Die nächste Begegnung
meisten ihrer Oberklassen-Schüler an Bord der beiden Schwesterschiffe waren.
Die Watanabes verbrachten viele Abende in Gesellschaft von Richter Myshkin und Max Puckett. Oft spielten sie Karten (Max war so exzellent im Poker, wie er im Bridge miserabel war), sie redeten über die Hoffnungen, die sie in die Lowell Colony setzten, und sprachen über das, was sie an Lebensumständen auf der Erde zurückgelassen hatten.
Als die Pinta noch drei Flugwochen vom Mars entfernt war, verkündete die Schiffsleitung, dass ein zweitägiger Kommunikationsausfall eintreten werde, und ersuchte dringlich jedermann, vorher >zuhause< anzurufen, bevor die Funksysteme temporär außer Betrieb sein würden. Und da es sowieso >drunten< die Zeit des Jahresende-Urlaubs war, bot es sich geradezu an, die zurückgebliebenen Lieben anzurufen.
Max verabscheute die Zeitverschiebungen nebst den langen Einweg-Gesprächen. Nachdem er sich eine zerstückelte Diskussion der weihnachtsfestlichen Planungen drunten in Arkansas angehört hatte, informierte Max seinen Bruder Clyde und seine Schwägerin Winona, dass er nicht beabsichtige, sie noch einmal anzurufen, weil es ihm keinen Spaß mache, »'ne Viertelstunde zu warten, um rauszukriegen, ob wer über meine Witze gelacht hat«.
In Kyoto hatte der Schneefall früh eingesetzt. Kenjis Elte rn hatten ein Video vorbereitet, auf dem eine feine weiße Schneedecke über Ginkaku-ji und Honen-In lag; und wäre nicht Nai an seiner Seite gewesen, Kenji hätte seinen Anfall von Heimweh kaum ertragen können. Nai beglückwünschte in einem kurzen Gespräch eine ihrer Schwestern in Thailand zu dem Universitätsstipendium, das sie bekommen hatte.
Piotr Myshkin rief niemanden an. Die Frau des alten russischen Herrn war tot, und sie hatten keine Kinder. »Ich habe wundervolle Erinnerungen«, sagte er zu Max. »Aber auf der Erde habe ich weiter nichts Persönliches zurückgelassen.«
Am Tag der angekündigten Kommunikationssperre wurde über sämtliche Betriebskanäle die Ankündigung verbreitet, dass um zwei Uhr mittags ein wichtiges Programm, das zu sehen für alle Passagiere Pflicht sei, gezeigt werden würde. Kenji und Nai luden Max und den Richter zu sich in ihre kleine Kabine, um es gemeinsam anzuschauen.
»Bin neugie ri g, was das wieder für 'ne schwachsinnige Predigt sein wird«, sagte Max, wie stets von vornherein gegen alles in Harnisch, was ihm als Zeitverschwendung erschien.
Zu Beginn der Sendung sah man den Präsidenten von COG und den Direktor der ISA Seite an Seite an einem mächtigen Schreibtisch sitzen. Der COG-Präsident betonte noch einmal die Wichtigkeit der Nachricht, die man jetzt von Werner Koch, dem ISA-Direktor, erfahren werde.
»Passagiere der Pinta«, begann Dr. Koch, »vor vier Jahren entschlüsselten unsere Satellitensondensysteme eine Signalfolge, die offenbar ihren Ursprung weit draußen im Weltraum hatte und etwa aus der Richtung des Sternes Epsilon Eridani kam. Nach sachgemäßer Bearbeitung erwies sich die Nachricht als eine höchst erstaunliche Vide o- Botschaft, und wir werden sie euch in knapp fünf Minuten vorspielen.
Ihr werdet dann hören, dass dabei das erneute Erscheinen eines Rama-Raumschiffs in unserem Sonnensystem angekündigt wird. In den Jahren 2130 und 2200 besuchten gewaltige zylindrische Körper von fünfzig Kilometern Länge und zwanzig Kilometern Dicke, Konstrukte einer unbekannten fremden Intelligenz und in uns bislang noch immer unbekannter Absicht, unser Planetensystem. Der zweite dieser Eindringlinge — gewöhnlich als Rama-II bezeichnet — nahm, während er sich innerhalb der Venus-Bahn befand, eine Geschwindigkeitskorrektur vor, die ihn auf Kollisionskurs mit der Erde brachte. Wir schickten eine Raumflotte mit Nuklearsprengköpfen gegen den fremden Zylinder aus, um ihn zu zerstören, ehe er unserem Planeten nahe genug kommen konnte, um Schaden anzurichten.
Im folgenden Video wird behauptet, dass ein weiteres Rama-Raumschiff sich uns genähert hat, und zwar in der ausschließlichen Absicht, eine >Repräsentativ-Probe< von zweitausend Menschen zu >Observationszwecken< anzuwerben. So bizarr dieser Anspruch auch erscheinen mag, so muss doch hier deutlich gesagt werden, dass vor weniger als einem Monat ein Raumschiff der Rama-Kl as se in eine Umlaufbahn um den Mars eingeschwenkt ist.
Wir müssen also leider diese unglaubliche Nachricht aus den Tiefen des Weltraums ernst nehmen. Deshalb wurdet ihr Kolonisten auf der Pinta dazu ausersehen, eine Begegnung
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