Die nächste Begegnung
Brocken in der Santa Maria. Wenn ich sage, dass du mein Mädchen bist, wird keiner dich in den sechs Wochen noch mal zu belästigen wagen.«
Eponine dachte an die unerfreuliche Szene zurück, die sie gerade an diesem Morgen erlebt hatte. Zwei Gefangene redeten darüber, wie leicht man es als Mann haben würde, Frauen im Sträflingsdeck mit Gewalt zu >nehmen<. Die Männer hatten gemerkt, dass Eponine in Hörweite war, aber keineswegs ihre Stimmen gedämpft.
Also rettete sie sich schließlich in Walters mächtige Arme. »Gut, einverstanden«, sagte sie leise. »Aber erwarte dir nicht zu viel ... Ich bin so was wie eine schwierige Frau.«
»Ich fürchte, dass Walter vielleicht was mit dem Herzen hat«, flüsterte Eponine. Es war mitten in der Nacht, und die anderen zwei Bewohnerinnen schliefen. Kimberly, in der Koje unter ihr, war von dem Kokomo, das sie vor zwei Stunden geraucht hatte, noch immer angetörnt. Sie würde noch stundenlang nicht einschlafen können.
»Die Vorschriften in diesem Scheißschiff sind verdammt idiotisch. Himmel, die hatten ja sogar im Straflager in Pueblo weniger Verbote. Wieso, verdammt noch mal, dürfen wir nach Mitternacht nicht mehr in den Gemeinschaftsräumen sein? Was tun wir denn schon Schlimmes?«
»Er hat ab und zu ein Stechen in der Brust, und wenn wir es besonders heftig getrieben haben, klagt er hinterher darüber, dass er keine Luft kriegt ... Meinst du, du kannst ihn dir mal anschauen?«
»Und dieser Marcello, he? Was für ein blöder Esel! Der sagt doch zu mir, ich darf die ganze Nacht aufbleiben, wenn ich zu ihm in seine Kabine komme. Und das, wie ich da mit Toshio sitz! Was glaubt der Arsch eigentlich, was er da anrichtet? Also, schließlich dürfen nicht mal die Wachleute so mit dem Top- japsen umspringen ... Was hast du gesagt, Eponine?«
Eponine stemmte sich auf dem Ellbogen hoch und beugte sich über die Kojenkante. »Walter Brackeen, Kim«, sagte sie. »Ich hab von Walter Brackeen gesprochen. Kannst du dich mal lang genug von deinem Speed runterdrehen und zuhören, was ich dir sage?«
»Schön, schön, ist ja gut. Also, was issen da mit deinem Walter? Was willern haben? Immer wollen sie alle was von meinem Japsenking. Vermutlich bin dann ich die Königin, na wenigstens irgendwie .. .
»Ich glaube, Walter hat ein schwaches Herz«, sagte Eponine, diesmal mit lauter Stimme. »Ich möchte, dass du ihn dir mal anschaust.«
»Pssschht!«, machte Kimberly. »Sonst kommen die noch und buchten uns ein wie bei dieser verrückten Schwedin ... Mist, Ep, ich bin doch kein Arzt. Ich kann erkennen, wenn ein Herz unregelmäßig schlägt, aber das ist auch schon alles ... Du solltest deinen Walter zu diesem Knastdoktor bringen, wie heißt er noch gleich, der ist ein echter Kardiologe, na, der Typ, der mit keinem was zu tun haben will, dieser Superstille, wenn er nicht grad jemand untersucht ...?«
»Dr. Robert Turner«, half Eponine aus.
»Genau, das isser ... sehr professionell, erhaben, unzugänglich ... sagt nie was, außer auf Medizinisch ... Man kann es kaum glauben, dass er innern Gerichtssaal zwei Männern mit 'nem Gewehr die Köppe zerdeppert hat, es passt einfach nicht ...«
»Woher weißt du denn das?«, fragte Eponine.
»Hat mir Marcello gesagt. Ich war neugierig, und wir machten Spaß, und der hat mich geneckt und Sachen gesagt, so in der Art wie >und kriegt dich dein Japsi auch schön zum Stöhnen< und >was ist mit diesem stillen Herzchendoktor, kriegt der dich auch dazu< .. .
»Himmel, Kim! « , sagte Eponine, inzwischen etwas bestürzt. »Hast du etwa auch mit Marcello gevögelt?«
Kimberly lachte. »Bloß zweimal. Das ist ein Typ, der besser reden als bumsen kann. Und was für ein Ego! Mein King Japs weiß mich immerhin zu schätzen.«
»Weiß Nakamura davon?«
»Denkste, ich bin verrückt?«, erwiderte Kimberly. »Ich will schließlich noch nicht sterben. Aber einen Verdacht könnte er schon haben ... Und ich mach das mit dem auch bestimmt nie wieder ... bloß, falls dieser Dr. Turner sich herablassen sollte, mir mal was ins Öhrchen zu flüstern, also ich war ehrlich von oben bis unten feucht .. .
Kimberly schnatterte leise weiter. Eponine dachte flüchtig an Dr. Robert Turner. Er hatte sie kurz nach dem Start untersucht, als sich bei ihr ein paar fragwürdige Flecken gezeigt hatten. Er hat meinen Körper noch nicht mal bemerkt, erinnerte sie sich. Eine völlig sachliche Untersuchung.
Sie schaltete Kimberlys Geschwätz völlig aus und konzentrierte
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