Die Namensvetterin: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
war, weil die ist halt bei der Presse gut angekommen. Nie auf den Mund gefallen und immer zu einem Flirt aufgelegt. Stony wusste, dass die meisten nicht der intellektuelle Hintergrund interessierte … außer natürlich solche sich selbst so ernst nehmende Kunstblätter … aber dass die meisten eben mehr die Geschichten rundherum interessieren. Seitenblicke, dann bekommst du die Bude voll.«
Maria fing an, ihre ›Ham and Eggs‹ zu verschlingen. Sie hatte einen unglaublichen Hunger. Logisch, nach der vielen Bewegung der letzten Nacht. Sie unterdrückte ein Grinsen, sonst kam Gerry vielleicht wieder auf die Idee, sie nach ihrem Nachtprogramm zu fragen. Nach der Hälfte der Portion war sie wieder für den Fall zugänglich.
»Weißt du, Schorsch, so wie du mir die beiden schilderst, ist es für mich ein Wunder, dass sie überhaupt so lange zusammengearbeitet haben.«
»Naja, ich war jetzt vielleicht etwas pointiert. Die zwei waren schon Freundinnen. Aber eben sehr gegensätzliche. Das soll öfters vorkommen, dass sich Gegensätze anziehen. Hat dem Programm gut getan. Sie hatten ein breites Spektrum. Und mit ein bisschen Toleranz geht alles.«
»Die Guthaus macht morgen, Blödsinn, natürlich heute, heute ist ja schon Sonntag, also sie macht für die Stein eine Matinee.«
»Ich weiß, ich bin dort.«
»Ist das nicht eigenartig? Ich meine, so schnell?«
»So radikal Stony … in ihrer Lebensführung war, so radikal ist Maria bei ihren Entscheidungen. Ich denke, sie will das Kapitel abschließen, also macht sie es gleich. Und hofft, damit ihre Trauer zu verringern. Und ihre Einsamkeit. Sie wird ohne Stony furchtbar alleine sein. Kein Schatten ohne Licht.«
Maria wischte mit dem Brot den Teller zusammen und krümelte den Rest des Baguettes zu kleinen Kügelchen. Jetzt hatte sie so viel erfahren und wusste weniger als zuvor.
Maria und Dornhelm standen auf dem Gehsteig vor dem kleinen Theater und rauchten schweigend ihre Zigaretten. Nach einer kalten Dusche und ein paar Turnübungen fühlte sich Maria wieder so frisch wie nach einem guten Acht-Stunden-Schlaf. Erstaunlich. Sie hatte nicht gedacht, seitdem sie seit ein paar Jahren doch spürte, dass sie über dreißig war, ja, sie hatte nicht gedacht, dass sie je wieder einmal so locker eine Nacht durchmachen würde. Dornhelm hingegen wirkte wie von einem schlechten Maskenbildner malträtiert. Tiefe Ringe unter den Augen, die sattsam oft angesprochene graue Gesichtsfarbe – erstaunlich, dass das möglich war, anscheinend pulsierte im Gesicht kein Blut, was natürlich Blödsinn war. Maria nahm sich vor, einmal Josef danach zu fragen. Ja, und sogar Dornhelms Anzug vermittelte den Eindruck, als wäre er noch verschlafen. Das Klischee eines Mannes in Trauer.
»Herr Dornhelm, sind Sie sicher, dass Sie das heute da durchstehen?«
»Unter Menschen geht es besser als daheim. Furchtbar, als ich gestern in die Wohnung zurückkam. Ich dachte, ich muss sie … verbrennen. Vielleicht vertreibt der Rauch den Geruch von Babe aus meiner Nase.«
»Vielleicht sollten Sie auf Urlaub fahren.«
»Damit ich mir bei jedem Sonnenuntergang sage, sie würde jetzt in diesem Licht das Gesicht einer Göttin haben? – Nein, ich muss arbeiten. Mir einen strengen Tagesablauf geben. Das war das einzig Gute im Gefängnis. Ich danke Ihnen nochmals.«
»Danken Sie Herrn Roth. Er hat gestern Vormittag telefoniert, bis sein Ohr geglüht hat. Und es ist auch nur ausnahmsweise gelungen, weil die Richterin Ihre Geschichte in den Gazetten gelesen hat und davon ganz … gerührt … war … es tut mir Leid.«
»Ist schon in Ordnung. Liebesgeschichten sind meist für die anderen schöner als für die Betroffenen selbst. Oder glauben Sie, dass Romeo und Julia ihr Schicksal genossen haben? Und trotzdem lieben Millionen von Menschen die Geschichte.«
»Ist ja auch nur eine Geschichte.«
»Die schon oftmals von der Realität eingeholt worden ist. Apropos: Welche Spur verfolgen Sie derzeit?«
»Nun ja, wir suchen einen kleinen, schmächtigen Mann mit blonden, langen Haaren. Er wurde gesehen.«
»Von wem? Ich meine, es war doch niemand dabei, oder?«
Dornhelm schaffte es sogar, zu lachen. Maria war das alles sehr unangenehm. Dornhelm wusste also anscheinend nichts von diesem Agreement zwischen der Stein und dem Moser. Sie fand das gegenüber Dornhelm eigentlich nicht fair. Er als ihr zukünftiger Mann hätte das schon wissen sollen.
»Nun ja, ein Bekannter von Frau Stein hatte das Appartement
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