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Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Titel: Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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wenigen Tagen, die er bleiben konnte, an denen sie ihren großen Bruder wiederhatte. Dann nahm er sie auf den Arm, schwenkte sie durch die Luft, und sie setzte sich seine Offiziersmütze auf, die nach Leder roch, nach Rauch und nach etwas Dunklem, das sie nicht kannte.
    Im letzten Kriegssommer war er sogar über das Dorf geflogen, den Strand entlang bis zur Stadt und wieder zurück, und auf Höhe der Verladestation hatte er das Flugzeug in einem waghalsigen Manöver auf den Kopf gestellt und wieder aufgerichtet, eine volle Umdrehung, und sie hatte genauso geschrieen wie die anderen, die zusammengelaufen waren, die Frauen aus dem Dorf, die Kinder und die wenigen Arbeiter, die die verbliebenen Marmorblöcke auf die Barkassen hievten. Sie wusste, dass er für sie flog, dass er ihr zuwinkte, dass er sein Versprechen einlöste, das er bei seinem letzten Besuch mit einem feierlichen Handschlag bekräftigt hatte, und sie winkte zurück, während sie den Kopf in den Nacken legte, bis er schmerzte, und den Strand entlang rannte, als könne sie so den Augenblick hinauszögern, an dem er in der flirrenden Sommerhelle verschwinden würde.
    Seit diesem Tag legte Laura häufig den Kopf in den Nacken, wenn sie am Strand war. Dann suchte sie den Himmel ab, als könnte sie wie damals jenen dunklen Punkt entdecken, den schnell größer werdenden Vogel, als hörte sie das lauter werdende Kreischen, mit dem er sich näherte. Seit jenem Tag im Herbst des ersten Nachkriegsjahres stand das Bild auf ihrer Kommode. Sie würde es mit sich nehmen, wo immer sie wohnte. Noch viele Jahre später sollte es den Mittelpunkt einer kleinen Bildersammlung bilden, eines ordentlichen Friedhofs hölzerner und silberner Rahmen, in denen andere Fotografien verblichen, die Bilder von Männern und Frauen, von Jungen und Alten, die Bilder all jener, die ihr nahe gewesen waren.
    Sie liebte Vieri mehr als Vittoria oder Stefano, die beiden älteren Geschwister, und sie liebte ihn mehr als ihre kleine Schwester Tea. Sie liebte ihn mehr, weil er an einem Spätsommermorgen in seinem neuen Flugzeug aufs Meer hinausgeflogen war, um nicht zurückzukehren, hinaus auf ein fernes Meer im Süden, ein Meer, das nicht das ihre war und doch die gleichen Wellen kannte, den gleichen Wind.
    Wie oft hatte er sie mitgenommen in seinem Boot? Dann waren sie hinausgerudert, und die Baracken am Strand, die Häuser des Dorfes waren zusammengerückt, waren geschrumpft, bis nur noch die Berge zu sehen waren, ein gewaltiges Halbrund, hoch und unbezwingbar wie eine Mauer. Schon als Kind, als kleines Mädchen, war sie mit ihm gefahren. Sie hatte auf der hinteren Bank gesessen und die Ruder beobachtet, die schwerelos ins Wasser glitten, kleine Strudel erzeugten, um tropfend zurückzuschwingen zum Anfang, seine Muskeln, die sich unter der sonnengebräunten Haut spannten, wenn er sich nach hinten lehnte, wenn er die Ruder mit einer gleichmäßigen Bewegung heranzog, diese seltsamen blauen Augen, die ins Leere blickten, auf etwas, was nur er sehen konnte, und die sie manchmal streiften. Dann lächelte er, und wenn sie ängstlich oder verfroren schien, fragte er, ob sie zurückkehren sollten, und jedes Mal schüttelte sie heftig den Kopf.
    Eines Tages war ein hoher Offizier in einem Motorwagen vorgefahren und hatte der Mutter eine Urkunde überreicht. Eine Urkunde und eine Münze. Die Münze hing an einem grünweißroten Band. Es war die silberne Tapferkeitsmedaille, die gleiche, die man viele Jahre später auch Vittoria, der Schwester, verleihen sollte.
    Laura wusste nicht, ob Vieri ein Kriegsheld gewesen war. Die Medaille hatte er erst danach bekommen, einige Monate nach seinem letzten Flug. Am Anfang, als er noch häufiger Urlaub von der Front hatte, als er noch regelmäßig nach Hause kam, fragte sie ihn, wozu ein Flugzeug im Krieg wohl nützlich sei. Und er hatte etwas von Aufklären und Ausspähen erzählt, von Beobachtungen, die für die Kameraden am Boden lebenswichtig seien. Nur vor den anderen Flugzeugen müssten sie sich in Acht nehmen, vor den österreichischen. Mit ihnen würden sie Verstecken spielen. Dann flogen sie in enge Täler hinab und die Bergrücken entlang, und wer trotzdem entdeckt wurde, der versuchte den anderen zu verfolgen, so dicht wie möglich, darauf kam es an. So war das Fliegen im Krieg. Und Laura stellte ihn sich gerne mit der dick gefütterten Fliegerjacke, der Lederkappe und der Brille vor, wie er über die feindlichen Stellungen flog und Flugblätter abwarf,

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