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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Sand eingegraben, oder er bekam zwei Zigaretten zu rauchen. Das Nikotin übte angeblich eine wohltuende Wirkung aus, da es sofort vom Blut absorbiert wurde; daher waren auch alle türkischen Taucher, die ich kennengelernt hatte, starke Raucher.
    Ich kam neben der ›Seytan‹ an die Oberfläche, einem jener seltsamen Schiffe mit zwei Hecks, die seit undenklichen Zeiten in derselben Form gebaut wurden. Sie trug ein großes, mehrfach geflicktes ockerfarbenes Segel, und die Dieselmaschine, die Morgan überholt hatte, verlieh ihr eine Geschwindigkeit von höchstens vier Knoten. Ciasims ältester Sohn, Yassi, ein großer, hübscher Junge von neunzehn Jahren, kontrollierte sehr aufmerksam die Geschwindigkeit des Bootes. Das war nicht nur zum Ausgleich der Gezeiten und der Strömung nötig, sondern auch deshalb, weil man mit dem Taucher unten Schritt halten mußte. Außerdem hatte er darauf zu achten, daß sich die Auspuffgase immer leewärts vom Kompressor befanden. Schon viele Taucher waren an einer Kohlenmonoxydvergiftung zugrunde gegangen.
    Der Kompressor tuckerte vor sich hin. Ciasims zweiter Sohn, Abu, ein kluger, aufgeweckter vierzehnjähriger Junge, hatte die wichtigste Aufgabe an Bord übernommen: die Betreuung des Tauchers. Ich habe Burschen kennengelernt, die darin so geschickt waren, daß sie allein durch Berührung des Seils genau feststellen konnten, was unten vorging. Abu hatte hierfür eine natürliche Begabung.
    Yassi beugte sich grinsend vor, reichte mir die Hand und half mir an Bord. Ich zog mir die Gesichtsmaske ab und hielt mein prallgefülltes Netz hoch. Wir sprachen griechisch, da nur ihr Vater Englisch verstand und mein Türkisch mehr als dürftig war. Er warf einen Blick auf die Schwämme, holte zwei heraus und warf sie kopfschüttelnd über Bord. Für mich sahen sie sehr anständig aus.
    »Woran erkennst du das?« fragte ich. »Leicht«, knurrte er, »die Größe der Löcher.« Sein Vater stieg langsam auf. Abu rief die jeweilige Tiefe in Kulacs aus, dem türkischen Fadenmaß. Ein Kulac entsprach ungefähr eineinhalb Metern. Ich schnallte mein Atemgerät ab und trank einen Schluck Wasser aus dem gewaltigen Tonkrug, der am Mast befestigt war. Er stammte aus der griechischen oder römischen Zeit und war ein paar tausend Jahre alt. Diese Krüge fand man auf den Booten der meisten Schwammtaucher. Sie waren in diesen Gewässern leicht aus irgendeinem versunkenen Wrack zu bergen.
    Einen Augenblick später wurde Ciasim über die Reling gehievt. Ich packte mit zu. Außerhalb des Wassers ist man in diesen Taucheranzügen recht unbeholfen. Allein jeder Schuh wiegt fünfzehn Pfund, und außerdem hatte er noch achtzig Pfund an Bleigewichten am Gürtel. Auch der gewaltige Kupferhelm hatte ein Gewicht von über fünfzig Pfund.
    Ich schraubte ihm das Gesichtsfenster auf. Er grinste. »Jack, mein Freund, wie geht's?«
    Er war ungefähr fünfundvierzig, sonnenverbrannt, ein gut aussehender Mann mit einem gewaltigen schwarzen Schnurrbart. Bei seiner Lebensweise hätte er eigentlich viel älter aussehen müssen.
    »Wie lange warst du denn da unten, du Idiot?« fragte ich. Abu hatte ihm inzwischen den Helm abgenommen. Ciasim grinste. »Fang bloß nicht wieder mit deinen Drucktabellen an. Gib mir eine Zigarette. Wenn ich sterben muß, dann ist's Kismet.«
    Ich gab ihm eine Zigarette aus der kleinen Sandelholzdose, die Yassi mir reichte. Ciasim machte ein paar tiefe Lungenzüge. »Großartig! Wo ist dein Schiff, Jack? Willst du nicht zu uns herüberkommen? Wir gehen an Land und essen etwas auf der Insel. Ich wollte ohnehin geschäftlich mit dir reden.«
    »Schön, die Schwämme haben Zeit bis später«, sagte ich und griff nach meiner Aqualunge.
    Yassi und Abu halfen mir, dann ließ ich mich wieder ins Wasser fallen.
    Sie akzeptierten mich ganz selbstverständlich, weil ich ein Dalguc - ein Taucher - war wie Ciasim. Bei ihm kam noch etwas anderes hinzu: Er hatte bei dem türkischen Infanteriekontingent gedient, das 1950 von der UNO nach Korea geschickt worden war.
    Ich war damals selbst mit dabei und sah sie an der Front eintreffen, fremdartige, finster blickende Männer in knöchellangen Uniformmänteln, bewaffnet mit altmodischen Karabinern und aufgepflanztem Bajonett. Sie sahen aus, als stammten sie aus dem ersten Weltkrieg, aber kämpfen konnten sie.
    Ciasim war fast zwei Jahre lang in chinesischer Gefangenschaft und wurde derselben Gehirnwäsche unterworfen wie andere alliierte Gefangene. Nur erzielten diese

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