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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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aus. »Ihr
wisst
doch, dass ich ihn hier nicht sehen will!«
    Die Männer drehten sich um. Korporal Reg Schuh schritt mit feierlichem Ernst über den Kiesweg, einen ganzen Strauß Fliederblüten an den Helm gebunden. Über der Schulter trug er eine Schaufel mit langem Griff.
    »Es ist nur Reg«, sagte Fred. »Er hat ein Recht darauf, hier zu sein, Erster. Das weißt du.«
    »Er ist tot! Und ich dulde keine Toten auf meinem Friedhof!«
    »Hier wimmelt’s von ihnen, Erster«, sagte Schnapper in dem Versuch, den Totengräber zu beruhigen.
    »Ja, aber die laufen nicht herum!«
    »Komm schon, Erster, du regst dich jedes Jahr auf«, sagte Fred Colon. »Er kann doch nichts für die Art und Weise, wie er ums Leben gekommen ist. Ein Zombie muss nicht unbedingt eine schlechte Person sein. Er ist ein nützlicher Bursche, Reg. Außerdem wär’s hier viel ordentlicher, wenn sich jeder so um sein Grab kümmern würde wie er. Morgen, Reg.«
    Reg Schuh nickte den vier Männern zu, als er näher kam. Sein Gesicht war grau, aber ein Lächeln stand darauf.
    »Und er hat seine eigene Schaufel mitgebracht«, grummelte Erster. »Abscheulich!«
    »Ich habe das, was er macht, immer für recht, äh, nett gehalten«, sagte Fred. »Lass ihn in Ruhe, Erster. Wenn du jetzt Steine nach ihm wirfst wie im vorletzten Jahr, wird Kommandeur Mumm davon erfahren, und dann gibt’s Ärger. Du kennst dich aus mit… mit…«
    »Leichen«, warf Nobby ein.
    »Aber… Nun, du warst nicht dabei, Erster«, sagte Colon. »So ist das eben. Aber Reg
war
dabei. Und wenn du nicht dabei warst, Erster, kannst du es auch nicht verstehen. So, und jetzt geh los und zähl wieder die Schädel, ich weiß, dass dir das gefällt. Tschüs, Erster.«
    Erster Ehelicher sah ihnen nach, und Feldwebel Colon glaubte, einen Maß nehmenden Blick zu spüren.
    »Ich habe mich immer über seinen Namen gewundert«, sagte Nobby und winkte zum Abschied. »Ich meine… Ehelicher?«
    »Man kann es einer Mutter nicht vorwerfen, wenn sie stolz ist, Nobby«, erwiderte Colon.
     
    »Worüber sollte ich sonst noch Bescheid wissen?«, fragte Mumm, als er sich zusammen mit Karotte einen Weg durch das Gedränge auf den Straßen bahnte.
    »Wir haben einen Brief von den Schwarzbandlern 2 bekommen, Herr. Sie weisen darauf hin, dass die Speziesharmonie in der Stadt einen großen Schritt vorankäme, wenn du bereit wärst…«
    »Sie wollen einen Vampir in der Wache?«
    »Ja, Herr. Ich glaube, viele Mitglieder des Wachkomitees halten es trotz deiner Bedenken für eine gute Idee…«
    »Sehe ich wie eine Leiche aus?«
    »Nein, Herr.«
    »Dann lautet die Antwort nein. Was sonst noch?«
    Karotte blätterte in den Unterlagen, die dick in der Klammer eines Klemmbretts steckten. »Die
Times
berichtet, dass Borograwien Mouldawien überfallen hat«, sagte er.
    »Sollten wir uns darüber freuen? Kann mich nicht daran erinnern, wo das ist.«
    »Beide Länder gehörten früher zum Dunklen Reich, Herr. Direkt neben Überwald.«
    »Auf welcher Seite stehen wir?«
    »Die
Times
meint, wir sollten das kleine Mouldawien gegen den Aggressor unterstützen, Herr.«
    »Mir gefällt Borograwien bereits«, sagte Mumm. In der vergangenen Woche hatte die
Times
eine wenig schmeichelhafte Karikatur von ihm gebracht, und was noch schlimmer war: Sybil hatte um das Original gebeten und es rahmen lassen. »Was bedeutet das für uns?«
    »Vermutlich mehr Flüchtlinge, Herr.«
    »Bei den Göttern, wir haben keinen Platz mehr! Warum kommen sie alle hierher?«
    »Sie suchen nach einem besseren Leben, Herr.«
    »Nach einem
besseren
Leben?«, wiederholte Mumm.
»Hier?
«
    »Ich glaube, in ihrer Heimat stehen die Dinge schlechter, Herr«, sagte Karotte.
    »Um was für Flüchtlinge handelt es sich?«
    »Größtenteils um Menschen, Herr.«
    »Soll das heißen, dass die meisten von ihnen Menschen sind, oder ist jedes einzelne Individuum größtenteils menschlich?«, erkundigte sich Mumm. Wenn man eine Weile in Ankh-Morpork gelebt hatte, lernte man, die richtigen Fragen zu stellen.
    »Äh, abgesehen von den Menschen scheint es in der betreffenden Region nur eine andere nennenswerte Spezies zu geben, die so genannten Kwetsch, Herr. Sie leben im tiefen Wald und sind von Kopf bis Fuß behaart.«
    »Tatsächlich? Nun, vermutlich finden wir mehr über sie heraus, wenn man uns bittet, einen von ihnen in die Wache aufzunehmen«, sagte Mumm bitter. »Und sonst?«
    »Eine Nachricht, die zu Hoffnung Anlass gibt, Herr«, sagte Karotte und lächelte.

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