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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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der Kahn?«
    »Sechsundzwanzig Kulacs, ich hab's genau nachgemessen.«
    »Also über vierzig Meter.« Ich schüttelte den Kopf. »In dieser Tiefe braucht man eine vorzügliche Ausrüstung, Ciasim. Für den Beginn mindestens zwei Taucher.«
    »Das dachte ich auch.«
    Er grinste und verfiel in sein amerikanisches Englisch, das er im Gefangenenlager gelernt hatte. »Wir beide, mein Junge, können ein Vermögen verdienen.«
    Ich war da nicht so sicher. Natürlich war das eine gute Chance, und man konnte dabei mehr Geld verdienen als mit den Schwämmen, denn das war ohnehin nicht viel. Früher hätte ich mir ein solches Angebot nicht zweimal überlegt. Aber was Wracks betraf, so hatte ich die Nase voll. Doch wie sollte man einem Mann, der keine Nerven hatte, erklären, daß meine auf den Hund gekommen waren?
    »Heute nachmittag, Jack, ich bring dich heute nachmittag hin. Wir tauchen miteinander. Du wirst schon sehen.« Er nahm einen Schluck aus der Arrakflasche. »Und jetzt essen wir.«
    Er zog mich hoch und torkelte über den Sand hinüber zum Feuer. Zuerst gab es Corba, für meinen Geschmack die herrlichste Fischsuppe der ganzen Welt, dann auf glühenden Steinen gegrillte Hummer, und schließlich Fischsteaks. Besser hätte man im Hilton von Athen auch nicht essen können.
    Aber warum hatte ich bloß keinen Appetit?
    Ich stellte das Fernglas ein. Die Klippen von Sinos sprangen mir entgegen. Sie waren an dieser Stelle fast hundert Meter hoch, und an jedem strategischen Punkt konnte man deutlich die alten Festungsanlagen erkennen. Nackter Fels, ein wenig Gras, sonst kaum etwas.
    »Da möchte ich auch nicht sterben«, sagte ich.
    Ciasim zuckte die Achseln. »Politik ist etwas für Verrückte, Jack, ich will nichts davon wissen.«
    Die ›Seytan‹ ankerte etwa eine halbe Meile vor Land, Bord an Bord mit der ›Gentle Jane‹. Es gab zwar keine Markierungsboje, aber er versicherte mir, daß wir uns genau an der richtigen Stelle befanden. Ich lehnte mich an den Mast und sah zu, wie Yassi und Abu ihren Vater zum Tauchen vorbereiteten.
    So ein Taucheranzug besteht aus mehreren Schichten Gummi und dickem Leinenstoff und ist insgesamt ziemlich haltbar, aber Ciasims Ausrüstung hatte schon bessere Zeiten gesehen.
    Ciasims einziges anständiges Ausrüstungsstück war der massive Helm aus Kupfer und Messing, der immerhin so modern war, daß er ein automatisches Ventil besaß. Beim Ausfall der Druckluft schloß er sich selbsttätig. Genauso war es bei dem Austrittsventil, so daß der Taucher dann immer noch den Luftvorrat seines Anzugs zur Verfügung hatte. Natürlich blieb ihm dann zum Aufsteigen nicht viel Zeit übrig.
    Es war reiner Wahnsinn, sich mit Ciasims Ausrüstung an eine solche Sache heranzuwagen. Er war ein ausgezeichneter Taucher, aber Mut allein genügt nicht.
    »Wir sehen uns dann unten, Jack.« Der Helm wurde ihm über den Kopf gestülpt und mit der Brustplatte verschraubt.
    Ich nickte und kletterte über die Reling hinüber auf die ›Gentle Jane‹. Morgan kontrollierte mein Atemgerät. Er sah mich besorgt an, während ich Pullover und Hosen abstreifte. Darunter trug ich einen kompletten Naßtauchanzug aus Neopren. Wenn ich daran dachte, wie kalt es da unten war, schüttelte ich mich jetzt schon.
    »Wie fühlst du dich, Jack?« fragte er leise, während ich die Arme durch die Gurte der Aqualunge schob.
    »Scheußlich«, antwortete ich, und hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen. Er machte ein so trauriges Gesicht, daß ich ihm rasch die Hand auf die Schulter legte. »Das hat nichts mit dem Tauchen zu tun. Das stört mich jetzt nicht. Ich mag nur nicht in einer solchen Sache mit Ciasim zusammenarbeiten. Wir haben dafür nicht die entsprechende Ausrüstung. Das weiß ein alter Hase wie du besser als jeder andere.«
    Aber er glaubte mir kein Wort davon.
    Ich ließ Ciasim drei oder vier Minuten Vorsprung, dann tauchte ich an seiner Leine entlang in das klare Wasser hinunter. Zuerst war es gar nicht so schlimm, dann erreichte ich die neutrale Zone in fünfzehn Meter Tiefe, wo alle Farben verblaßten und alles sich an mich heranzudrängen schien. Die Sicht wurde schlechter, und aus unerfindlichen Gründen gab es hier kaum Fische. Die Stimmung war ziemlich makaber.
    Ich prüfte den Tiefenmesser und tauchte weiter. Keine Riffe, keine Schluchten, nichts. Nur eine geheimnisvolle grüne Leere. Ich versank kopfüber im Abgrund der Ewigkeit.
    Ganz plötzlich tauchte aus dem Dämmerlicht ein Schiffsheck auf.
    Das Schiff

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