sie gut gebrauchen können. Sie tun das sicher nicht zum erstenmal.«
    »Schon möglich, und was wird nun? Er muß doch ins Krankenhaus.«
    »In diesem Fall hätte er kaum eine Chance. Major Ibrahim würde ihn durch die Mangel drehen, bevor sich ein Arzt um ihn kümmern könnte. Nein, das ist ein Fall für Yanni Kytros. Wird Zeit, daß er auch etwas tut.«
    Ich öffnete die Tür und schaute hinaus. Im Korridor war es noch dunkel, und nur von der Halle am anderen Ende drang ein matter Lichtschein herein. Sie stand so dicht neben mir, daß es gar nicht auffiel, als ich ihr meine Hand um die Hüfte legte. »Alles klar?« fragte sie.
    Der Himmel weiß, warum das geschah, aber ich fühlte mich plötzlich so lebendig wie schon seit Jahren nicht mehr. Selbstbewußt und voller Mut, es mit der ganzen Welt aufzunehmen. Sie hob den Kopf und sah mich aus großen Augen an. Da gab ich ihr einen Kuß auf den Mund.
    »Wir haben doch viel Spaß miteinander, nicht wahr?« »Los, raus.« Fast lächelte sie, was in dieser Lage wirklich ein Wunder gewesen wäre. Dann schob sie mich auf den Korridor hinaus und schloß die Tür.
    Ich schlich vorsichtig den Gang entlang und spähte in die verlassene Halle hinunter. Auf dem Tisch der Rezeption standen zwei brennende Petroleumlampen, aber vom Nachtportier war nichts zu sehen. Hinter mir öffnete sich eine Tür.
    Yanni Kytros erschien mit einer Lampe in der Hand. Er trug einen Morgenrock und schien die Absicht zu haben, für seine Verhältnisse sehr früh schlafen zu gehen.
    »Jack?« Er runzelte die Stirn. »Was soll das?« Dann kam er näher. »Mein Gott, Sie sind ja blutig.«
    Ich packte ihn beim Aufschlag des Morgenrocks und zog ihn zu mir heran. »Und Sie werden noch blutiger sein, wenn Ihnen nicht verdammt schnell etwas einfällt. In meinem Zimmer liegt Guyon und hat drei ziemlich häßliche Löcher im Fell. In seiner Verfassung kann er eine Unterhaltung mit Major Ibrahim nicht durchstehen. Er würde wahrscheinlich alles sagen, was er über Sie weiß. Dann sind Sie dran. Wie gefällt Ihnen das?«
    Er machte große Augen, aber es gab nicht den geringsten Moment der Panik. »Gar nicht, ich hab' noch anderes vor. Wie schlimm steht es um Guyon?«
    »Ich hab' ihn zusammengeflickt so gut ich konnte, aber er hat eine Kugel in der Lunge, er braucht rasch einen Arzt.«
    »Ich weiß einen Doktor in Alexandria, einen Österreicher namens Schiller, der in der Nähe des Haupthafens eine Klinik für Heroinsüchtige betreibt. In der Canayis-Straße, der wird sich drum kümmern. Sagen Sie nur, ich schicke Sie.«
    »Und wie zum Teufel soll ich ihn dorthin schaffen? Auf allen Straßen patrouillieren Soldaten.«
    Wir kamen nicht weiter. Draußen bremsten plötzlich mehrere Militärfahrzeuge. Kurz darauf marschierte Major Ibrahim herein, gefolgt von vier Militärpolizisten. Er trat an das Pult und läutete. Der Nachtportier kam gähnend zum Vorschein.
    »Wo ist Kytros?« fragte Ibrahim.
    »Ich weiß es nicht genau, Major.«
    Ich nahm es dem Mann nicht übel, daß er Angst hatte. »Und dieser Savage? Haben Sie ihn schon gesehen?«
    »Der dürfte in seinem Zimmer sein, Major.«
    Als Ibrahim sich umdrehte, flüsterte ich Yanni ins Ohr: »Halten Sie ihn auf, wenn Sie das überleben wollen. Mindestens drei Minuten, oder wir sind alle verloren.«
    Ich stieß ihn die Stufen hinab und rannte den Gang zurück.
    »Ach, Major, ich wollte Sie ohnehin sprechen«, hörte ich ihn rufen. Dann stand ich schon in meinem Zimmer.
    Irgendwie hatte sie Guyon auf das Bett gelegt und saß neben ihm. Ich riß mir die blutbefleckte Jacke herunter, warf sie neben die beiden Taucheranzüge auf dem Boden und rollte alles in den Perserteppich.
    »Sie müssen rasch von hier verschwinden«, sagte ich. »Ibrahim ist unterwegs.«
    Ich rannte zum Schrank, riß den Deckel meiner alten Seekiste hoch und stopfte alles hinein. Als ich mich umdrehte, stand sie immer noch neben dem Bett.
    »Herr im Himmel, seien Sie doch vernünftig«, sagte ich. »Was glauben Sie wohl, wie lang ein Mädchen es in einem ägyptischen Gefängnis

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