Die Namen der Toten
gearbeitet?«
»Nein.«
»Haben Sie dort Freunde?«
»Nein.«
»Schon mal dort gewesen?«
»Ein Mal vielleicht, wegen der Fahrt mit der Fähre.«
»Wann war das?«
»Als Teenager.«
»Was für ein Auto fahren Sie?«
»Einen Civic.«
»Den beigen, der draußen steht?«
»Ja.«
»Fährt irgendeiner Ihrer Freunde oder Verwandten ein blaues Auto?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Besitzen Sie ein Paar Reebok DMX 10?«
»Sehe ich vielleicht so aus, als würde ich protzige Teenager-Sneakers anziehen?«
»Hat Sie irgendwann einmal jemand in Las Vegas gebeten, Postkarten für ihn aufzugeben?«
»Nein!«
»Sie geben aber zu, dass Sie John Pepperdine umgebracht haben.«
»Aus Notwehr, das habe ich doch schon gesagt.«
»Haben Sie sonst noch jemanden umgebracht?«
»Nein!«
»Wissen Sie, wer die anderen Opfer umgebracht hat?«
»Nein!«
Will brach die Vernehmung ab, ging Nancy suchen und stieß am oberen Treppenabsatz auf sie. Er hatte ein ungutes Gefühl, und ihre zusammengepressten Lippen bestätigten seine Befürchtungen. Sie trug Latexhandschuhe und blätterte in einem schwarzen Terminkalender für das Jahr 2008. »Probleme?«, fragte er.
»Wenn die Eintragungen hier stimmen, haben wir sogar große Probleme. Von dem heutigen Mord abgesehen, war er zum Zeitpunkt aller anderen Morde entweder in Las Vegas oder unterwegs. Ich kann es nicht fassen, Will. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Sagen Sie einfach Scheiße. Genau das sollten Sie sagen.« Müde lehnte er sich an die Wand. »Wir haben hier nämlich einen total beschissenen Fall.«
»Vielleicht sind die Einträge frisiert.«
»Wir überprüfen noch die Unterlagen der Fluglinie, aber im Grunde wissen wir beide jetzt schon, dass dieser Typ nicht der Doomsday-Killer ist.«
»Na ja, Opfer Nummer neun hat er mit Sicherheit umgebracht.«
Er nickte. »Okay, Partnerin, wir machen jetzt Folgendes.« Sie legte Luis’ Terminkalender weg und schlug ihr Notizbuch auf, um seine Anweisungen mitzuschreiben.
»Sie trinken doch nicht, oder?«
»Eigentlich nicht.«
»Gut, dann haben Sie hiermit einen Auftrag. In etwa fünf Minuten ziehen wir hier ab und machen Feierabend. Sie bringen mich zu einer Bar, reden mit mir, während ich mich betrinke, und fahren mich danach heim. Machen Sie das für mich?«
Sie sah ihn missbilligend an. »Wenn Sie das möchten.«
Will kippte seine Drinks schnell hinunter und scheuchte die Bedienung ein ums andere Mal zwischen der Sitznische und der Bar hin und her. Nancy sah ihm zu, wie er sich einen antrank, während sie verdrossen ihr kalorienarmes Ginger-Ale durch einen geknickten Strohhalm saugte. Sie saßen an einem Tisch im Harbor Restaurant, mit Blick auf die Bucht und das ruhige Wasser, das sich schwarz verfärbte, als die Sonne unterging. Will hatte das Restaurant entdeckt, bevor sie die Insel verließen, und gemurmelt: »In dem Laden gibt’s bestimmt eine Bar.«
Er war nicht so betrunken, dass er nicht mitbekam, wie unwohl sich Nancy fühlte, weil sie mit ihrem Vorgesetzten nach Feierabend einen trinken ging, einem Typ, der in der Dienststelle als Schlitzohr und Säufer galt. Sie wand sich regelrecht vor Unbehagen.
Da sie nichts sagte, vertrieb er sich selbst die Zeit und erstellte ein alkoholgetrübtes Persönlichkeitsprofil. Vermutlich kam sie sich wie eine Mitschuldige vor, weil sie ihm dabei half, sich so schnell wie möglich zuzuschütten.
Und sie stand vermutlich auf ihn. Er sah es an ihren Blicken, vor allem frühmorgens, wenn sie in sein Büro kam. Die meisten Frauen wurden bei ihm irgendwann schwach. Das war keine Angeberei, nur eine Tatsache.
Im Moment hasste sie ihn vermutlich, wollte ihn aber zugleich haben. So ging es den Frauen eben mit ihm.
Im schwachen Schein der Petroleumlampe auf dem Tisch hatte er das Gefühl, dass sich sein Körper zusammenzog und wieder weich wurde, wie eine ungebrannte Tonform, die an einem heißen Tag in der sengenden Sonne steht. Sein Gesicht erschlaffte, seine Schultern hingen herunter, und er ließ sich schwer gegen die Rückenlehne der Sitzbank aus glänzendem Kunststoff sinken.
»Sollten Sie nicht mit mir reden?«, fragte er mit schleppender Stimme. »Sie sitzen bloß da und beobachten mich.«
»Möchten Sie über den Fall reden?«, fragte sie.
»Nein, verflucht nochmal, alles, bloß das nicht.«
»Worüber dann?«
»Wie wär’s mit Baseball?«, schlug er vor. »Mögen Sie lieber die Mets oder die Yankees?«
»Ich habe eigentlich nicht viel für Sport
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