Die Nachtwächter
jemanden bezahlen, um dich zu töten.«
»In dem Fal sol test du mir besser nichts erzählen. Aber ich glaube,
Hunde-Freund ist ein unangenehmer Spitzname.«
»Wenn man Vetinari heißt, Madame, kann man mit ›Hunde-Freund‹
einigermaßen zufrieden sein. Setzt du mich bitte ein Stück vom
Gildenhaus entfernt ab? Ich möchte übers Dach gehen. Bevor ich du
weißt schon wohin gehe, muss ich mich noch um einen Tiger
kümmern.«
»Um einen Tiger. Wie aufregend.« Einmal mehr streichelte die Frau
ihre Katze. »Hast du einen Weg hinein gefunden?«
Vetinari zuckte mit den Schultern. »Den Weg kenne ich seit Jahren,
Madame. Aber jetzt hat ein halbes Regiment den Palast umstel t. Vier
oder fünf Wachen an jeder Tür, unregelmäßige Streifen und
Stichproben. Da komme ich nicht durch. Aber wenn ich erst einmal im
Palast drin wäre… Die Männer dort sind kein Problem.«
Die Katze kratzte sich am Kragen.
»Ist er vielleicht gegen Diamanten allergisch?«, fragte Madame.
Sie hob die Katze hoch. »Bist du gegen Diamanten al ergisch,
Schnutziputzi?«
Havelock seufzte, aber nur innerlich, denn er respektierte seine Tante.
Er wünschte sich nur, sie wäre in Bezug auf Katzen etwas vernünftiger
gewesen. Wenn man während eines Gesprächs über Ränke und
ähnliche Machenschaften unbedingt eine Katze streicheln wol te,
musste es eine weiße mit langem Fell sein und kein an Blähungen
leidender Kater von der Straße.
»Was ist mit dem Oberfeldwebel?«, fragte Havelock und schob sich so
höflich wie möglich zur Seite.
Die violette Frau setzte ihre Katze vorsichtig auf die Sitzbank. Ein
übler Geruch breitete sich in der Kutsche aus.
»Ich glaube, ich sol te John Keel so bald wie möglich begegnen«, sagte
sie. »Vielleicht können wir ihn überzeugen, mit uns
zusammenzuarbeiten. Die Party steigt morgen Abend. Äh… würdest
du bitte das Fenster öffnen?«
Ein wenig später in jener Nacht, nach einem kleinen Umtrunk im
Gemeinschaftsraum der Aufsichtsschüler, torkelte Witwenmacher zu
seinem Zimmer und bemerkte, dass eine Fackel erloschen war. Mit
einer Schnelligkeit, die alle überrascht hätte, die nur sein gerötetes
Gesicht und den unsicheren Gang bemerkten, holte er einen Dolch
hervor und spähte durch den Flur. Überal sah er graue Schatten, sonst
nichts. Manchmal gingen Fackeln von ganz al ein aus.
Er trat vor.
Als er am nächsten Morgen in seinem Bett erwachte, führte er die
Kopfschmerzen auf den schlechten Brandy zurück. Und irgendein
Blödmann hatte ihm orange und schwarze Streifen ins Gesicht gemalt.
Es begann wieder zu regnen. Mumm mochte den Regen. Es wurden
weniger Verbrechen verübt, wenn es regnete. Die Leute blieben zu
Hause. In einigen der besten Nächte seines beruflichen Lebens hatte es
aus Eimern geschüttet. Dann hatte er an einer windgeschützten Stel e
im Schatten gestanden und dem silbrigen Prasseln des Regens
gelauscht, den Kopf eingezogen, sodass zwischen Helm und Kragen
kaum etwas zu sehen war.
Einmal hatte er ganz still dagestanden, so sehr in Gedanken
versunken und nicht da, dass ein fliehender Räuber, der seinen
Verfolgern entkommen war, sich an ihn lehnte, um auszuruhen. Als
Mumm die Arme um den Mann legte und ihm »Hab dich!« ins Ohr
flüsterte, erschrak der arme Kerl so sehr, dass er das in die Hose
machte, was er, wie ihn seine Mutter vor rund vierzig Jahren mit viel
Geduld gelehrt hatte, nicht in die Hose machen sollte.
Die Leute waren nach Hause gegangen. Fred Colon hatte den
zusammengenähten Gappy zum Alten Flickschusterweg begleitet und
den Eltern des jungen Mannes al es erklärt, mit strahlender Ehrlichkeit
im runden, roten Gesicht. Rasen nahm vermutlich die Gelegenheit
wahr, sein Bett zu benutzen.
Und der Regen gurgelte in den Abflussrohren und spritzte aus
Wasserspeiern und rauschte im Rinnstein und übertönte alle anderen
Geräusche.
Nützlicher Regen.
Mumm nahm eine Flasche von Frau Ritters bestem Ingwerbier. Er
erinnerte sich daran. Es enthielt unglaublich viel Kohlensäure und
erfreute sich deshalb großer Beliebtheit. Nach nur einem Schluck davon
konnte ein Junge mit dem richtigen Ansporn und nach guter
Vorbereitung die ganze erste Strophe der Nationalhymne rülpsen.
Solche Kunst gilt als sehr erstrebenswert, wenn man acht ist.
Mumm hatte Colon und Keule für diese Aufgabe ausgewählt. Den
jungen Sam wollte er nicht daran beteiligen. Das, was er plante, war
keineswegs illegal, aber es hatte den Anschein von
Weitere Kostenlose Bücher