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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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meine, wenn ich ganz ruhig sitze, fällt mir sicher noch
    mehr ein!«
    Mumm musterte ihn kurz und stellte die Flasche dann in die Kiste
    zurück. »Na schön«, sagte er. »Ein Dollar pro Tag, Mahlzeiten extra.«
    »Jawohl, Herr!«
    Mumm beobachtete, wie Frettchen in seine Zelle hastete und die Tür
    hinter sich schloss. Dann wandte er sich an Fred und Keule.
    »Geht und weckt Marlene«, sagte er. »Kümmern wir uns um die
    anderen drei.«

    Der Regen fiel gleichmäßig, und Dunst fül te die Ankertaugasse. Der
    Wagen kam aus dem Nichts. Fred hatte Marlene zu einem kurzen
    Galopp angetrieben, und als das Pferd um die Ecke bog, war es
    bemüht, vor dem schweren, rumpelnden Wagen zu bleiben.
    Als der Gefangenenwagen an der Wache vorbeirol te, wurde die
    hintere Klappe geöffnet, und zwei Gefesselte fielen auf das nasse
    Kopfsteinpflaster.
    Die Wachen traten auf die Straße. Ein oder zwei von ihnen schossen
    auf den sich schnel entfernenden Wagen, aber ihre Pfeile prallten an
    den Metal streifen ab, ohne Schaden anzurichten.
    Die anderen Männer näherten sich den Gefesselten vorsichtig. Sie
    hörten leises Stöhnen und den einen oder anderen Fluch. An einem
    Mann waren Papiere befestigt.
    Die Unaussprechlichen lasen und lachten nicht.

    Mumm spannte die alte Stute aus, rieb sie ab und vergewisserte sich,
    dass sie genug zu fressen hatte. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber die Futterkästen schienen vol er zu sein als vor zwei Tagen.
    Möglicherweise waren hier schlechte Gewissen am Werk.
    Dann trat er in die kühle Nachtluft hinaus. Am Wachhaus brannten
    die Laternen – es wirkte wie ein Fanal, nachdem das Licht der
    Straßenlaternen gelöscht worden war. Hinter den Mauern des Hofes
    hatte sich die Dunkelheit der Nacht verdichtet. Es war die gute alte
    Nacht, mit Ranken aus Nebel und kriechenden Schatten. Mumm
    entspannte sich und trug sie wie einen Mantel.
    Ein Schatten neben dem Tor war dunkler, als es sein sol te.
    Er tastete erneut nach dem Zigarrenetui, fluchte lautlos und zog eine
    Zigarre aus dem Hemdsärmel. Er wölbte die Hände, als er sie
    anzündete, hielt die Augen aber geschlossen, um weiter im Dunkeln
    sehen zu können.
    Dann blickte er auf und blies einen Rauchring. Ja. Die Leute glauben,
    Schwarz fiele in der Nacht nicht auf, aber sie irren sich.
    Er ging los, um das Tor zu schließen, und zog dann mit einer
    fließenden Bewegung sein Schwert.
    Putzie hob den Kopf, und ein blasses ovales Gesicht erschien unter
    der Damenhaube. »Guten Morgen, werter Herr«, sagte sie.
    »Guten Morgen, Putzie«, erwiderte Mumm müde. »Wem oder was
    verdanke ich dieses Vergnügen?«
    »Madame möchte dich sprechen, werter Herr.«
    »Wenn du Rosie meinst, ich hatte ziemlich viel zu tun…« Putzies
    Handtasche traf ihn am Hinterkopf.
    »Madame wartet nicht gern, Schätzchen.« Das waren die letzten
    Worte, die Mumm hörte, bevor sich die Nacht um ihn schloss.

    Die Schmerzlichen Schwestern waren Experten. Vermutlich konnte
    nicht einmal Moosig Rasen jemanden mit solcher Präzision ins Reich
    der Träume befördern.
    Mumm erwachte. Er saß in einem sehr bequemen Lehnsessel, und
    jemand schüttelte ihn.
    Er erkannte Sandra, die Echte Näherin. Sie sah ihn an und sagte: »Er
    scheint in Ordnung zu sein…« Dann wich sie zurück, nahm in einem
    anderen Sessel Platz und richtete eine Armbrust auf ihn.
    »Weißt du…«, sagte Mumm und zögerte. Der Sessel bot wirklich ein
    hohes Maß an Bequemlichkeit und erinnerte ihn an den Komfort, der
    während der letzten Tage aus seinem Leben verschwunden und
    eigentlich gar nicht so schlimm gewesen war. »Wenn jemand mit mir
    sprechen möchte, braucht er nur zu fragen .«
    »Putzie meinte, du würdest nur zehn Minuten bewusstlos bleiben,
    aber dann hast du zu schnarchen begonnen, und deshalb hielten wir es
    für besser, dich ein wenig schlafen zu lassen«, sagte Rosie Palm und trat
    in Mumms Blickfeld. Sie trug ein rotes, schulterfreies Abendkleid, eine
    beeindruckend große Perücke und viel Schmuck.
    »Ja, es kostet viel Geld, so billig auszusehen, Oberfeldwebel«, meinte
    sie, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Ich kann nicht bleiben
    und muss los, um mit den Leuten zu reden. Nun, wenn du…«
    »Schnappüber hat euch Damen versprochen, dass ihr eine Gilde
    bilden dürft, stimmt’s?«, fragte Mumm. Mit diesen Worten schummelte
    er, aber er hatte es satt, an fremden Orten aufzuwachen. »Dachte ich
    mir. Und du glaubst ihm? Doch dazu wird es nicht kommen. Wenn

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