Die Nacht zum Dreizehnten
auszusehen. Noch ist Ihr Gesicht ziemlich aufgedunsen, und es wird auch immerhin ein paar Tage dauern, bis sich die Luft vollkommen resorbiert hat.«
Es klopfte an die Tür; Oberarzt Wagner trat ein. Ärgerlich ging er auf Schwester Ariane zu. »Ich suche Sie schon überall! Wo stecken Sie nur?« Seine Stimme klang alles andere als freundlich.
»Ich habe Herrn Streiber Gesellschaft geleistet.«
»Herr Streiber ist kein Privatpatient!« Dr. Wagner drückte seine herabgerutschte Brille auf den Nasenrücken zurück. »Und er hat auch keinen Anspruch auf eine Privatschwester. Dafür warten aber viele andere Patienten auf Sie! Es ist Zeit, daß Sie den Kaffee verteilen. Schwester Angelika hat alle Hände voll zu tun. Sie schafft es nicht allein.«
Er wandte sich an den Patienten: »Und Sie packen bitte allmählich Ihre Sachen. Sie werden morgen in die Allgemeine Station verlegt. Wir brauchen dieses Einzelzimmer für Schwerkranke. Das sind Sie ja nun nicht mehr.«
»In die Allgemeine Station?« Bursoni sah den Oberarzt erschrocken an. »Bedeutet das, daß ich mit anderen Patienten in einem Zimmer liegen muß?«
»Natürlich!« Er wandte sich an Schwester Ariane, die an der Tür stand und auf ihn wartete. »Die Verlegung soll morgen im Laufe des Tages vor sich gehen, wenn der andere Patient sein Bett geräumt hat.«
»Mit wieviel Leuten muß ich da in einem Zimmer liegen?«
»Das ist ein Fünfbettenzimmer.«
»Da kann ich nicht schlafen! Ich habe noch nie mit fremden Menschen in einem Zimmer zusammen gelegen.«
»Da kann ich Ihnen auch nicht helfen.«
»Dann verlegen Sie mich bitte auf die Privatstation. Da gibt es doch Einzelzimmer?«
»Sofern Sie sich in die erste Klasse legen lassen, haben wir Einzelzimmer.«
»Gut, dann merken Sie mich für die erste Klasse vor!«
Oberarzt Wagner rutschte vor Schreck die Brille auf die Nasenspitze. Er drückte sie mit dem Mittelfinger der rechten Hand auf den Nasenrücken zurück. »Sie wollen ein Einzelzimmer? Wissen Sie denn auch, was das kostet?«
»Geld spielt keine Rolle. Ich kann nicht mit anderen Menschen in einem Raum schlafen.«
Oberarzt Wagner ging zur Tür. Er öffnete sie und blieb auf der Schwelle stehen. »Schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Das kann niemand bezahlen! Lassen Sie sich in die dritte Klasse verlegen. Die ist für Sie gerade richtig.«
In Dietmar Bursoni stieg der Ärger hoch. »Wissen Sie überhaupt, wer ich bin?« Er vergaß einen Augenblick lang seinen Vorsatz, sich weiter als sein eigener Angestellter auszugeben.
»Ja, der Chauffeur von irgend so einem Schlagersänger. Wissen Sie –«, die randlosen Gläser in Oberarzt Wagners Brille zitterten leise, »mit so etwas können Sie bei mir keinen Blumentopf gewinnen! Ich kenne diese Art von Berühmtheiten nicht. Sie verdienen alle viel Geld und brauchen nicht viel dafür zu tun. Und Sie –«, er deutete auf Schwester Ariane, »melden sich jetzt bitte bei Dr. Bruckner. Er soll Sie zu einem vernünftigen Stationsdienst und nicht zur Privatpflege eines einzelnen Patienten einteilen.«
Dr. Wagner verließ mit hocherhobenem Haupt das Krankenzimmer.
»Ich glaube, er meint es nicht so«, sagte Ariane kleinlaut.
»Ich glaube doch! Einen Augenblick.« Er ging an der erschrockenen Ariane vorbei und lief hinter Oberarzt Wagner her, der im Dienstzimmer verschwinden wollte. »Einen Augenblick, Herr Oberarzt!«
»Was gibt es denn schon wieder?« Ärgerlich drehte sich Wagner um.
»Ich möchte Sie noch einmal ersuchen, mich auf die Privatstation zu verlegen.«
Dr. Theo Wagners Gesicht lief rot an. Er rückte nervös an seiner Brille und funkelte Ariane an, die dem Patienten gefolgt war. »Sie sind verrückt!« entfuhr es ihm schließlich. »Sie als Pferdepfleger wollen auf der Privatstation liegen? Haben Sie denn wirklich keine Ahnung, was das kostet?«
»Ich kann es mir denken. Aber ich bin bereit, es zu bezahlen, damit ich allein liegen kann.«
»Sie wollen allein liegen? So? Sie halten sich wohl für etwas Besseres?« Er nahm seine Brille ab und putzte sie am Zipfel seines weißen Mantels, um etwas Zeit zu gewinnen. »Da müssen Sie zur Verwaltung gehen. Sie wissen doch, daß Sie eine höhere Anzahlung leisten müssen. Außerdem –«, er schaute prüfend durch seine Brillengläser und schüttelte den Kopf, »ist in der Privatstation im Augenblick kein Zimmer frei. Wir sind voll besetzt.« Nun lief er endgültig davon.
Dr. Bruckner kam aus dem Dienstzimmer. »Was ist denn hier los? Haben Sie
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