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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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etwas Illegalem, und
    Mumm wol te nichts erklären müssen.
    Die Zel en waren alt, viel älter als das Gebäude über ihnen. Die
    eisernen Käfige waren recht neu und beanspruchten nicht den
    gesamten Platz. Es gab noch andere Zel en jenseits eines Durchgangs,
    die nichts weiter enthielten als Ratten und Plunder, aber – und das war
    wichtig – von den Käfigen aus konnte man sie nicht sehen.
    Mumm ließ den toten Armbrustschützen dorthin tragen. Dagegen gab
    es nichts einzuwenden. Es war mitten in der Nacht, das Wetter schlecht
    – welchen Sinn hatte es, zur Leichenhal e zu gehen, wenn es einen
    hübschen kalten Kel er gab?
    Durchs Guckloch beobachtete er die Reaktion der drei Gefangenen,
    als der Tote an ihnen vorbeigetragen wurde. Der erste schien davon
    recht beeindruckt zu sein. Die beiden anderen wirkten wie Männer, die
    im Bemühen, Geld zu verdienen, viele üble Dinge gesehen hatten.
    Wenn sie dafür bezahlt wurden, zu stehlen, zu morden oder ein Polizist
    zu sein, war al dies für sie gleichermaßen in Ordnung. Sie hatten
    gelernt, nicht zu schnel auf einen Tod zu reagieren, der nicht sie selbst
    betraf.
    Der erste Mann hingegen wurde nervös.
    Mumm nannte ihn insgeheim Frettchen. Von al en dreien trug er die
    beste Kleidung, ganz schwarz. Der Dolch war recht teuer gewesen, und
    an einem Finger hatte Mumm einen silbernen Totenkopfring bemerkt.
    Die Kleider der beiden anderen waren unscheinbar, ihre Waffen
    fachmännisch, nichts Besonderes, aber oft benutzt.
    Kein echter Assassine trug Schmuck während der Arbeit. Er glänzte
    und konnte daher gefährlich werden. Doch Frettchen wol te ein großer
    Mann sein. Wahrscheinlich hatte er in den Spiegel gesehen, bevor er
    aufgebrochen war, um sich zu vergewissern, dass er cool aussah. Er
    gehörte zu den Narren, die Gefal en daran fanden, Frauen in Tavernen
    ihren Dolch zu zeigen.
    Kurz gesagt: Frettchen hatte große Träume. Frettchen hatte
    Phantasie.
    Und das war gut.
    Die Wächter kehrten zurück und nahmen die von Mumm
    vorbereiteten Pakete.
    »Wir gehen schnell vor«, sagte Mumm. »Die Burschen sind besorgt
    und müde. Niemand ist gekommen, um sie abzuholen, und sie haben
    gerade einen sehr toten Kol egen gesehen. Die ersten beiden sol en
    keine Zeit zum Nachdenken haben. Verstanden?«
    Colon und Keule nickten.
    »Mit dem Kleinen warten wir bis zum Schluss. Er soll viel Zeit
    haben…«

    Frettchen dachte über seine Aussichten nach. Bedauerlicherweise
    dauerte das nicht lange.
    Er hatte sich bereits mit den beiden anderen gestritten. Eine tolle
    Rettungsgruppe waren sie. Trugen nicht einmal die richtige Kleidung.
    Aber die Nachtnarren hatten sich nicht wie vorgesehen verhalten. Alle
    wussten, dass sie kniffen und zurückwichen. Niemand erwartete von
    ihnen, dass sie Widerstand leisteten oder Intelligenz bewiesen. Sie…
    Die Haupttür öffnete sich.
    »Zeit für Ingwerbier!«, rief jemand.
    Ein Wächter lief mit mehreren Flaschen an den Zel en vorbei und
    verschwand in dem anderen Raum.
    Es war nicht sehr hel im Zel enbereich. Frettchen sah, wie zwei
    Wächter die Tür nebenan öffneten und den mit Handschel en
    gefesselten Gefangenen in den Gang und um die Ecke zerrten.
    Die Stimmen warfen ein dumpfes Echo zurück.
    »Haltet ihn fest. Achtet auf die Beine!«
    »Gut! Her mit der Flasche! Sie muss ordentlich geschüttelt werden,
    sonst klappt’s nicht!«
    »Na schön, mein Freund. Möchtest du uns irgendetwas sagen? Wie
    wär’s mit deinem Namen? Nein? Nun, die Sache sieht so aus: Derzeit
    ist es uns gleich, ob du den Mund aufmachst oder nicht…«
    Es knal te, es zischte, und dann… ein Schrei, eine Explosion der
    Agonie.
    Als der Schrei verklungen war, hörte Frettchen, wie jemand sagte:
    »Schnell, der andere, bevor der Hauptmann was merkt.«
    Er wich zurück, als die beiden Wächter zur nächsten Zelle eilten, den
    zappelnden Gefangenen herauszerrten und mit ihm in der Dunkelheit
    verschwanden.
    »Na schön. Wir geben dir eine Chance. Willst du reden? Ja? Nein? Zu
    spät!«
    Wieder der Knal , wieder das Zischen, und ein zweiter Schrei.
    Diesmal war er lauter und länger und endete mit einer Art Blubbern.
    Frettchen kauerte an der Wand, die Finger im Mund.
    Hinter der Ecke, im Licht einer Laterne, stieß Colon Mumm an,
    rümpfte die Nase und deutete nach unten.
    Eine Ablaufrinne verband alle Zellen miteinander und ermöglichte so
    etwas wie primitive Hygiene. Ein dünnes Rinnsal kroch nun hindurch.
    Frettchen war nervös.
    Hab dich, dachte Mumm.

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