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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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er
    Patrizier ist, sieht er einfach durch dich hindurch.«
    Er wird durch viele Dinge hindurchsehen, dachte er.
    Verrückter Lord Schnappüber. Ein anderer Winder, mit hübscheren
    Wämsern und mehr Kinnen. Die gleiche Vetternwirtschaft, die gleichen
    Schweinereien, die gleiche dumme Arroganz, ein weiterer Blutsauger in
    einer langen Reihe von Blutsaugern. Im Vergleich dazu erscheint
    Vetinari wie ein Hauch frischer Luft.
    Ha… Vetinari. Ja, er muss hier irgendwo sein und lernt vermutlich
    diesen Gesichtsausdruck, der nie, unter gar keinen Umständen, verrät,
    was ihm durch den Kopf geht… Er wird derjenige sein, der dir die
    Gilde gibt, die du dir so sehr wünschst.
    »Von Schnappüber hast du nichts zu erwarten«, sagte er laut. »Denk
    daran: Es gab Leute, die Winder für die Zukunft hielten.«
    Der Ausdruck in Rosie Palms Gesicht bereitete ihm eine gewisse
    Genugtuung. Nach einigen Sekunden sagte sie: »Gib ihm was zu
    trinken, Sandra. Schieß ihm ein Auge aus, wenn er sich rührt. Ich gebe
    Madame Bescheid.«
    »Soll ich etwa glauben, sie wäre bereit, mit dem Ding auf mich zu
    schießen?«, fragte Mumm.
    »Sandra hat eine sehr kampflustige Ader«, sagte Rosie. »Gestern war
    ein Herr… unhöflich zu ihr, und sie kam hereingelaufen und… Du
    würdest staunen, was sie mit ihrem Pilz anstellte.«
    Mumm beobachtete die Armbrust. Die junge Frau hatte eine sehr
    ruhige Hand. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz…«, erwiderte er.
    »Das ist ein Ding aus Holz zum Sockenstopfen«, erklärte Sandra. »Ich
    hab’s ihm hinter dem Ohr gegen den Kopf geschlagen.«
    Mumm musterte sie verdutzt und sagte dann: »Na schön. Ich bleibe
    hier ganz ruhig sitzen.«
    »Gut«, sagte Rosie.
    Sie rauschte davon, und es war ein echtes Rauschen: Ihr Kleid strich
    über den Boden. An einer großen, teuren Doppeltür hielt sie kurz inne
    und öffnete dann die beiden Türflügel – die Geräusche eines Empfangs
    fluteten herein. Gespräche, der Geruch von Zigarrenrauch und
    Alkohol. Eine Stimme sagte: »… um die vorherrschende Epistemologie
    zu ändern…« Dann schloss sich die Tür.
    Mumm blieb sitzen. Er gewöhnte sich al mählich an den Sessel,
    außerdem wol te er es vermeiden, erneut geschlagen zu werden.
    Sandra hielt die Armbrust auf ihn gerichtet, als sie ein sehr großes
    Glas Whisky neben ihm abstellte.
    »Irgendwann wird man sich fragen, wie al die Waffen in die Stadt
    geschmuggelt werden konnten«, sagte Mumm.
    »Ich bin sicher, dass ich nicht weiß, wovon du redest.«
    »Tja, die Jungs von der Wache kümmern sich nie um die Näherinnen,
    ob Ausgangssperre oder nicht«, fuhr Mumm fort und starrte auf den
    Whisky. »Oder um feine Kutschen«, fügte er hinzu. »Ein Wächter kann
    in Schwierigkeiten geraten, wenn er sich um solche Dinge kümmert.«
    Er nahm den Duft wahr. Es war ein erstklassiger Whisky aus den
    Bergen, nicht der Ankh-Morpork-Fusel.
    »Du hast niemandem von dem Korb erzählt«, sagte Sandra. »Du hast
    uns auch nicht den Unaussprechlichen übergeben. Bist du einer von
    uns?«
    »Das bezweifle ich.«
    »Aber du weißt nicht, wer wir sind!«
    »Ich bezweifle es trotzdem.«
    Und dann öffnete und schloss sich die große Doppeltür erneut.
    Wieder raschelte ein langes Kleid.
    »Oberfeldwebel Keel? Ich habe viel von dir gehört! Bitte lass uns
    allein, Sandra. Der Oberfeldwebel weiß bestimmt, wie man sich in der
    Gesel schaft einer Dame benimmt.«
    Madame war nur wenig kleiner als Mumm. Sie könnte aus Gennua
    stammen, dachte er. Oder sie hat dort viel Zeit verbracht. Ein Hauch
    davon liegt in ihrem Akzent. Braune Augen, braunes Haar… Aber das
    Haar einer Frau kann jede beliebige Farbe haben. Und ein violettes
    Kleid, das noch teurer aussieht als die meisten. Und ein Gesicht, das
    betont, dass sein Eigentümer weiß, was geschehen wird, dass er nur
    deshalb an den Ereignissen teilnimmt, um sicherzustellen…
    »Vergiss nicht die sorgfältig lackierten Fingernägel«, sagte die Frau.
    »Aber erwarte keine Hilfe von mir, wenn du wissen möchtest, wie viel
    ich wiege. Du darfst mich Madame nennen.«
    Sie nahm Mumm gegenüber Platz, hob die Hände aneinander und
    musterte ihn. »Für wen arbeitest du?«, fragte sie.
    »Ich bin Polizist«, sagte Mumm. »Und man hat mich hierher
    verschleppt… Madame.«
    Die Frau winkte. »Du kannst gehen, wann immer du willst.«
    »Der Sessel ist sehr bequem«, sagte Mumm. Er wollte sich nicht
    einfach fortschicken lassen. »Kommst du wirklich aus Gennua?«
    »Kommst du

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