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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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vor sich, John war vollkommen aufgelöst, schluchzte, seine Haare waren ungekämmt, das Gesicht war verquollen. Wo war Luis gewesen? Mit wem war er zusammen gewesen? Warum hatte er nicht auf seine Mailbox-Nachrichten und die SMS reagiert? Warum hatte er ihn ausgerechnet gestern im Stich gelassen? Luis hatte die Tirade mit einem Achselzucken abgetan und wollte wissen, was schon groß dabei wäre, wenn er mal später käme. Durfte er nicht mal mehr nach der Arbeit mit Freunden etwas trinken gehen? Das war mehr als jämmerlich. Du hältst mich für jämmerlich?, hatte John geschrien. Dann sieh dir mal das an, du Dreckskerl! Er war in die Küche gestürmt und mit einer Postkarte zurückgekommen. Das ist eine Karte vom Doomsday-Killer, du Arschloch, mit meinem Namen und dem heutigen Datum drauf!
    Luis hatte sich die Karte angesehen und zu John gesagt, es müsse sich wohl um einen schlechten Scherz handeln. Vielleicht wollte sich der dämliche Verkäufer, den John kurz zuvor gefeuert hatte, an ihm rächen. Und überhaupt, hatte John die Polizei verständigt? Hatte er nicht. Er war zu verängstigt. Sie hatten sich noch eine Zeitlang weitergestritten, bis Luis’ Handy mit seinem schrägen »Oops I Did It Again«-Klingelton auf dem Tisch im Flur losgegangen war. John hatte sich daraufgestürzt und gebrüllt: Wer, zum Teufel, ist Phil? Das war, genau genommen, der Typ aus Sutton Place, aber Luis hatte lieber gelogen und dabei alles andere als überzeugend geklungen.
    Darauf war John, nach Aussage von Luis normalerweise ein gutmütiger Kerl, explodiert und hatte sich den Softballschläger aus Aluminium geschnappt, der schon seit zehn Jahren – seit John bei einem Spiel der Erwachsenenliga in Pelham die Achillessehne gerissen war – unbenutzt neben der Eingangstür lehnte. John hatte den Schläger wie eine Lanze geschwungen, das Griffende ein ums andere Mal gegen Luis’ Schulter gerammt und ihn wütend beschimpft. Luis hatte zurückgeschrien und ihn aufgefordert, das Ding wegzulegen. Aber John hatte ihn immer weiter traktiert, bis Luis so gereizt war, dass er sich nicht mehr beherrschen konnte. Und dann hatte er plötzlich den Schläger in den Händen gehabt, und das Zimmer war voller Blut.
    Will wurde zusehends unwohler, während er zuhörte, denn das Geständnis klang aufrichtig. Allerdings war er nicht unfehlbar. Auch er hatte sich schon täuschen lassen, und womöglich wurde er gerade jetzt ausgetrickst. Ohne abzuwarten, bis Luis aufhörte zu weinen, fragte er aggressiv: »Haben Sie David Swisher umgebracht?«
    Luis blickte erschrocken auf. Er wollte protestierend die Arme hochreißen, scheuerte sich aber nur die Haut an den Handschellen auf. »Nein!«
    »Haben Sie Elizabeth Kohler umgebracht?«
    »Nein!«
    »Haben Sie Marco Napolitano umgebracht?«
    »Stopp!« Luis wandte sich an Nancy. »Wovon redet der Typ?«
    Statt zu antworten, setzte Nancy den Beschuss fort. »Haben Sie Myles Drake umgebracht?«
    Luis hatte aufgehört zu weinen. Er schniefte und starrte sie an.
    »Haben Sie Milos Covic umgebracht?«, fragte sie.
    Dann Will: »Consuela Lopez?«
    Dann Nancy: »Ida Santiago?«
    Und Will: »Lucius Robertson?«
    Captain Murphy grinste, sichtlich beeindruckt von dem Trommelfeuer.
    Luis schüttelte hektisch den Kopf. »Nein! Nein! Nein! Nein! Sie sind verrückt. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich John umgebracht habe, aus Notwehr, aber sonst niemanden. Glauben Sie etwa, ich wäre der Doomsday-Killer? Glauben Sie das wirklich? Kommen Sie schon! Kommen Sie zur Besinnung, Mann!«
    »Okay, Luis, ich habe es gehört. Ganz ruhig. Wollen Sie einen Schluck Wasser?«, fragte Will. »Wie lange fliegen Sie schon auf der Strecke New York-Las Vegas?«
    »Seit fast vier Jahren.«
    »Haben Sie einen Terminkalender, so eine Art Fluglogbuch?«
    »Ja, ich habe einen Kalender. Er ist oben, auf der Kommode.«
    Nancy eilte davon.
    »Haben Sie jemals Postkarten aus Las Vegas abgeschickt?«, hakte Will nach.
    »Nein!«
    »Ich habe gehört, wie Sie laut und deutlich gesagt haben, dass Sie diese Leute nicht umgebracht haben, aber verraten Sie mir eins, Luis, haben Sie irgendwen davon gekannt?«
    »Natürlich nicht, Mann!«
    »Auch nicht Consuela Lopez und Ida Santiago?«
    »Was? Sollte ich sie etwa kennen, bloß weil sie lateinamerikanisch sind? Was sind Sie, dämlich oder was? Wissen Sie, wie viele Latinos es in New York gibt?«
    Will ließ nicht locker. »Haben Sie irgendwann auf Staten Island gewohnt?«
    »Nein.«
    »Schon mal dort

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