Die nächste Begegnung
Stampfern weggezogen und den Magier dazu gebracht, sie aus Denver rauszuekeln.«
Kimberly sah den flüchtigen Ausdruck der Missbilligung in Eponines Gesicht. »Ja, heiliger Jesus«, sagte sie, »jetzt fängst du schon wieder an und kommst mir mit deiner Moral. Du bist wirklich, verdammt noch mal, die weichherzigste verfluchte Mörderin, die mir je vorgekommen ist. Manchmal erinnerst du mich an diese ganzen scheinheiligen Heuchlerinnen in meiner Abschlussklasse an der Highschool.«
Sie wollten gerade den Duschraum verlassen, als ein winziges schwarzes Mädchen mit Zöpfchenfrisur sich hinter ihnen bemerkbar machte. »Bist du Kimberly Henderson?«
Kimberly nickte und drehte sich um. »Aber wieso ...«
»Ist dein Macker der Japsenking Nakamura?«, fragte das Mädchen hastig. Kimberly gab keine Antwort.
»Wenn nämlich, dann musst du mir helfen«, sprach die kleine Schwarze weiter.
»Was willst du?«, fragte Kimberly unverbindlich.
Das Mädchen brach plötzlich in Tränen aus. »Mein Macker Reuben hat sich nix dabei gedacht. Er war beschickert von dem Shit, den was die Wachen verkaufen. Er hat gar nicht gewusst, dass er mit dem Japsenking redet.«
Kimberly wartete, bis das Mädchen sich die Tränen abgewischt hatte. »Was hast du?«, flüsterte sie dann.
»Drei Messer und zwei Joints Dynamitkokomo«, erwiderte das Mädchen, ebenso leise flüsternd.
»Bring mir das«, sagte Kimberly mit einem Lächeln. »Und ich arrangiere einen Termin, damit sich dein Reuben bei Mister Nakamura entschuldigen kann.«
»Du magst Kimberly nicht, wie?«, sagte Eponine zu Walter Brackeen. Er war ein riesenhafter amerikanischer Schwarzer, hatte sanfte Augen, und seine Finger auf dem Keyboard waren absolut magisch. Er spielte gerade ein leichtes Jazzmedley und starrte seine schöne Lady an, solange seine drei Schlafkameraden verabredungsgemäß drüben in den Gemeinschaftsräumen weilten.
»Nein, stimmt«, erwiderte Walter langsam. »Sie ist nicht wie wir. Sie kann sehr komisch sein, aber innen drin ist sie echt böse.«
»Was meinst du damit?«
Walter ging zu einer getragenen Ballade mit einfacherer Melodik über und spielte fast eine Minute lang weiter, ehe er antwortete. »Ich nehme an, vor dem Gesetz sind wir alle gleich schuldig, wir sind alle Mörder. Aber ich sehe das nicht so. Ich hab einen Kerl totgeschlagen, der meinen kleinen Bruder vergewaltigt hat. Du hast einen verrückten Hurensohn umgebracht, der dabei war, dir dein Leben zu zerstören.« Walter rollte die Augen. »Aber diese Freundin da von dir, diese Kimberly, sie und ihr Macker, die haben drei Leute, die sie nicht mal kannten, einfach umgelegt, bloß um Geld für Drogen zu kriegen.«
»Aber sie war dabei doch sturzbetrunken.«
»Das spielt keine Rolle«, sagte Walter. »Wir sind alle und immer für unser Verhalten verantwortlich. Wenn ich mich mit Scheiße vollpumpe, die mich zu 'nem Widerling macht, dann ist das mein eigner Fehler. Aber ich kann mich nicht vor der Verantwortung für meine Handlungen drücken.«
»In der Haftanstalt hat sie aber exzellente Beurteilungen bekommen. Jeder Einzelne von den Doktoren, die mit ihr gearbeitet haben, hat bestätigt, dass sie eine hervorragende Krankenschwester ist.«
Walter hörte zu spielen auf und starrte Eponine sekundenlang stumm an. »Reden wir nicht mehr von Kimberly«, bat er. »Uns bleibt sowieso so wenig Zeit ungestört miteinander ... Hast du über meinen Antrag nachgedacht?«
Eponine seufzte. »Das hab ich, Walter. Und ich mag dich auch sehr und geh mit dir ins Bett, aber das Arrangement, das du vorschlägst, sieht mir doch zu stark nach einer Verpflichtung aus ... Und außerdem glaub ich, du möchtest das hauptsächlich für dein Ego. Wenn ich mich nicht sehr täusche, ziehst du sowieso Malcolm vor .. .
»Malcolm hat nichts mit uns beiden zu tun«, unterbrach Walter sie. »Er ist seit Jahren mein bester Freund, schon gleich zu Beginn, als ich im Straflager in Georgia ankam. Wir machen Musik zusammen. Und wenn wir alle beide die Einsamkeit nicht aushalten, schlafen wir miteinander. Wir sind Intimfreunde und Seelengefährten ...«
»Ich weiß. Ich weiß ... und Malcolm ist auch nicht das Hauptproblem. Mich stört mehr das Prinzipielle an dem Ganzen. Ich mag dich ehrlich, Walter, und das weißt du. Aber ...« Eponine rang mit ihren gemischten Gefühlen.
»Wir sind jetzt drei Wochen von der Erde weg«, sagte Walter, »und es dauert noch sechs Wochen, ehe wir auf dem Mars ankommen. Ich bin der größte
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