Die Nacht von Sinos
schon sehenswert, wenn er losgeht. Wer ist das überhaupt? Doch bestimmt kein Yachtkapitän.«
»Wenn ich richtig informiert bin, ist er Major der Sicherheitspolizei.«
»Und die Mannschaft der ›Firebird‹? Alles seine Leute?«
»Alle.«
Jetzt war ich vollkommen durcheinander. »Das bedeutet also, daß Aleko für die Regierung arbeitet? Das verstehe ich nicht.«
Er schüttelte den Kopf. »Die augenblickliche Regierung ist schon schlimm genug, aber es gibt noch andere Elemente in diesem Land. Mächtige Männer, die noch weiter gehen möchten. Männer, die ohne zu zögern jede Opposition im Keim ersticken wollen.«
»Und für diese Gruppe tritt Aleko ein?« fragte ich. »Wollen Sie das damit sagen? Damit ist Melos noch nicht erklärt.«
»Es gibt heutzutage viele Leute, die mit Aleko und seinen Freunden sympathisieren. Diese Leute müssen unbedingt die Namensliste ihrer Gegner in die Hand bekommen, dann steht ihnen nichts mehr im Wege. Die Lage ist schon schlimm genug, aber wenn Aleko und Konsorten ans Ruder kommen, wird sie noch schlimmer.«
»Sagen Sie mir eines ganz ehrlich: Sind Sie ein Kommunist?«
Er lächelte traurig. »Wenn es nur so einfach wäre, Jack.« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin gar nichts. Nein, das stimmt nicht ganz: Ich bin ein guter Grieche, falls das etwas besagt. Nach meiner Ansicht hat das Volk ein Recht darauf, in Frieden zu leben und über sich selbst zu bestimmen, aber vielleicht ist das heutzutage zuviel verlangt.«
»Warum haben Sie mich nicht gewarnt?«
»Weil ich nicht sicher war, wo Sie stehen. Und außerdem bin ich in dieser Sache nicht mein eigener Herr. Wir wollten ja, daß Sie Pavlo aus Sinos herausholen, wenn wir ihn nur bekommen konnten.«
»Sie wollten allzu schlau sein, Yanni«, sagte ich. »Sie und Ihre Auftraggeber. Jetzt habt ihr gar nichts.«
Pavlo stöhnte. Ich untersuchte ihn rasch. Er war immer noch bewußtlos und schweißnaß.
»Wird er am Leben bleiben?« fragte Yanni.
»Da muß er schon viel Glück haben. Seine Lunge macht mir Sorge. Das Schwitzen kann auf eine beginnende Lungenentzündung hinweisen.«
»Hat er Ihnen denn irgend etwas gesagt?«
Die Frage überrumpelte mich ein wenig. Wahrscheinlich las er die Antwort von meinem Gesicht ab.
»Gott sei Ihnen gnädig, Jack, wenn die anderen auch nur ahnen, daß Sie etwas wissen. Ihre Methoden sind alles andere als angenehm.«
»Und wie kommen Sie darauf, daß ich es nicht sagen würde?« fragte ich. »Sie kennen mich doch, Yanni. Ich hatte früher ein Bergungsunternehmen in Ägypten, das über Zweihunderttausend Pfund wert war, und ich habe mich nie für Politik interessiert.«
Er starrte mich erschrocken und ungläubig an. »Ich glaube Ihnen nicht, Jack, das würden Sie nie tun. Dafür kenne ich Sie zu gut.«
»Noch vor einer Weile haben Sie gesagt, daß Sie mich im dunkeln gelassen haben, weil Sie meiner nicht sicher waren. Sie müssen sich schon entscheiden.«
Ich war plötzlich wütend, die ganze Sache hing mir zum Hals heraus, und ich wollte von diesen albernen, tödlichen Spielen nichts mehr wissen. Was hatte ich schon damit zu tun.
»Versuchen Sie ruhig, Griechenland zu retten, wenn Sie wollen«, sagte ich. »Ich hab' Wichtigeres zu tun.« Dann ging ich an Deck hinauf.
Melos saß immer noch im Bug und Ciasims Söhne lagen vor ihm auf dem Bauch. Er rauchte eine holländische Zigarre und wirkte sehr gelassen.
»Was ist mit Kytros?« fragte er.
»Er wird's überleben.«
Im Ruderhaus sah man im Licht des Kompasses nur Ciasims Kopf. Er trug immer noch den Naßtauchanzug und fror vermutlich.
»Ich übernehme das Ruder«, rief ich ihm zu. »Zieh dich um.«
Melos unterbrach mich scharf: »Er bleibt da, wo er ist. Diese Türken sind zäh wie Tiere.«
Er spuckte über die Reling. Ciasim zuckte mit keinem Muskel. Ich ging nach unten und holte die Schnapsflasche. Kytros saß neben Pavlo und wischte ihm den Schweiß von der Stirn.
»Ärger?« fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Nur das übliche, Griechen und Türken. Kümmern Sie sich um ihn, ich bin gleich wieder hier.«
Ich füllte einen Becher halb mit Brandy. Melos sagte in scharfem Ton: »Lassen Sie ihn, das nehme ich.«
Ich gab Ciasim trotzdem den Becher. »Na los«, sagte ich, »erschießen Sie uns ruhig, für einen Schluck Schnaps.«
Er stierte mich an, aber dann ging ihm aus irgendeinem Grund die Komik der Situation auf. Er lachte. »Sie haben recht, Savage, wir brauchen Sie noch. Deshalb werden Sie noch eine Weile
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