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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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übrig.«
    »Tja, dann …«
    »Tut mir leid.« Durch das Fenster sah sie die Positionslichter eines Motorboots, das schnell vorbeizog und bald außer Sicht war. Will hatte den Kopf gesenkt, er spielte mit den Eiswürfeln in seinem Glas, wirbelte sie mit dem Finger herum, und als das Glas leer war, gab er der jungen Bedienung mit seinem feuchten Finger ein Zeichen.
    Dann runzelte er die Stirn und versuchte, Nancys verschwimmende Züge klarer zu erkennen. »Sie haben keine Lust, hier rumzusitzen, oder?«
    »Nicht unbedingt.«
    Sie zuckte zusammen, als er mit dem Handballen lauter und härter auf den Tisch hieb, als es sich gehörte, sodass die anderen Gäste herumfuhren. »Ich mag Ihre Ehrlichkeit.« Er schnappte sich ein paar Nüsse und kaute darauf herum, dann wischte er sich das Salz von den fettigen Händen. »Die meisten Frauen sind nicht ehrlich zu mir, bis es dann zu spät ist.« Er schnaubte, als hätte er gerade etwas Komisches gesagt. »Okay, Partnerin, erzähl mir – es ist doch okay, wenn ich du sage, Partnerin? –, was du heute Abend gemacht hättest, wenn du nicht meinen Babysitter spielen müsstest.«
    »Ich weiß nicht genau, beim Abendessen helfen, lesen, Musik hören.« Wie zur Entschuldigung fügte sie hinzu: »Ich führe kein besonders aufregendes Leben, Will.«
    »Was liest du denn so?«
    »Ich mag Biographien. Und Romane.«
    Er tat so, als interessiere ihn das. »Ich habe früher eine Menge gelesen. Jetzt sehe ich meistens nur noch fern und trinke. Willst du wissen, was ich damit bin?«
    Sie fragte nicht.
    »Ein Mann!«, sagte er kichernd. »Ein gottverdammt typischer männlicher Homo sapiens des einundzwanzigsten Jahrhunderts!« Er stopfte sich noch ein paar Nüsse in den Mund, verschränkte herausfordernd die Arme und verzog die Lippen zu einem unverschämten Grinsen. An Nancys versteinerter Miene erkannte er, dass er zu weit gegangen war, aber das war ihm egal.
    Ihm ging es besser, wenn er sich betrank, und falls ihr das nicht passte, konnte er auch nichts daran ändern. Die Bedienung hatte ein kleines goldenes Kruzifix um den Hals hängen, das an ihren tiefen Ausschnitt schlug, als sie den nächsten Scotch vor ihm abstellte. Er warf ihr einen anzüglichen Blick zu. »Hey, möchtest du mit mir nach Hause kommen, fernsehen und etwas trinken?«
    Nancy hatte genug. »Tut mir leid, wir zahlen«, sagte sie, während die Kellnerin davontrippelte. »Will, wir gehen«, verkündete sie mit strenger Stimme. »Wir müssen nach Hause.«
    »Hab ich das nicht grade vorgeschlagen?«
    Im gleichen Moment tönte die Ode an die Freude aus seiner Jackentasche. Er fummelte eine Weile herum, bis er das Handy herausfischte. Blinzelnd betrachtete er die Anruferkennung. »Scheiße. Ich glaube, mit der sollte ich im Moment lieber nicht reden.« Er reichte Nancy das Telefon. »Es ist Helen Swisher«, flüsterte er, als könne die Anruferin bereits mithören.
    Nancy drückte auf die Sprechtaste. »Hallo, Sie sind mit dem Handy von Will Piper verbunden.«
    Will rutschte aus der Nische und wankte in Richtung Herrentoilette. Als er zurückkam, hatte Nancy die Rechnung bezahlt und wartete neben dem Tisch auf ihn. »Helen Swisher hat gerade Davids Kundenliste von seiner Bank bekommen. Er hatte doch eine Verbindung nach Las Vegas.«
    »Aha?«
    »Im Jahr 2003 hat er eine finanzielle Transaktion für eine Firma in Nevada übernommen, die Desert Life Insurance. Sein Kunde war der leitende Manager, ein gewisser Nelson Elder.«
    Will fühlte sich wie jemand, der sich auf einem sturmgeschüttelten Boot aufrecht zu halten versucht. Er schwankte etwas und sagte laut: »Na dann, okay. Ich fahre hin, ich rede mit Nelson Elder und mache den gottverdammten Killer ausfindig. Was hältst du davon?«
    »Geben Sie … Gib mir die Autoschlüssel«, befahl sie ihm so wütend, dass er es trotz seiner Betrunkenheit mitbekam.
    »Sei nicht sauer auf mich«, bat er. »Ich bin dein Partner!«
    Draußen auf dem Parkplatz schlugen ihnen der salzige Wind und der durchdringende Geruch des bei Ebbe trocken liegenden Küstenstreifens entgegen. Normalerweise hätte sie diese herbe Mischung genossen und befreit durchgeatmet, aber jetzt fühlte sie sich eher, als säße sie in einem dunklen Loch, während ihr Partner hinter ihr herschlurfte wie Frankensteins Monster und betrunken vor sich hin murmelte.
    »Auf nach Las Vegas, Baby, auf nach Las Vegas.«

17. September 782 – Vectis, Britannien
    Es war Erntezeit, vielleicht Josephus’ liebste Jahreszeit,

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