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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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rührte mich nicht mehr und wartete, bis er die Maschinenpistole an sich genommen hatte. Er ging damit an die Reling, jagte einen Feuerstoß in den Boden des Bootes und schaute zu, wie dieses allmählich sank.
    Dann sagte er ganz gelassen zu Ciasim: »Los, setzen Sie Ihren Kahn in Bewegung. Bei der ersten Dummheit sind Ihre Söhne dran. Verstanden?«
    Niemand zweifelte daran, daß er es ernst meinte. Ciasim gehorchte. Im Weggehen legte er mir kurz die Hand auf die Schulter.
    Während die Maschine ansprang und die beiden Jungs den Anker einholten, trat ich an die Reling und sah zu dem Boot hinunter. Es war schon fast verschwunden, aber Morgans Gesicht war deutlich im Wasser zu erkennen. Seltsam - es sah aus, als wollte er mir noch etwas sagen, aber er konnte es nicht, weil er tot war.
    Dann ging das kleine Boot mit ihm unter. Armer Kerl. Jetzt hatte er Frieden, aber wie war er gestorben! Das hatte er nicht verdient.
    Yanni saß auf dem Boden, hielt sich mit beiden Händen das rechte Bein fest und verzog vor Schmerz das Gesicht. »Tut mir leid, Jack«, murmelte er.
    Ich wandte mich ab und sah Melos drüben am Ruderhaus stehen, die Maschinenpistole schußbereit. Ich überlegte mir nur, auf welche Weise ich ihn umbringen würde, wenn seine Zeit abgelaufen war.
    16

    Melos saß im Bug. Von dort aus konnte er Ciasim im Ruderhaus im Auge behalten. Yassi und Abu mußten zu seinen Füßen flach auf dem Deck liegen und würden als erste sterben, wenn irgendjemand etwas gegen ihn unternahm. Das bedeutete natürlich, daß er im Augenblick völlig unangreifbar war. Er befahl mir, Yanni mit nach unten zu nehmen und nach seinem Bein zu sehen.
    »Und vergessen Sie nicht, Savage, sich Mühe zu geben«, rief er mir nach. »Ich brauch' ihn lebendig.«
    »Sehen Sie, Jack«, raunte mir Yanni zu, während ich ihm nach unten half, »ich habe überall Freunde.«
    Er setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Kante der Koje und sah hinüber zu Pavlo. »Wie geht's ihm?«
    »Nicht sehr gut. Jetzt runter mit der Hose.«
    Er schnallte den Gürtel ab. »Ich hab's für unmöglich gehalten, Jack. Ich hätte nie gedacht, daß man von dieser Insel jemanden wegholen kann. Es ist ein Wunder.«
    »Sie sind recht gut informiert, wie?«
    Er lächelte matt. »Ich habe auch meine Quellen.«
    Ich hatte schon Ciasims Schiffsapotheke geöffnet. Dann tupfte ich Yanni das Blut von der Wunde und untersuchte ihn. Er hatte Glück. Die Kugel war nicht eingedrungen, sondern hatte lediglich eine fünfzehn Zentimeter lange Furche gerissen. Das war zwar schmerzhaft, aber ungefährlich.
    »Ich dachte, Politik langweilt Sie?« fragte ich. »Sie haben mir doch einmal gesagt, das Leben bestünde nur aus einer Reihe von Geschäften.«
    »Ich wurde von meinem Onkel erzogen, Jack, einem echten Athener. Er hatte eine kleine Bar in der Nähe des OmmoniaPlatzes. Kennen Sie diesen Teil von Athen?«
    »Dort geht es ziemlich lebhaft zu.«
    »Genau. Meine Tante heiratete einen Bäcker von der nächsten Ecke. Sie kamen im Krieg um, und wir nahmen ihren einzigen Sohn Michael zu uns auf.«
    »Ihren Vetter?« Ich klebte ihm einen Gazestreifen und Mull über die Wunde und stand auf.
    Er zog die Hose hoch. »Er war mein Bruder, Jack, nur dem Namen nach nicht. Er war Journalist. Ein guter Mann, ganz anders als ich. Solchen Menschen begegnet man nicht oft. Er konnte nur die Wahrheit sagen. Voriges Jahr wurde seine Zeitung verboten.«
    »Und was dann?«
    »Die übliche Geschichte.« Er drückte seine Zigarette auf dem Holztisch aus. »Bei der Verhaftung wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt erschossen.« Er stieß ein trockenes, böses Lachen aus. »Widerstand! Er konnte nicht einmal einer Fliege etwas zuleide tun. Er hätte es zehnmal mehr als ich verdient, am Leben zu bleiben. Verstehen Sie das, Jack?«
    Das war ein ganz anderer Kytros, ein Mann mit einem Gewissen.
    »Ich bin nicht ganz sicher« sagte ich. »Es wäre wahrscheinlich nicht Ihrer Meinung. Nicht nach dem, was heute nacht geschehen ist.«
    Er war gleichzeitig wütend und niedergeschlagen. »Mein Gott, was habe ich da angerichtet! Wir wußten ja nicht, daß Melos an Bord ist.« Er zögerte und fügte verlegen hinzu: »Es tut mir leid wegen Morgan. Ich habe ihn mitgenommen, weil er die genaue Position kannte. Es wäre zu spät gewesen zu warten, bis ihr in Kyros angekommen wärt.« Er schüttelte den Kopf. »Aber das habe ich nicht gewollt.«
    Ich goß ihm einen Schluck von Ciasims billigem Schnaps ein. »Melos ist

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