Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Tottsi und Maffer saßen, geknebelt und voller Zorn. Auf einem nahen Tisch stand eine Kiste mit sechs Flaschen Ingwerbier. Die Korken waren mit Draht gesichert.
    Frettchen starrte Mumm an, der den Finger in den Mund steckte, die Wangen aufblähte und den Finger dann herausschnellen ließ – es knallte laut.
    Keule zischte.
    Fred Colon öffnete den Mund, aber Mumm presste ihm schnell die Hand darauf.
    »Nein, bitte nicht«, sagte er. »Komische Sache, Gerald, aber Fred hier schreit manchmal, einfach so.«
    »Ihr habt mich
reingelegt
!«, heulte Frettchen.
    Mumm klopfte ihm auf die Schulter »Reingelegt?«, knurrte er. »Wie meinst du das, Gerald?«
    »Ihr habt mich glauben lassen, dass ihr den Ingwerbier-Trick anwendet.«
    »Den Ingwerbier-Trick?«, fragte Mumm und runzelte die Stirn. »Was ist das?«
    »Das weißt du genau! Du hast das Zeug hierher gebracht!«
    »Wir trinken keinen Alkohol im Dienst, Gerald«, sagte Mumm streng. »Was gibt es an Ingwerbier auszusetzen? Wir kennen keine Tricks damit, Gerald. Welche Tricks kennst du? Hast du in letzter Zeit irgendwelche guten Tricks gesehen, Gerald?«
    Frettchen begriff schließlich, dass er besser den Mund hielt. Diese Erkenntnis kam etwa eine halbe Stunde zu spät. Tottsis und Maffers Mienen brachten zum Ausdruck, dass sie gern ein Wörtchen mit ihm reden würden.
    »Ich bitte um Schutzhaft«, brachte er hervor.
    »Obwohl ich dich gerade
gehen
lassen wollte, Gerald?«, erwiderte Mumm. »Wie du in deiner Aussage betont hast… Wie lauteten die Worte, Fred? Du hast nur deinen Befehlen gehorcht, nicht wahr? Du wolltest dich gar nicht unter die Leute mischen und Steine auf Polizisten und Soldaten werfen, völlig klar. Und es gefiel dir nicht, in der Ankertaugasse zu beobachten, wie Personen zusammengeschlagen wurden und wie man ihnen sagte, was sie gestehen sollten. Nein, zu den Burschen gehörst du nicht, das sehe ich auf den ersten Blick. Du bist ein kleiner Fisch. Ich schlage vor, wir sind quitt. Was meinst du?«
    »Bitte! Ich erzähle dir alles, was ich weiß!«, quiekte Frettchen.
    »Soll das heißen, du hast uns
nicht
alles gesagt, was du weißt?«, donnerte Mumm. Er drehte sich um und griff nach einer Flasche.
    »Ja! Nein! Ich meine, wenn ich ganz ruhig sitze, fällt mir sicher noch mehr ein!«
    Mumm musterte ihn kurz und stellte die Flasche dann in die Kiste zurück. »Na schön«, sagte er. »Ein Dollar pro Tag, Mahlzeiten extra.«
    »Jawohl, Herr!«
    Mumm beobachtete, wie Frettchen in seine Zelle hastete und die Tür hinter sich schloss. Dann wandte er sich an Fred und Keule.
    »Geht und weckt Marlene«, sagte er. »Kümmern wir uns um die anderen drei.«
     
    Der Regen fiel gleichmäßig, und Dunst füllte die Ankertaugasse. Der Wagen kam aus dem Nichts. Fred hatte Marlene zu einem kurzen Galopp angetrieben, und als das Pferd um die Ecke bog, war es bemüht, vor dem schweren, rumpelnden Wagen zu bleiben.
    Als der Gefangenenwagen an der Wache vorbeirollte, wurde die hintere Klappe geöffnet, und zwei Gefesselte fielen auf das nasse Kopfsteinpflaster.
    Die Wachen traten auf die Straße. Ein oder zwei von ihnen schossen auf den sich schnell entfernenden Wagen, aber ihre Pfeile prallten an den Metallstreifen ab, ohne Schaden anzurichten.
    Die anderen Männer näherten sich den Gefesselten vorsichtig. Sie hörten leises Stöhnen und den einen oder anderen Fluch. An einem Mann waren Papiere befestigt.
    Die Unaussprechlichen lasen und lachten nicht.
     
    Mumm spannte die alte Stute aus, rieb sie ab und vergewisserte sich, dass sie genug zu fressen hatte. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber die Futterkästen schienen voller zu sein als vor zwei Tagen. Möglicherweise waren hier schlechte Gewissen am Werk.
    Dann trat er in die kühle Nachtluft hinaus. Am Wachhaus brannten die Laternen – es wirkte wie ein Fanal, nachdem das Licht der Straßenlaternen gelöscht worden war. Hinter den Mauern des Hofes hatte sich die Dunkelheit der Nacht verdichtet. Es war die gute alte Nacht, mit Ranken aus Nebel und kriechenden Schatten. Mumm entspannte sich und trug sie wie einen Mantel.
    Ein Schatten neben dem Tor war dunkler, als es sein sollte.
    Er tastete erneut nach dem Zigarrenetui, fluchte lautlos und zog eine Zigarre aus dem Hemdsärmel. Er wölbte die Hände, als er sie anzündete, hielt die Augen aber geschlossen, um weiter im Dunkeln sehen zu können.
    Dann blickte er auf und blies einen Rauchring.
Ja. Die Leute glauben, Schwarz fiele in der Nacht nicht auf, aber

Weitere Kostenlose Bücher