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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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darauf?«
    Er ging nicht auf ihre Frage ein. »Kennen Sie irgendeinen?«
    »Der einzige Latino, den ich kenne, ist Ricardo, der früher unseren Hund ausgeführt hat. Ich habe keine Ahnung, ob er einen Wagen besitzt.«
    »Warum früher?«
    »Ich habe Davids Hund weggegeben. So merkwürdig es ist, aber einer der Rettungssanitäter vom Lenox Hill Hospital, der an diesem Morgen vor Ort war, hat ihn ins Herz geschlossen.«
    »Können Sie mir sagen, wo ich Ricardo erreichen kann?«, fragte Nancy.
    »Natürlich«, sagte sie herablassend.
    »Wenn Sie jemanden hatten, der Ihren Hund ausführte, warum war dann Ihr Mann an dem Morgen, an dem er umgebracht wurde, mit ihm draußen?«
    »Ricardo kam nur nachmittags, wenn wir bei der Arbeit waren. Ansonsten hat David den Hund ausgeführt.«
    »Jeden Morgen zur gleichen Zeit?«
    »Ja. Gegen fünf Uhr.«
    »Wer wusste über diese Gewohnheit Bescheid?«
    »Der Nachtportier, nehme ich an.«
    »Hatte Ihr Mann irgendwelche Feinde? Jemanden, der ihm möglicherweise den Tod wünschte?«
    »Auf keinen Fall! Ich meine, im Bankgewerbe hat jeder Widersacher, das ist normal, aber David hatte mit ganz gewöhnlichen Transaktionen zu tun, die normalerweise einvernehmlich getätigt werden. Er war ein sanftmütiger Mensch«, sagte sie, als wäre Sanftmut keine Tugend.
    »Haben Sie die E-Mail mit der aktualisierten Liste der Opfer erhalten?«
    »Ja, ich habe sie mir angesehen.«
    »Und?«
    Sie verzog das Gesicht. »Natürlich kannten weder David noch ich irgendjemanden auf dieser Liste.«
    Da hatte er es – eine Erklärung für ihre mangelnde Kooperationsbereitschaft. Abgesehen von den Unannehmlichkeiten, die sie durch den Verlust eines zuverlässigen Gatten hatte, wollte sie nicht mit dem Doomsday-Fall in Verbindung gebracht werden. Er erregte Aufsehen, entsprach aber nicht ihrem Niveau. Die meisten Opfer stammten aus der Unterschicht. Der Mord an David war schlecht für ihr Image, schlecht für ihre Karriere, ihre reichen Freunde tuschelten über sie, während sie pinkelten oder auf ihren Golfplätzen die Bälle einputteten. Irgendwie war sie vermutlich wütend auf David, weil er sich den Hals hatte aufschlitzen lassen.
    »Las Vegas«, sagte er plötzlich.
    »Las Vegas?«, konterte sie argwöhnisch.
    »Wen kannte David in Las Vegas?«
    »Er hat die gleiche Frage gestellt, als er den Poststempel sah, am Abend, bevor er ermordet wurde. Er konnte sich auf Anhieb an niemanden erinnern, und ich ebenso wenig.«
    »Wir haben versucht, von seiner Bank eine Auflistung seiner Kunden zu bekommen, aber leider erfolglos«, sagte Nancy.
    Sie wandte sich an Will. »Mit wem haben Sie gesprochen?«
    »Mit dem Büro des Generalbevollmächtigten«, sagte er.
    »Ich kenne Steve Gartner sehr gut. Wenn Sie wollen, rufe ich ihn an.«
    »Das wäre hilfreich.«
    Wills Telefon legte mit seiner unpassenden Melodie los, und er nahm das Gespräch an, ohne sich zu entschuldigen, hörte ein paar Sekunden lang zu, stand dann auf, ging zu einer Sitzecke auf der anderen Seite des Zimmers, damit er ungestört sprechen konnte, und ließ die beiden Frauen allein.
    Nancy blätterte verlegen in ihrem Notizbuch und versuchte so zu wirken, als wäre sie beschäftigt, aber neben dieser Löwin fühlte sie sich einfach nur wie ein Warzenschwein. Helen starrte lediglich auf ihre Uhr, als könnte sie diese Leute damit wegzaubern.
    Will beendete das Gespräch und kam zurück. »Ich danke Ihnen. Wir müssen los.«
    Das war’s. Ein kurzer Händedruck und raus. Kalte Blicke und keinerlei Liebenswürdigkeiten.
    Im Aufzug sagte Will: »Eine ganz Süße ist das.«
    Nancy pflichtete ihm bei. »Ein Miststück.«
    »Wir müssen nach City Island.«
    »Wieso?«
    »Opfer Nummer neun.«
    Sie hätte sich fast einen Muskel gezerrt, als sie den Kopf herumriss und zu ihm aufblickte.
    Die Aufzugtür öffnete sich zur Lobby.
    »Aber das Spiel hat sich entscheidend geändert, Partnerin. Es sieht so aus, als gäbe es kein Opfer Nummer zehn mehr. Die Polizei hält einen Verdächtigen fest, Luis Camacho, einen zweiunddreißigjährigen Latino, eins dreiundsiebzig groß, zweiundsiebzig Kilo schwer.«
    »Wirklich!«
    »Offenbar ist er Flugbegleiter. Raten Sie mal, auf welcher Strecke er fliegt.«
    »Las Vegas?«
    »Las Vegas.«

6. Julius 777 – Vectis, Britannien
    Konflux .
    Das Wort war ihm immer wieder durch den Kopf gegangen, und wenn er allein war, kam es ihm gelegentlich über die Lippen und ließ ihn erzittern. Dieses Wort, das ein Zusammentreffen höherer

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