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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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jemanden voller Genuss mitten in einer vollen Arena erstochen, um sich anschließend umzusehen und zu sagen: »Wer, ich?« Doch die Männer hinter ihm waren so nervös wie Kakerlaken, die sich fragten, wann es hell wurde.
    »Keine Sorge, Herzog«, sagte Carcer und schob die Finger in den Schlagring aus Messing. »Ich habe den Jungs von dir und mir erzählt. Von unserer langen, ha, Bekanntschaft und dem ganzen Kram, haha.«
    »Ach?«, erwiderte Mumm. Es war wohl kaum eine preisverdächtige schlagfertige Antwort, aber Carcer wollte offenbar reden. »Und wie bist du zum Feldwebel geworden, Carcer?«
    »Wie ich hörte, suchte man Polizisten mit neuen Ideen«, sagte Carcer. »Und der nette Hauptmann Schwung sprach mit mir und meinte, ich sei zweifellos ein ehrlicher Mann, der Pech gehabt hatte. Er maß mich mit seinem Greifzirkel und dem Lineal und der ganzen Geometrie, und das Ergebnis, so sagte er, sei der
Beweis
dafür, dass ich kein krimineller Typ bin. Er ist davon überzeugt, dass meine Umgebung Schuld hat.«
    »Meinst du die vielen Leichen, die überall dort herumliegen, wo du gewesen bist?«, fragte Mumm.
    »Guter Witz, Herzog, haha.«
    »Und du
hattest
neue Ideen?«
    »Nun, er mochte eine von ihnen«, sagte Carcer und kniff die Augen zusammen. »Wie sich herausstellte, hatte er keine Ahnung vom Ingwerbier-Trick.«
    Der Ingwerbier-Trick. Das setzte der Sache die Krone auf. Jahrhundertelang hatten es Folterer versäumt, den Ingwerbier-Trick zu erfinden, und Carcer hatte ihn einem skrupellosen Wahnsinnigen wie Hauptmann Schwung verraten.
    »Der Ingwerbier-Trick«, sagte Mumm. »Bravo, Carcer. Du bist genau das, wonach Schwung gesucht hat. Ein absoluter Mistkerl.«
    Carcer grinste, als hätte ihm Mumm ein Kompliment gemacht. »Ja, ich habe die Jungs bereits darauf hingewiesen, dass du sauer auf mich bist, weil ich einen Laib Brot gestohlen habe.«
    »Ich bitte dich, Carcer«, sagte Mumm. »Das passt nicht zu dir. Du hast nie in deinem Leben einen Laib Brot gestohlen. Den Bäcker ermorden und die ganze Bäckerei klauen – das ist eher dein Stil.«
    »Ein echter Spaßvogel?« Carcer zwinkerte seinen Männern zu und deutete auf Mumm. Dann holte er plötzlich aus und hieb dem Mann an seiner Seite in die Magengrube.
    »Du hast mich nicht ›Chef‹ zu nennen, sondern ›Feldwebel‹«, zischte er. »Ist das klar?«
    Der Mann auf dem Boden stöhnte.
    »Ich nehme das als ein ›ja‹, haha«, sagte Carcer, streifte den Schlagring ab und ließ ihn in der Tasche verschwinden. »Nun, die Sache ist die, Herzog… Du hast da einen meiner Männer. Wie wär’s, wenn du ihn mir überlässt, und Schwamm drüber?«
    »Was ist los, Oberfeldwebel?«
    Die Stimme ertönte hinter Mumm. Er drehte sich um und erkannte Wiggel und Skutts. Sie sahen aus wie Männer, die einen weiten Weg gelaufen waren und jetzt versuchten, lässig und selbstsicher zu schlendern. Ihr Schlendern wurde weniger lässig und vor allem weniger selbstsicher, als sie die Unaussprechlichen musterten.
    Die verzweifelt läutende Glocke. Dieses Signal hatten sie immer benutzt. Alle Polizisten, die es hörten, eilten herbei, denn es bedeutete: Wächter in Not.
    Natürlich würden ihm die anderen nicht unbedingt helfen, wenn sie den Gegner
für überlegen hielten. Immerhin war dies die alte Nachtwache. Aber wenigstens konnten sie ihn aus dem Fluss holen oder losschneiden und für eine anständige Bestattung sorgen.
    Es klapperte, und der Gefangenenwagen holperte um die Ecke, Fred Colon an den Zügeln und Gefreiter Keule hinter ihm. Mumm hörte die Rufe.
    »Was ist los, Bill?«
    »Es sind Keel und Mummi«, erwiderte Wiggel. »Beeilt euch!« Mumm versuchte, Carcers Blick zu meiden und so zu tun, als wäre überhaupt nichts geschehen, als wäre die Welt nicht plötzlich aufgeplatzt, um den kalten Wind der Unendlichkeit hereinzulassen. Aber Carcer war klug.
    Er sah erst Mumm an und dann Sam.
    »Mummi?«, wiederholte er. »Heißt du zufälligerweise Sam Mumm, Junge?«
    »Ich sage
überhaupt nichts
«, erwiderte Gefreiter Mumm beherzt.
    »So, so«, sagte Carcer fröhlich. »Na,
das
ist ja eine schöne Bescherung. Etwas, das einem zu denken gibt, und
ob,
haha.«
    Es knarrte, als der Gefangenenwagen stehen blieb. Carcer sah zu dem runden, blassen Gesicht von Korporal Colon auf.
    »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, Korporal«, sagte Carcer. »Fahr weiter,
na los

    Colon schluckte. Mumm sah, wie sich sein Adamsapfel so bewegte, als wollte er sich

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