Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
sie irren sich.
    Er ging los, um das Tor zu schließen, und zog dann mit einer fließenden Bewegung sein Schwert.
    Putzie hob den Kopf, und ein blasses ovales Gesicht erschien unter der Damenhaube. »Guten Morgen, werter Herr«, sagte sie.
    »Guten Morgen, Putzie«, erwiderte Mumm müde. »Wem oder was verdanke ich dieses Vergnügen?«
    »Madame möchte dich sprechen, werter Herr.«
    »Wenn du Rosie meinst, ich hatte ziemlich viel zu tun…« Putzies Handtasche traf ihn am Hinterkopf.
    »Madame wartet nicht gern, Schätzchen.« Das waren die letzten Worte, die Mumm hörte, bevor sich die Nacht um ihn schloss.
     
    Die Schmerzlichen Schwestern waren Experten. Vermutlich konnte nicht einmal Moosig Rasen jemanden mit solcher Präzision ins Reich der Träume befördern.
    Mumm erwachte. Er saß in einem sehr bequemen Lehnsessel, und jemand schüttelte ihn.
    Er erkannte Sandra, die Echte Näherin. Sie sah ihn an und sagte: »Er scheint in Ordnung zu sein…« Dann wich sie zurück, nahm in einem anderen Sessel Platz und richtete eine Armbrust auf ihn.
    »Weißt du…«, sagte Mumm und zögerte. Der Sessel bot wirklich ein hohes Maß an Bequemlichkeit und erinnerte ihn an den Komfort, der während der letzten Tage aus seinem Leben verschwunden und eigentlich gar nicht so schlimm gewesen war. »Wenn jemand mit mir sprechen möchte, braucht er nur
zu fragen

    »Putzie meinte, du würdest nur zehn Minuten bewusstlos bleiben, aber dann hast du zu schnarchen begonnen, und deshalb hielten wir es für besser, dich ein wenig schlafen zu lassen«, sagte Rosie Palm und trat in Mumms Blickfeld. Sie trug ein rotes, schulterfreies Abendkleid, eine beeindruckend große Perücke und viel Schmuck.
    »Ja, es kostet viel Geld, so billig auszusehen, Oberfeldwebel«, meinte sie, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Ich kann nicht bleiben und muss los, um mit den Leuten zu reden. Nun, wenn du…«
    »Schnappüber hat euch Damen versprochen, dass ihr eine Gilde bilden dürft, stimmt’s?«, fragte Mumm. Mit diesen Worten schummelte er, aber er hatte es satt, an fremden Orten aufzuwachen. »Dachte ich mir. Und du glaubst ihm? Doch dazu wird es nicht kommen. Wenn er Patrizier ist, sieht er einfach durch dich hindurch.«
    Er wird durch viele Dinge hindurchsehen, dachte er.
    Verrückter Lord Schnappüber. Ein anderer Winder, mit hübscheren Wämsern und mehr Kinnen. Die gleiche Vetternwirtschaft, die gleichen Schweinereien, die gleiche dumme Arroganz, ein weiterer Blutsauger in einer langen Reihe von Blutsaugern. Im Vergleich dazu erscheint Vetinari wie ein Hauch frischer Luft.
    Ha… Vetinari. Ja, er muss hier irgendwo sein und lernt vermutlich diesen Gesichtsausdruck, der nie, unter gar keinen Umständen, verrät, was ihm durch den Kopf geht… Er wird derjenige sein, der dir die Gilde gibt, die du dir so sehr wünschst.
    »Von Schnappüber hast du nichts zu erwarten«, sagte er laut. »Denk daran: Es gab Leute, die Winder für die Zukunft hielten.«
    Der Ausdruck in Rosie Palms Gesicht bereitete ihm eine gewisse Genugtuung. Nach einigen Sekunden sagte sie: »Gib ihm was zu trinken, Sandra. Schieß ihm ein Auge aus, wenn er sich rührt. Ich gebe Madame Bescheid.«
    »Soll ich etwa glauben, sie wäre bereit, mit dem Ding auf mich zu schießen?«, fragte Mumm.
    »Sandra hat eine sehr kampflustige Ader«, sagte Rosie. »Gestern war ein Herr… unhöflich zu ihr, und sie kam hereingelaufen und… Du würdest staunen, was sie mit ihrem Pilz anstellte.«
    Mumm beobachtete die Armbrust. Die junge Frau hatte eine sehr ruhige Hand. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz…«, erwiderte er.
    »Das ist ein Ding aus Holz zum Sockenstopfen«, erklärte Sandra. »Ich hab’s ihm hinter dem Ohr gegen den Kopf geschlagen.«
    Mumm musterte sie verdutzt und sagte dann: »Na schön. Ich bleibe hier ganz ruhig sitzen.«
    »Gut«, sagte Rosie.
    Sie rauschte davon, und es war ein echtes Rauschen: Ihr Kleid strich über den Boden. An einer großen, teuren Doppeltür hielt sie kurz inne und öffnete dann die beiden Türflügel – die Geräusche eines Empfangs fluteten herein. Gespräche, der Geruch von Zigarrenrauch und Alkohol. Eine Stimme sagte: »… um die vorherrschende Epistemologie zu ändern…« Dann schloss sich die Tür.
    Mumm blieb sitzen. Er gewöhnte sich allmählich an den Sessel, außerdem wollte er es vermeiden, erneut geschlagen zu werden.
    Sandra hielt die Armbrust auf ihn gerichtet, als sie ein sehr großes Glas Whisky neben ihm

Weitere Kostenlose Bücher