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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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vermutlich eine Abkürzung suchte, um das »Man kommt nicht voran, weil alle anderen vorankommen wollen« auf den Straßen zu umgehen. Auf der Ladefläche des Karrens stapelten sich Kisten bis zu einer Höhe von drei Metern, und die Seiten des Wagens kratzten rechts und links an den Mauern der Gasse entlang. Der Mann auf dem Kutschbock riss die Augen auf, als er die in seine Richtung stürmende Horde sah. Keiner der Männer verfügte über eine Bremse, vom Rückwärtsgang ganz zu schweigen.
    Der weiter hinten laufende Mumm beobachtete, wie die Gruppe über und unter den Karren floss. Er hörte, wie Kisten brachen und Eier platzten. Das Pferd tanzte an der Deichsel; Männer hechteten durch seine Beine oder über seinen Rücken hinweg.
    Als Mumm den Wagen erreichte und auf den Kutschbock kletterte, bohrte sich neben ihm ein Pfeil ins Holz. Mit einem verzweifelten Lächeln wandte er sich an den Kutscher.
    »Spring!«, sagte er und schlug die flache Seite seines Schwerts auf die Flanke des Pferds. Beide Männer fielen nach hinten, als sich das Pferd aufbäumte und der Rest der Ladung von der Ladefläche rutschte.
    Mumm zog den Eierhändler auf die Beine, als nichts mehr herabfiel. Eigelb klebte an ihm.
    »Tut mir Leid. Dies ist eine Angelegenheit der Wache. Frag nach Oberfeldwebel Keel. Ich muss jetzt weiter!«
    Hinter ihnen rumpelte der Karren durch die Gasse, und die Radkränze schlugen Funken an den Wänden. Carcers Leute konnten in Türöffnungen und Seitengassen Zuflucht suchen, aber der Wagen würde sie aufhalten.
    Dickins und die anderen waren stehen geblieben, als sie den Lärm hörten, doch Mumm forderte sie auf weiterzulaufen, bis sie eine Straße erreichten, die von Karren blockiert und voller Menschen war.
    »Du hast deine Männer mit Eiern bekleckert, Oberfeldwebel«, sagte Sam mit einem besorgten Lächeln. »Was ist eigentlich los?«
    »Es sind einige der Unaussprechlichen«, erwiderte Mumm. »Wollen vermutlich eine Rechnung begleichen.« Das kam der Wahrheit nahe genug.
    »Aber ich habe auch Wächter und Soldaten unter ihnen gesehen«, sagte Fred Colon.
    »Oberfeldwebel, ich bin’s, Oberfeldwebel!
Bitte,
Oberfeldwebel!« Nobby bahnte sich mit spitzen Ellenbogen einen Weg.
    »Ist dies der geeignete Zeitpunkt, Nobby?«, fragte Mumm.
    »Es sind Männer hinter dir her, Oberfeldwebel!«
    »Bravo, Nobby!«
    »Carcer, Oberfeldwebel! Schnappüber hat ihn zum Hauptmann der Palastwache befördert, Oberfeldwebel! Und sie haben es auf
dich
abgesehen! Im Auftrag von Schnappüber, Oberfeldwebel! Mein Kumpel Steifkratz ist Unterstiefeljunge im Palast, und er war auf dem Hof und hat die Leute miteinander reden gehört, Oberfeldwebel!«
    Ich hätte es wissen müssen, dachte Mumm. Schnappüber war ein verschlagener Teufel. Und jetzt hat Carcer die Gunst eines anderen Mistkerls gewonnen. Hauptmann der Wache…
    »In letzter Zeit habe ich mir nicht viele Freunde gemacht«, sagte Mumm. »Na schön, Leute. Ich setze mich ab. Wenn ihr euch unter die Leute mischt, habt ihr vermutlich nichts zu befürchten.«
    »Wir bleiben bei dir, Oberfeldwebel«, sagte Sam, und die anderen murmelten zustimmend.
    »Es wurde eine
Amnestie
verkündet«, sagte Dickins. »Dies ist unerhört!«
    »Außerdem haben sie auf alle geschossen«, sagte einer der Soldaten. »Mistkerle! Sie verdienen eine ordentliche Abreibung.«
    »Sie haben Armbrüste«, gab Mumm zu bedenken.
    »Wir locken sie in einen Hinterhalt, Oberfeldwebel«, schlug Dickins vor. »Wir suchen eine geeignete Stelle, und dann… Im Nahkampf ist eine Armbrust nur ein Stück Holz.«
    »Hat irgendjemand von euch begriffen, worum es geht?«, erwiderte Mumm. »Die Burschen haben es auf
mich
abgesehen. Nicht auf euch. Ihr solltet euch nicht mit Carcer anlegen. Schnauzi, in deinem Alter solltest du dich nicht auf so etwas einlassen.«
    Der alte Gefangenenwärter sah aus tränenden Augen zu ihm auf. »Es ist ziemlich, hnah, gemein, mir das zu sagen, Oberfeldwebel.«
    »Woher sollen wir wissen, ob er nicht auch uns erledigen will?«, fragte Dickins. »Eine Amnestie ist eine Amnestie. Er hat kein Recht, auf uns zu schießen!« Ein Chor von Stimmen antwortete mit »Ja, stimmt«.
    Es passiert, dachte Mumm. Sie bringen sich selbst in Schwierigkeiten. Aber was kann ich machen? Wir müssen ihnen gegenübertreten.
Ich
muss ihnen gegenübertreten, beziehungsweise Carcer. Die Vorstellung, ihn hier zu lassen, mit seinem Wissen…
    »Wie wär’s, wenn wir durch die Ankertaugasse laufen?«, schlug Dickins

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