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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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Erfolg, allerdings mussten sich Will und Nancy mit mehreren Einschränkungen abfinden. Sie bekamen nur die innerhalb der letzten drei Jahre aus Las Vegas eingesandten Manuskripte samt der Postleitzahlen aus Nevada, nicht aber die Namen und Adressen der Autoren. Sollte sich aus den Unmassen von Material eine »Spur« herauskristallisieren, würde man sich erneut ans Gericht wenden und einen hinlänglichen Tatverdacht nachweisen müssen, um die Identität des Autors zu erfahren.
    Immer mehr Manuskripte kamen an, hauptsächlich auf Disketten, aber auch in Kartons voller Printmaterial. Das Verwaltungspersonal der FBI-Dienststelle New York ließ die Drucker auf Hochtouren laufen, und irgendwann sah es in Wills Büro aus wie im Posteingangsraum eines Hollywood-Agenten – alles voller Drehbücher. Schließlich lagen 1621 aus Nevada stammende Manuskripte im 23. Stock des FBI-Gebäudes.
    Da sie keinen Anhaltspunkt hatten, durften Will und Nancy nicht zu schnell vorgehen. Dennoch fanden sie rasch zu ihrem Rhythmus und benötigten für jedes Manuskript etwa 15 Minuten, indem sie die ersten Seiten sorgfältig lasen, um das Wesentliche zu erfassen, und den Rest überflogen. Nach ihrer groben Berechnung würden sie etwa einen Monat intensiver Arbeit brauchen, um alle Drehbücher durchzusehen. Sie suchten zunächst nach dem Offensichtlichen: Plots mit Serienkillern, Verweisen auf Postkarten, aber sie mussten auch auf versteckte Hinweise achten – zum Beispiel auf Charaktere oder Situationen, die etwas mit dem Tatmuster zu tun haben könnten.
    Sie hatten sich ein mörderisches Tempo vorgegeben. Sie bekamen Kopfschmerzen. Sie wurden gereizt, gifteten sich den ganzen Tag an und zogen sich abends in Wills Apartment zurück, um ihren aufgestauten Missmut im Bett loszuwerden. Die große Mehrzahl der Manuskripte, und das trieb sie wirklich in den Wahnsinn, war absoluter Mist, unverständlich, lächerlich oder unerträglich langweilig. Am dritten oder vierten Tag ihrer Suche fiel Will ein Manuskript mit dem Titel ZOCKER in die Hände. »Du glaubst es nicht«, rief er Nancy zu, »aber ich kenne den Typen, der das hier geschrieben hat!«
    »Und wer ist es?«
    »Er hat im ersten Jahr an der Uni mit mir im gleichen Zimmer gewohnt.«
    »Ist ja interessant«, sagte sie teilnahmslos.
    Er las das Manuskript viel genauer als die anderen und verlor dabei eine gute Stunde Zeit. Als er fertig war, dachte er: Gib deinen Job lieber nicht auf, Kumpel.
    Gegen drei Uhr nachmittags gab Will eine Anmerkung über ein weiteres Stück Schund in seine Datenbank ein, bei dem es um ein Volk von Außerirdischen ging, das zur Erde kam, um die Casinos zu plündern. Dann griff er nach dem nächsten Text auf seinem Stapel.
    Sachte tippte er Nancy mit der Spitze seines Slippers ans Knie.
    »Hey«, sagte er.
    »Hey«, erwiderte sie.
    »Lebensmüde?«
    »Ich bin schon tot«, antwortete sie. Ihre Augen waren gerötet und ausgetrocknet.
    Sein nächstes Drehbuch trug den Titel FRÜHZUG NACH CHICAGO. Er las ein paar Seiten und murrte: »Verdammt. Ich glaube, das habe ich vor ein paar Tagen schon mal gelesen. Terroristen in einem Zug. Was soll der Scheiß?«
    »Sieh dir mal das Abgabedatum an«, schlug sie vor. »Ich hatte ein paar, die mehrmals eingereicht wurden. Die Autoren schreiben sie um und geben wieder zwanzig Dollar aus, um sie nochmal registrieren zu lassen.«
    Er gab den Titel in seine Datenbank ein. »Wo du recht hast, hast du recht. Das ist eine spätere Fassung. Ich habe ihm, was einen möglichen Bezug zu unserem Fall angeht, null von zehn Punkten gegeben. Ich kann’s nicht nochmal lesen.«
    »Wie du meinst.«
    Er wollte das Manuskript zuklappen, doch dann hielt er inne. Irgendetwas war ihm aufgefallen. Es war der Name einer Figur, und er blätterte hektisch weiter.
    Angespannt las er immer schneller weiter. Nancy bemerkte, dass er etwas entdeckt hatte.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Einen Moment noch, einen Moment.«
    Sie sah, wie er sich eifrig Notizen machte, aber jedes Mal, wenn sie fragte, worauf er gestoßen war, erwiderte er: »Kannst du bitte noch einen Moment warten?«
    »Will, das ist nicht fair!«, rief sie.
    Schließlich legte er das Manuskript weg. »Ich muss die frühere Fassung finden. Kann ich das wirklich übersehen haben? Los, hilf mir suchen, es heißt FRÜHZUG NACH CHICAGO. Überprüf den Stapel vom Montag, ich nehme mir den vom Dienstag vor.«
    Sie ging neben dem Fenster in die Hocke, und nach ein paar Minuten hatte sie das Drehbuch tief

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