Die Nachtwächter
etwas Illegalem, und
Mumm wol te nichts erklären müssen.
Die Zel en waren alt, viel älter als das Gebäude über ihnen. Die
eisernen Käfige waren recht neu und beanspruchten nicht den
gesamten Platz. Es gab noch andere Zel en jenseits eines Durchgangs,
die nichts weiter enthielten als Ratten und Plunder, aber – und das war
wichtig – von den Käfigen aus konnte man sie nicht sehen.
Mumm ließ den toten Armbrustschützen dorthin tragen. Dagegen gab
es nichts einzuwenden. Es war mitten in der Nacht, das Wetter schlecht
– welchen Sinn hatte es, zur Leichenhal e zu gehen, wenn es einen
hübschen kalten Kel er gab?
Durchs Guckloch beobachtete er die Reaktion der drei Gefangenen,
als der Tote an ihnen vorbeigetragen wurde. Der erste schien davon
recht beeindruckt zu sein. Die beiden anderen wirkten wie Männer, die
im Bemühen, Geld zu verdienen, viele üble Dinge gesehen hatten.
Wenn sie dafür bezahlt wurden, zu stehlen, zu morden oder ein Polizist
zu sein, war al dies für sie gleichermaßen in Ordnung. Sie hatten
gelernt, nicht zu schnel auf einen Tod zu reagieren, der nicht sie selbst
betraf.
Der erste Mann hingegen wurde nervös.
Mumm nannte ihn insgeheim Frettchen. Von al en dreien trug er die
beste Kleidung, ganz schwarz. Der Dolch war recht teuer gewesen, und
an einem Finger hatte Mumm einen silbernen Totenkopfring bemerkt.
Die Kleider der beiden anderen waren unscheinbar, ihre Waffen
fachmännisch, nichts Besonderes, aber oft benutzt.
Kein echter Assassine trug Schmuck während der Arbeit. Er glänzte
und konnte daher gefährlich werden. Doch Frettchen wol te ein großer
Mann sein. Wahrscheinlich hatte er in den Spiegel gesehen, bevor er
aufgebrochen war, um sich zu vergewissern, dass er cool aussah. Er
gehörte zu den Narren, die Gefal en daran fanden, Frauen in Tavernen
ihren Dolch zu zeigen.
Kurz gesagt: Frettchen hatte große Träume. Frettchen hatte
Phantasie.
Und das war gut.
Die Wächter kehrten zurück und nahmen die von Mumm
vorbereiteten Pakete.
»Wir gehen schnell vor«, sagte Mumm. »Die Burschen sind besorgt
und müde. Niemand ist gekommen, um sie abzuholen, und sie haben
gerade einen sehr toten Kol egen gesehen. Die ersten beiden sol en
keine Zeit zum Nachdenken haben. Verstanden?«
Colon und Keule nickten.
»Mit dem Kleinen warten wir bis zum Schluss. Er soll viel Zeit
haben…«
Frettchen dachte über seine Aussichten nach. Bedauerlicherweise
dauerte das nicht lange.
Er hatte sich bereits mit den beiden anderen gestritten. Eine tolle
Rettungsgruppe waren sie. Trugen nicht einmal die richtige Kleidung.
Aber die Nachtnarren hatten sich nicht wie vorgesehen verhalten. Alle
wussten, dass sie kniffen und zurückwichen. Niemand erwartete von
ihnen, dass sie Widerstand leisteten oder Intelligenz bewiesen. Sie…
Die Haupttür öffnete sich.
»Zeit für Ingwerbier!«, rief jemand.
Ein Wächter lief mit mehreren Flaschen an den Zel en vorbei und
verschwand in dem anderen Raum.
Es war nicht sehr hel im Zel enbereich. Frettchen sah, wie zwei
Wächter die Tür nebenan öffneten und den mit Handschel en
gefesselten Gefangenen in den Gang und um die Ecke zerrten.
Die Stimmen warfen ein dumpfes Echo zurück.
»Haltet ihn fest. Achtet auf die Beine!«
»Gut! Her mit der Flasche! Sie muss ordentlich geschüttelt werden,
sonst klappt’s nicht!«
»Na schön, mein Freund. Möchtest du uns irgendetwas sagen? Wie
wär’s mit deinem Namen? Nein? Nun, die Sache sieht so aus: Derzeit
ist es uns gleich, ob du den Mund aufmachst oder nicht…«
Es knal te, es zischte, und dann… ein Schrei, eine Explosion der
Agonie.
Als der Schrei verklungen war, hörte Frettchen, wie jemand sagte:
»Schnell, der andere, bevor der Hauptmann was merkt.«
Er wich zurück, als die beiden Wächter zur nächsten Zelle eilten, den
zappelnden Gefangenen herauszerrten und mit ihm in der Dunkelheit
verschwanden.
»Na schön. Wir geben dir eine Chance. Willst du reden? Ja? Nein? Zu
spät!«
Wieder der Knal , wieder das Zischen, und ein zweiter Schrei.
Diesmal war er lauter und länger und endete mit einer Art Blubbern.
Frettchen kauerte an der Wand, die Finger im Mund.
Hinter der Ecke, im Licht einer Laterne, stieß Colon Mumm an,
rümpfte die Nase und deutete nach unten.
Eine Ablaufrinne verband alle Zellen miteinander und ermöglichte so
etwas wie primitive Hygiene. Ein dünnes Rinnsal kroch nun hindurch.
Frettchen war nervös.
Hab dich, dachte Mumm.
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