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Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Titel: Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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anzukämpfen versucht! Schon seine erste Frau habe ihn deshalb verlassen, und auch die psychoanalytische Behandlung, in die er sich vor vier Jahren begeben habe, habe keinen Erfolg gehabt, bisher, wie er hinzufügen müsse, denn die Hoffnung habe er noch nicht aufgegeben. Dann hatte er ihm die Symptome seiner Krankheit geschildert, den unwiderstehlichen Drang, der aus den Eingeweiden zu kommen schien und seinen Verstand benebelte, sein Bemühen um die Frau, das bis zur Selbstverleugnung und Selbsterniedrigung ging und die Scham, die ihn danach überschwemmte. Er stelle sich das vielleicht ganz lustig vor - sein Blick hatte sich im verrauchten Halbdunkel des Raumes verloren, und Maximilian war es so vorgekommen, als sprängen seine Augen von Lidia zu Germaine und wieder zurück, gehetzt wie die Augen eines in die Enge getriebenen Tieres - doch er kenne kein Hochgefühl nach einer erfolgreichen Verführung, gewiss, die kurze Entspannung nach der, er möge die deutlichen Worte verzeihen, der Climax, doch auch diese lächerliche Sekunde der Ruhe sei nicht ungetrübt, denn schon begänne er, sich Vorwürfe zu machen, und er spüre, wie Verachtung für sich und sein Tun ihr Haupt aus den ausgewühlten Laken erhebe. Und das sei nur sinnbildlich gemeint, denn oft genug passiere es in einem Hauseingang oder in einer engen Kammer und nicht im Bett.
    Josef lag ein wenig abseits im Schatten des größeren Segels. Der schwarze Badeanzug ließ seinen mageren Körper noch blasser erscheinen, und Maximilian fragte sich, worin der Erfolg seiner Verführungskünste begründet war, denn daran, dass ihm die Frauen gleich reihenweise verfielen, bestand kein Zweifel.
    Durch die schwülstigen Beschreibungen Josefs nur ungenügend vorbereitet, war Maximilian am Morgen nach seiner Ankunft auf Laura getroffen. Sie kam ihm in einer weißen Schürze entgegen, ein großes Tablett in der Schwebe, der Gang von der Treppe zum Aufenthaltsraum war nicht breit genug, um aneinander vorbeizukommen. So ging sie die wenigen Schritte zurück und stellte das unförmige Ding auf den Tisch, um ihn zu begrüßen. Sie war groß und hatte den kräftigen Händedruck von jemandem, der es gewohnt ist, anzupacken. Ihr halblanges, dunkelbraunes Haar war mit einer Spange befestigt. Sie sah ihm offen in die Augen, lächelnd, und vielleicht war es dieses vollständige Fehlen von Befangenheit, das sie älter erscheinen ließ, erwachsener. Sie trug eine hochgeschlossene Bluse und einen knielange Rock, und Maximilian wunderte sich über die Phantasien, die ihr Anblick beim anderen Deutschen beflügelte. Es gab nichts Kokettes an ihrem Verhalten, nicht die geringste Anzüglichkeit, aber das brauchte der andere offenbar nicht, um sich aufgefordert zu fühlen. Maximilian dagegen fühlte sich freundlich, ja, herzlich aufgenommen, nichts hätte ihn vermuten lassen können, sie meine den Mann und nicht den Gast.
    Erst im Laufe der darauf folgenden Tage hatte sich etwas verändert. Unmerklich hatte sich eine Vertrautheit zwischen ihnen eingestellt, eine Selbstverständlichkeit im Umgang, die er zwischen sich und einer Frau bisher noch nicht verspürt hatte. Bei einer fast fremden jedenfalls nicht, denn Anne und er kannten sich schon seit der Kindheit, und, so unbekümmert sie damals miteinander gespielt hatten, so nahe waren sie sich später geblieben, von einer kurzen Zeit während der Pubertät abgesehen. Laura gegenüber fühlte er anders. Sie blieb fern und fremd, und doch meinte er eine Verbindung zwischen sich und ihr zu spüren, ein seltsames Einverständnis, das weder Worte brauchte noch Gesten oder Blicke. Trotzdem, wenn sie ihn und die anderen Gäste beim Essen bediente, wenn sie einander auf der Treppe oder im Gang begegneten, die seltenen Male, die sie ihm auf der Straße entgegenkam, nichts an ihrem Verhalten war anders als am Morgen ihres ersten Zusammentreffens. Dann grüßten sie sich, wechselten belanglose Sätze oder lächelten sich einfach an, aber es gab keinen Blick, mit dem sie ihn eine Winzigkeit zu lange bedacht hätte, kein Umschauen, kein Suchen aus den Augenwinkeln, kein Zurückstreichen des Haars, und auch ihr Körper, ihre Bewegungen verrieten nicht, dass sie ihn suchte. Das gleiche galt für ihn, das glaubte er, und er fragte sich, ob diese unsichtbare Verbindung, so allgegenwärtig sie schien, nicht seiner Einbildung entsprang.
    Arkadij und Boris kamen lachend aus dem Wasser. So wie sie sich zuvor gegenseitig bespritzt und untergetaucht hatten, so

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