Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
Vom Netzwerk:
rot geworden, so wurde er nun blass.
    Dieser Tag war zu viel für ihn. Viel zu viel.
    »Sie heißen gar nicht Peter! Sie heißen Mark soundso. Mark Shackleton. Was Namen angeht, bin ich gut.«
    »Tja, Sie wissen ja, wie es mit Namen ist«, sagte er unsicher.
    »Ich versteh schon! Hey, geht mich sowieso nichts an. Was in Vegas passiert, bleibt auch in Vegas, Schätzchen. Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, ich heiße auch nicht Lydia.«
    Sprachlos sah er zu, wie sie ihr Kleid auszog, bis sie in ihrer schwarzen Spitzenunterwäsche vor ihm stand. Die ganze Zeit über redete sie unentwegt. »Das ist so was von klasse! Ich wollte schon immer mal mit einem von euch Jungs reden! Ich meine, es muss so was von verrückt sein, jeden Tag zur Area 51 zu fliegen. Ich meine, das Ganze ist dermaßen geheim, dass es mich richtig scharfmacht!«
    Er öffnete leicht den Mund.
    »Ich meine, ich weiß, dass Sie nicht drüber reden dürfen, aber bitte, nicken Sie einfach, wenn’s bei uns wirklich Ufos gibt, die da draußen untersucht werden, weil das nämlich alle sagen!«
    Er versuchte den Kopf ruhigzuhalten.
    »War das ein Nicken?«, fragte sie. »Haben Sie genickt?«
    Er fasste sich halbwegs und sagte: »Ich darf Ihnen nicht sagen, was dort vor sich geht. Bitte!«
    Sie wirkte ein bisschen beleidigt, doch gleich strahlte sie wieder und machte weiter. »Okay! Das ist klasse. Ich sag dir was, Peter «, schnurrte sie und kam mit schwingenden Hüften langsam auf das Sofa zu. »Ich bin heute Nacht dein persönliches Ufo – dein Unbekanntes Fick-Objekt. Wie findest du das?«

23. Juni 2009 – New York City
    Will hatte einen fürchterlichen Kater. Sein Kopf fühlte sich an, als sei darin nach einer warmen, kuscheligen Übernachtung ein Wiesel aufgewacht, das nun in seinem Gefängnis durchdrehte und versuchte, sich mit Zähnen und Klauen durch die Augen nach außen zu wühlen.
    Der Abend zuvor hatte einigermaßen gut angefangen. Auf dem Heimweg war er auf einen Sprung in seiner Stammkneipe gewesen, einer nach Bier riechenden Höhle namens Dunigan’s, und hatte auf leeren Magen zwei Kurze gekippt. Danach war er ins Pantheon Diner gegangen, wo er mit einem Knurrlaut etwas bei einem stoppelbärtigen Kellner bestellt hatte, worauf ihm dieser ebenfalls mit einem Knurren geantwortet hatte und ihm, ohne dass sie einen ganzen Satz ausgetauscht hatten, das gleiche Gericht brachte, das er dreimal die Woche aß, Lamm-Kebab mit Reis, und das er natürlich mit ein paar Bier hinunterspülte. Bevor er nach Hause ging, hatte er leicht schwankend bei seinem üblichen Schnapsladen vorbeigeschaut und eine neue Zweiliterflasche Black Label mitgenommen; das war so ziemlich der einzige Luxus, den er sich im Leben gönnte.
    Das Apartment war klein, spartanisch und ohne Jennifers weibliche Hand eine wahrhaft öde Bleibe – zwei karge, weißgetünchte Zimmer mit glänzenden Parkettböden und einem eher dürftigen Ausblick auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite. Die Einrichtung bestand aus schnell für ein paar Dollar zusammengekauften Möbeln und Teppichen. Streng genommen war das Apartment eigentlich zu klein für ihn. Das Wohnzimmer hatte 22 Quadratmeter, das Schlafzimmer 11, Küche und Bad waren ungefähr so groß wie ein geräumiger Schrank. Einige der Kriminellen, die Will lebenslänglich hinter Gitter gebracht hatte, würden diese Bude nicht für eine große Verbesserung halten. Wie hatte er es geschafft, sich die Wohnung vier Monate lang mit Jennifer zu teilen? Wer war bloß auf diese glänzende Idee gekommen?
    Er hatte nicht vorgehabt, sich einen anzusaufen, aber die schwere, volle Flasche war zu verlockend. Mit einem knackenden Geräusch brach die Versiegelung, als er die Kappe abschraubte. Dann hob er die Flasche am Henkel hoch und schenkte sich sein Lieblingsglas halb voll Scotch. Während im Hintergrund der Fernseher lief, saß er auf dem Sofa, trank und sank immer tiefer in ein dunkles Loch, und die ganze Zeit dachte er dabei über den beschissenen Tag, den beschissenen Fall und sein beschissenes Leben nach.
    Obwohl er den Doomsday-Fall nur widerwillig übernommen hatte, waren die ersten paar Tage ziemlich erfrischend gewesen. Fast so etwas wie eine Verjüngungskur. Clive Robertson war vor seinen Augen umgebracht worden, und das dreiste Vorgehen des Täters elektrisierte Will regelrecht. Es erinnerte ihn daran, wie er sich früher bei großen Fällen gefühlt hatte, und sein beschleunigter Puls und der Adrenalinstoß passten auch dazu. Er

Weitere Kostenlose Bücher