Die nächste Begegnung
ja nun wirklich niemand im gleichen Alter für sie ... Außerdem musst du zugeben, dass wir sie manchmal behandeln wie eine Zwölfjährige.«
Nicole schwieg dazu. Richard streichelte ihren Arm. »Wir haben das doch immer gewusst, dass Katie unter unseren Kindern eben das nervöseste, reizbarste ist. Leider kommt sie darin stark nach mir.«
»Ja, aber du lenkst deine nervöse Energie zumindest in vernünftige Kanäle«, entgegnete Nicole. »Aber Katie kann konstruktiv wie destruktiv werden ... Wirklich, Richard, ich möchte, dass du mal ernsthaft mit ihr redest. Sonst fürchte ich nämlich, wir kriegen gewaltige Schwie ri gkeiten, wenn wir mit den andern Menschen zusammentreffen.«
»Und was soll ich ihr deiner Meinung nach sagen?«, fragte Richard nach einer kleinen Weile. »Dass das Leben nicht aus einem aufregenden Abenteuer nach dem anderen besteht? — Und wieso sollte ich sie auffordern, ihren Eskapismus in ihre persönliche Phantasiewelt in ihrem privaten Zimmer aufzugeben? Wenn das dort für sie möglicherweise viel interessanter ist? Denn unseligerweise gibt es derzeit in New Eden nirgends was, das für eine junge Frau besonders aufregend sein könnte.«
»Ich hatte eigentlich erwartet, dass du etwas mehr Verständnis aufbringen würdest«, sagte Nicole, leicht pikiert. »Ich brauch einfach deine Hilfe ... und Katie reagiert eher auf dich.«
Wieder schwieg Richard. »Also gut«, sagte er schließlich resigniert und legte sich wieder flach ins Bett. »Ich nehme Katie morgen zum Wasserski mit — das mag sie gern — und bitte sie, ob sie nicht ein bisschen mehr Rücksicht auf den Rest der Familie nehmen könnte.«
»Sehr schön. Hervorragend«, sagte Richard, nachdem er den Text in Patricks Notizbuch beendet hatte. Er schaltete aus und schaute seinen Sohn an, der etwas nervös auf dem andern Stuhl ihm gegenüber saß. »Du hast deine Algebra rasch begriffen«, fuhr Richard fort. »Du bist eindeutig für Mathematik begabt. Und wenn wir dann die andern hier in New Eden haben, bist du fast universitätsreif, zumindest in Mathematik und Naturwissenschaften.«
»Aber Mutter sagt, ich hänge in Englisch noch weit zurück«, erwiderte Patrick. »Meine Aufsätze, sagt sie, sind wie von einem kleinen Kind.«
Nicole hörte das Gespräch aus der Küche mit und kam herein. »Patrick, mein Schatz, Garcia #041 sagt, du nimmst deine Schreibarbeiten nicht ernst. Ich weiß, du kannst nicht alles von heut auf morgen lernen, aber ich möchte eben nicht, dass du dich schämen musst, wenn wir die andern Menschen treffen.«
»Aber Mathe und Physik mag ich halt lieber«, nörgelte Patrick. »Unser Einstein-Robo sagt, er könnte mir in drei, vier Wochen das Infinitesimalrechnen beibringen, wenn ich nicht dermaßen viele andere Fächer lernen müsste.«
Die Haustür flog auf, und Katie stürmte mit Ellie herein. Katies Gesicht glühte vor Erregung. »Tut uns leid, dass wir zu spät dran sind«, keuchte sie, »aber wir hatten heut 'nen Supertag.« Sie wandte sich zu Patrick. »Ich hab ganz allein das Boot über den Lake Shakespeare gefahren. Den Garda haben wir einfach am Ufer zurückgelassen.«
Ellie war keineswegs so euphorisch wie ihre Schwester. Sie wirkte im Gegenteil eher etwas spitz. »Bist du okay, Liebes?«, sagte Nicole leise zu ihrer jüngeren Tochter, während Katie die übrigen Familienangehörigen mit der Abenteuerstory ihrer Seefahrt beglückte.
Ellie nickte, sagte aber nichts.
»Also, wirklich aufregend, als wir in hohem Tempo durch unsre eigenen Heckwellen kreuzten. Wamm-wamm-wamm — sprangen wir von einer Welle zur nächsten. Manchmal war mir beinahe, als würden wir fliegen.«
»Diese Boote sind kein Spielzeug«, bemerkte Nicole einige Zeit später und winkte alle an den Abendessentisch. Benjy, der in der Küche damit befasst gewesen war, mit den Fingern im Salat herumzustochern, kam endlich auch und setzte sich zu Tisch.
»Und was hättest du gemacht, wenn das Boot gekentert wäre?«, fragte Nicole, als alle saßen.
»Oooch, die Garcias hätten uns schon gerettet«, erwiderte Katie kess und schnoddrig. »Drei davon standen am Ufer und schauten uns zu ... Dazu sind sie ja schließlich auch da, über uns zu wachen und uns zu schützen ... Und außerdem hatten wir Schwimmwesten an, und ich kann sowieso schwimmen..
»Aber deine Schwester kann nicht schwimmen!«, antwortete Nicole sofort und mit einem Verweis in der Stimme. »Und du weißt, dass sie sich schrecklich geängstigt hätte, wenn sie ins
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