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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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laut, obwohl er allein war. Einer nach dem anderen suchte Florida und die Golfküste heim und ruinierte ihm die Gewinne. Seine Rücklagen, die Gelder, die für künftige Ansprüche zur Verfügung standen, sanken auf einen besorgniserregenden Stand. Die Aufsichtsbehörden von Staat und Bund nahmen es zur Kenntnis, desgleichen die Wall Street. Elders Aktienwerte stürzten ab, und er fühlte sich, als wäre er mit seinem Leben direkt in Dantes Inferno gelandet.
    Bert Myers, das Finanzgenie, sollte der Retter sein.
    Myers war kein Versicherungsmann, sondern früher Investmentbanker gewesen. Elder hatte ihn vor ein paar Jahren geholt, damit er ihm bei ihrer Übernahmestrategie half. Was Unternehmensfinanzierung anging, war er ein absolutes Ass, einer der cleversten Jungs an der Wall Street.
    Angesichts der schwindenden Gewinne hatte Myers einen Plan ausgearbeitet. Auf Mutter Natur und all die Schadensersatzansprüche, die Versicherte bei der Firma geltend machten, hatte er keinen Einfluss, doch er konnte die Investitionserträge von Desert Life steigern, indem er ein bisschen »die Grenze überschritt«, wie er es formulierte. Die Aufsichtsbehörden – von ihrer eigenen Firmensatzung ganz zu schweigen – erlegten ihnen strenge Beschränkungen auf, was die Investitionen anging, die sie tätigen durften. Es waren zumeist risikoarme Anlagen mit niedrigem Ertrag auf dem Bondmarkt und konservative Investitionen in Hypotheken, Verbraucherdarlehen und Immobilien.
    Sie durften also mit ihren kostbaren Rücklagen eigentlich nicht spekulieren. Aber Myers hatte einen Hedgefonds in Connecticut entdeckt, der von ein paar Mathematikgenies geleitet wurde, die auf internationale Währungsschwankungen spekulierten und damit riesige Gewinne eingefahren hatten. Der Fonds, International Advisory Partners, kurz IAP, war von der Risikoeinschätzung her unberechenbar, sodass eine Investition für eine Firma wie Desert Life normalerweise nicht in Frage kam. Aber sobald Elder den Plan abgesegnet hatte, arrangierte Myers pro forma eine Immobilienpartnerschaft, die vorgeblich das Risikoprofil von Desert Life einhielt, überwies mehr als eine Milliarde Dollar Rücklagen an IAP und hoffte auf hohe Erträge, mit denen sie ihre Gewinnfeststellungen aufpolieren würden.
    Aber Myers’ Timing war nicht gut. IAP spekulierte mit der Geldspritze von Desert Life darauf, dass der Yen im Verhältnis zum Dollar fallen werde – doch der japanische Finanzminister gab prompt eine gegenteilige Erklärung zur japanischen Währungspolitik ab und verdarb damit die ganze Sache.
    Im ersten Quartal büßten sie 14 Prozent ihrer Investition ein. Die Jungs von IAP bestanden darauf, dass dies eine Anomalie sei und ihre Strategie verlässlich. Myers müsste nur durchhalten, dann würde alles bestens laufen. Also klammerten sie sich an diese Hoffnung, wenn sie auch manchmal mitten in der Nacht schweißgebadet aufwachten – und das lag nicht an der Hitze der Wüste.
    Elder hatte beschlossen, sich an diesem Sonntagmorgen weit entfernt von seinem Büro mit Benedict zu treffen, damit die Sache nicht auffiel. Er entschied sich für eine einfache Waffle-House-Filiale im Norden von Las Vegas, in der er höchstwahrscheinlich weder Mitarbeitern noch Freunden begegnen würde. Und so saß er in einer weißen Popelin-Golfhose und einem dünnen orangefarbenen Kaschmirpulli in einer Nische und wartete, während ihm der Geruch von Ahornsirup in die Nase stieg. Er wusste nicht mehr genau, wie der Mann aussah, deshalb musterte er jeden Gast, der das Lokal betrat.
    Mark kam ein paar Minuten zu spät, eine unscheinbare Gestalt in Jeans und mit Lakers-Kappe. In der Hand hielt er einen braunen Briefumschlag. Er entdeckte Elder, straffte sich und ging zu der Nische. Elder stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. »Hallo, Peter, schön, Sie wiederzusehen.«
    Mark fühlte sich unbehaglich. Mit einem Mann wie Elder musste man zunächst ein bisschen zwanglos plaudern, aber darin war er nicht gut. Black Jack war ihre einzige Gemeinsamkeit, deshalb redete Elder ein paar Minuten über Kartenspiele, bevor er vorschlug, dass sie sich etwas zum Frühstück bestellen sollten. Mark wurde durch ein Ziehen in seiner Brust abgelenkt. War das womöglich ein Anzeichen einer ernsthaften Krankheit? Er trank Eiswasser und versuchte möglichst ruhig zu atmen, doch sein Herz raste weiter. Sollte er aufstehen und gehen?
    Aber dazu war es zu spät.
    Schließlich endete der obligatorische Smalltalk, und Elder kam

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