Die Namen der Toten
Sekunden zogen sich ewig hin.
»Folgendermaßen sieht’s aus, Peter – das Manuskript, so gut es ist, muss ein bisschen überarbeitet werden, bevor ich es rausschicken kann. Aber das größere Problem ist dieses: Das ist ein aufwendiger Film, den Sie hier haben. Ein Zug fliegt in die Luft, dazu allerhand Special Effects. Diese Art Actionfilm zu machen wird immer schwieriger, es sei denn, man hat ein Stammpublikum oder Franchise-Potenzial. Außerdem geht es um Terrorismus, und das ist Kassengift. Der 11. September hat alles verändert. Ich kann Ihnen sagen, dass nur wenige meiner Projekte, die 2001 gestoppt wurden, wiederaufgegriffen worden sind. Keiner will mehr einen Film über Terrorismus machen. Und deshalb kann ich Ihr Manuskript nicht verkaufen. Tut mir leid, aber die Welt hat sich verändert.«
Ausatmen. Ihm war ein bisschen schwindlig.
Roz kam herein. »Mr. Schwartz, Ihre nächste Verabredung ist hier.«
»Wo ist bloß die Zeit geblieben?« Bernie sprang auf, und auch Peter erhob sich. »Nun, gehen Sie und schreiben Sie mir ein Drehbuch über Glücksspiele, um hohe Einsätze und Kartenzähler, und packen Sie ein bisschen Sex und Witz mit rein, und ich verspreche Ihnen, dass ich’s lese. Freut mich, dass wir uns kennengelernt haben, Peter. Bestellen Sie Mr. Kemp meine Grüße. Und hören Sie, ich bin froh, dass Sie mit dem Auto gefahren sind. Ich selber fliege nicht mehr, jedenfalls nicht per Linie.«
Als Peter an diesem Abend wieder bei seinem kleinen Ranchhaus in Spring Valley ankam, steckte ein Briefumschlag unter dem Fußabtreter. Er riss ihn auf und las den von Hand geschriebenen Brief im Schein der Verandalampe.
»Lieber Peter, tut mir leid, dass Sie heute bei Bernie Schwartz abgewimmelt wurden. Lassen Sie es mich wiedergutmachen. Kommen Sie heute Abend um zehn rüber ins Hotel, Zimmer 1834. Victor.«
Peter war müde und niedergeschlagen, aber es war Freitagabend, und er konnte sich noch das ganze Wochenende erholen.
An der Rezeption des Constellation lag ein Zimmerschlüssel für ihn bereit, und er ging sofort nach oben. Es war eine große Suite mit zwei Schlafzimmern und einem herrlichen Ausblick. Auf dem Kaffeetisch im Wohnzimmer standen ein Obstkorb und eine Flasche Perrier-Jouët im Eiskühler. Daneben lag ein weiterer Umschlag. Darin steckten zwei Karten, die eine war ein Gutschein über 1000 Dollar für Einkäufe in der hoteleigenen Shopping-Plaza, die andere räumte ihm einen Kredit über 5000 Dollar im Casino ein.
Benommen setzte er sich auf das Sofa und blickte auf die Neonlandschaft hinunter.
Es klopfte.
»Herein!«, rief er.
Eine Frauenstimme. »Ich habe keinen Schlüssel!«
»Oh, tut mir leid«, rief Peter und lief eilig zur Tür. »Ich dachte, es wäre das Zimmermädchen.«
Sie war hinreißend. Und jung, beinahe mädchenhaft. Eine Brünette mit offenen, frischen Gesichtszügen und glatter, elfenbeinfarbener Haut, die ihm aus einem knallengen Cocktailkleid entgegenschimmerte.
»Sie müssen Peter sein«, sagte sie und schloss die Tür hinter sich. »Mr. Kemp hat mich zu Ihrer Begrüßung vorbeigeschickt.« Wie viele Leute in Las Vegas stammte sie nicht von hier – sie hatte einen leichten Südstaatenakzent, niedlich und melodiös.
Er lief rot an. »Oh!«
Langsam kam sie auf ihn zu und drängte ihn zum Sofa zurück. »Ich heiße Lydia. Bin ich Ihnen recht?«
»Recht?«
»Wenn Sie einen Typen vorziehen, geht das klar. Ich war mir nicht sicher.« Ihre Direktheit wirkte charmant.
Peter musste schlucken. Dann sagte er mit krächzender Stimme: »Ich mag keine Männer. Ich meine, ich mag Frauen!«
»Tja, dann ist es ja gut. Wo ich doch eine Frau bin«, gurrte sie mit einstudiertem Augenaufschlag. »Warum setzen Sie sich nicht und machen den Champagner auf, während wir uns überlegen, auf was für Spiele Sie Lust haben.«
Er kam gerade noch zum Sofa, da gaben seine Knie nach, und er plumpste in die Polster. Er hatte das Gefühl, als schwimme sein Verstand davon – in einem Meer aus Angst, Lust, Verlegenheit. Er hatte so was noch nie getan. Zugleich erschien ihm die Situation albern.
»Hey, ich hab Sie schon mal gesehen!«, rief Lydia plötzlich aufgekratzt. »Ja, ich hab Sie sogar schon unheimlich oft gesehen! Ist mir grade erst aufgefallen!«
»Wo? Im Casino?«
»Nein! Sie erkennen mich wahrscheinlich nicht, weil ich die dämliche Uniform nicht anhabe. Ich arbeite tagsüber an der Rezeption am McCarran Airport, Sie wissen schon – am EG&G-Terminal.«
War er zuvor
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