Die Naechte der Venus
ausweichen, stolperte und fiel hin. Widar rollte über ihn. Sie wälzten sich auf dem Boden und keinem gelang es, einen Vorteil zu erzielen.
»Mach ein Ende«, bat Caelia. Sie konnte kaum noch hinsehen.
Im Publikum wurden Unmutsäußerungen laut und auch vereinzelt solche, die nach einer Beendigung des Kampfes riefen.
»Warum?« Domitian grinste.
»Du siehst doch, wie sie sich quälen. Bitte.« Sie legte soviel Zartheit wie möglich in ihre Stimme. »Das Volk will es auch.«
»Sie wollen jetzt dies und im nächsten Augenblick was anderes. Wenn ich zu viele begnadige, heißt es, ich sei weich.«
»Es wird heißen, du bist freundlich. Tue es für mich, Liebster, weil ich dich darum bitte.«
»Das ist was anderes.«
Sie schmiegte sich an ihn, küsste ihn zart auf den Mund. Die Rufe der Zuschauer nach einer Beendigung des Kampfes wurden lauter.
Die Kämpfer hatten sich halb aufgerichtet. Sie hielten sich mehr aneinander fest, als dass sie gegeneinander kämpften. Vier Wachen hatten die Arena betreten, bewaffnet mit Lanzen und Peitschen. Sie standen in respektvollem Abstand zu den Gladiatoren und sahen zur Loge empor.
»Du Sonne meiner Tage.«
Domitian kniff ihr ins Kinn. »Ich kann dir keinen Wunsch abschlagen.«
Er streckte den rechten Arm aus. Wie eine Welle verbreitete sich die Nachricht unter den Zuschauern. Alle Augen richteten sich auf den Imperator, ob er den Daumen nach oben oder nach unten reckte, ob beide Kämpfer ihr Leben verloren oder behielten. Nur die beiden Gladiatoren bemerkten nichts von der Veränderung. Caelia löste sich aus Domitians Armen. Innerlich zitterte sie wie ein Halm im Wind, aber nach außen wollte sie stark erscheinen.
Domitians rechter Daumen zeigte immer noch waagerecht in die Luft. Nach oben, betete Caelia stumm, Minerva lass ihn gütig sein, und ich werde dir ein Opfer darbringen.
Langsam reckte Domitian den Daumen in die Höhe.
Die Wachen reagierten sofort auf dieses Signal. Mit Peitschenhieben trieben sie die Kämpfer auseinander. Beide schienen zunächst nicht zu begreifen, was geschah. Sie ließen zwar voneinander ab, stierten aber verwirrt zu Boden.
Herkules war der Erfahrenere von beiden und verstand als erster. Er schaute zur Loge. Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die wohl ein Lächeln sein sollte. Widar tat es ihm nach. Schnell blickte Caelia zur Seite.
Keiner von beiden würde heute sterben, sie hatten ein stans missio – eines der seltenen Unentschieden – erhalten und mussten nur noch vor den Imperator treten und grüßen.
Caelia wich in den hinteren Teil der Loge zurück und tat so, als müsse sie etwas an ihrem Kleid richten. Die Gefühle in ihrer Brust konnte sie nicht mit Worten beschreiben. Erleichterung über Widars Begnadigung, Sorge, weil er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, Furcht, Domitian könnte die Wahrheit entdecken – und eine unbändige Freude.
***
Hinter dem Verwalter ihrer Villa betrat Caelia den Tempel der Göttin Minerva. Ein Großteil der Bediensteten und Sklaven ihres Haushaltes folgte ihr. Alle hatten saubere Kleidung angelegt und trugen Kränze im Haar. Viele hielten kleine Körbe mit Opfergaben für die Göttin in den Händen, drei junge Männer trieben einen Stier als Opfertier vor sich her. Es war ein makellos weißes Tier, und um seine Hörner waren Blumengirlanden gewunden. Caelia trug auch einen kleinen Opferkorb gefüllt mit Brot, Getreide, Früchten und Wein. Einen Zipfel ihres Umhangs hatte sie über ihr Haar gezogen, um nicht mit unbedecktem Haupt vor die Göttin zu treten.
Mit dem Eintritt in den inneren Tempelraum erstarben die Gespräche ihres Gefolges. Auch sie überkam eine tiefe Zufriedenheit. Sie fühlte sich in die archaische Zeit der Anfänge Roms zurückversetzt beim Anblick des Altars, der aus grob behauenen Steinen bestand, und auf dem ständig eine Öllampe brannte.
Aus dem Schatten neben dem Altar trat ein Priester auf ihren Verwalter zu und fragte nach ihren Wünschen.
»Meine Herrin möchte der Göttin für eine erwiesene Gunst danken.«
Der Priester verneigte sich und gab den Weg zum Altar frei. Caelia trat neben ihren Verwalter vor das Antlitz der Göttin. Als Frau durfte sie nicht selbst opfern, sondern musste dies dem Oberhaupt ihres Haushaltes überlassen. Seit dem Tode ihres Mannes übernahm ihr Verwalter derartige Aufgaben.
Von rechts und links trat je ein Priester neben sie, die Anrufung Minervas begann als eintöniger Sprechgesang, der regelmäßig lauter und
Weitere Kostenlose Bücher