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Die Naechte der Venus

Die Naechte der Venus

Titel: Die Naechte der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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leiser wurde. Sie kannte die Worte und sprach sie im Geiste mit.
    Bald glitt sie in eine eigene Geisterwelt. Sie spürte eine Berührung an ihrem rechten Arm, aber als sie hinschaute, war niemand da.
    »Herrin, bist du es?«, flüsterte sie stumm, und als Antwort rieselte ein Schauer durch ihren Körper.
    Die Göttin war gekommen, um den Dank entgegenzunehmen. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie musste Minerva von Widar erzählen und warum es so wichtig war, dass er überlebte, nie wieder in eine Arena musste und nie wieder von einer Begnadigung abhängig war. In ihrem Körper breitete sich Wärme aus, sie fasste Mut zu sprechen, ohne auf die Vermittlung eines Mannes zu warten.
    »Ich habe dir einen Stier, Wein, Kuchen, Früchte und Brot mitgebracht. Alles ist makellos. Ich habe es selbst ausgesucht.«
    Sie hatte das Gefühl, als nicke ihr jemand zu und ermunterte sie, ihren Gedanken weiter freien Lauf zu lassen.
    »Minerva, ich möchte dir nicht nur danken, sondern ich habe auch gleich noch eine neue Bitte an dich. Lass Widar immer bei mir sein. Wenn du das für mich tust, werde ich dir ein weiteres Opfer darbringen oder Widar wird es tun. Als Mann darf er offiziell mit dir sprechen. Du wirst ihn doch anhören, obwohl er noch seine eigenen Götter hat?«
    Sie hatte das Gefühl, dass ein zärtlicher Windhauch in ihrem Haar spielte, und dass die Göttin nichts dagegen hatte, wenn ein Barbar zu ihr sprach. Sie dankte ihr in Gedanken. Dann murmelte sie lautlos und mit einem entschuldigenden Achselzucken: »Ihr Götter aus Germanien, an die Widar glaubt – er hat mir eure Namen nicht genannt, aber hört mich trotzdem an. Widar braucht euren Schutz, und er soll bei mir bleiben.«
    Sie war so in ihr Gebet vertieft, dass sie das Ende der offiziellen Anrufung nicht bemerkt hatte. Erst als ihr Verwalter sie am Ärmel zupfte und auf ihren Korb deutete, wurde ihr bewusst, dass die Zeit für die Darreichung der Opfergaben gekommen war. In diesem Moment riss sich auch der junge Stier von seinen Bewachern los und stürmte nach vorne. Er rutschte auf dem Steinfußboden aus, stürzte vor den Altar. Die Priester bewegten sich schneller, als Caelia es ihnen zugetraut hätte. Sie warfen sich auf das Tier und hielten es am Boden fest. Ein Tier, das freiwillig zum Altar lief und sich in die Hände der Götter begab, war ein gutes Zeichen.
    Die Darbringung der Opfer begann damit, dass sie die Gaben aus ihrem Korb auf den Altar legte. Die anderen folgten ihrem Beispiel. Zuletzt wurde der Stier mit einem Schnitt in die Kehle getötet. Die Priester fingen das Blut in einer Schale auf und stellten es ebenfalls auf den Altar. Ein süßlicher Geruch nach Kupfer breitete sich im Tempelraum aus. Caelia sah, wie ihre Zofe sich die Nase zuhielt. Sie selbst störte sich nicht am Blutgeruch. Sie fühlte sich wunderbar im Einklang mit Minerva.
     
    ***
     
    »Alle raus und im Hof versammeln!« Breitbeinig stand ein lanista in der Tür zum Speisesaal. Die Daumen hatte er im Gürtel verhakt und unter zusammengezogenen Brauen hervor musterte er die Gladiatoren. »Beeilt euch!«
    Einige standen auf, die meisten aber blieben sitzen und murrten über die Unterbrechung des Frühstücks. Es war derselbe Speisesaal, in dem das Gastmahl stattgefunden hatte. Eine Ähnlichkeit mit dem damals festlich geschmückten Raum konnte man nicht mehr erkennen. Die clinen und niedrigen Tische waren fortgeschafft worden, die Gladiatoren saßen auf roh gezimmerten Bänken an langen, schmalen Tischen. Statt erlesener Köstlichkeiten aus dem gesamten Imperium hatten sie Holznäpfe mit Gerstenbrei vor sich stehen. Sie erhielten praktisch nichts anderes zu essen, denn die Ausbilder und Ärzte im Ludus Magnus waren der Meinung, das würde einen Gladiator stark und mutig machen. Wer das essen kann, der hat starke Nerven und stürzt sich mutig in die Schwerter seiner Gegner, damit sie ihn von dem Essen erlösen, pflegte Drusus zu sagen.
    Er kratzte noch schnell die Reste aus seiner Schüssel und trank geräuschvoll die ihm zugeteilte Wasserration.
    »Lass uns gehen, ehe sie mit den Peitschen kommen«, sagte er zu Widar.
    Sie saßen beide an der Stirnseite des Raumes hinten an der Wand. Das waren die begehrtesten Plätze, weil man von dort alles im Blick hatte und sich anlehnen konnte. Mit seinem letzten Kampf hatte sich Widar einen dieser Plätze erobert, und Drusus hatte davon profitiert. Widar selbst hätte lieber in einer Ecke gesessen, möglichst weit weg von

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