Die Namensvetterin: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
weiß, gibt es da doch nicht so sonderliche Unterschiede …«
»Die Männer. Sie wusste, welche Männer wann in welche Clubs gingen. Und sie wusste, wann wo am meisten los war. Und soviel ich weiß, gab es in einem einen großen Swimmingpool, dafür konnte man in einem anderen zuerst angezogen bleiben …«
»Na, Madame, Sie sind aber auch ganz gut informiert.«
Die Guthaus wandte sich Phillip kalt zu.
»Sie wollten Informationen, ich habe sie Ihnen gegeben.«
»Und Sie haben sich nie einmal ein bissel Vergnügen gegönnt? So mit der Freundin, das wäre doch ganz nett gewesen …«
»Es gibt solche Menschen und solche. Und außerdem wüsste ich nicht, was Sie das angehen würde.«
»Verzeihen Sie den etwas direkten Ton meines Kollegen. Aber … haben Sie nicht wirklich einmal … natürlich zufällig … den bewussten Mann gesehen?«
»Das hätte ich Ihnen gesagt. Kann ich jetzt gehen?«
»Ja, natürlich. Liebe Frau … Berger, wir danken Ihnen sehr für diese Informationen.«
Grußlos öffnete die Guthaus die Tür und ging hinaus. Maria zündete sich eine Zigarette an, Phillip tat es ihr nach. Maria bildete einen Rauchkringel, durch den sie Phillip fixierte. Dieser hielt tapfer ihrem Blick stand. Sie wusste, er fühlte sich schuldig, ohne sich tief in seinem Innern wirklich schuldig zu fühlen, und er würde seine Verbalattacken bis in den Tod verteidigen, bevor er ihr gegenüber auch nur einen Zentimeter nachgeben würde. Die richtige Zeit, einiges klarzustellen.
»Na, bad boy …«
»Sie war verlogen. Irgendwie hat sie uns nicht ganz die Wahrheit gesagt …«
»Sie sagen uns nie die Wahrheit. Zwar weiß ich nicht, warum, denn es kann immer nur einer der Mörder sein – zumindest ist es meistens so –, aber irgendwie kommt es mir vor, als würden sie sich immer alle irgendwie mitschuldig fühlen und irgendwie versuchen, sich selbst möglichst gut darzustellen.«
»Eine Irgendwie-Sache, sozusagen, unsere Arbeit.«
Marias Gesichtsausdruck blieb nach wie vor stoisch.
»Ja, irgendwie müssen wir den einzig wirklich Schuldigen finden. Und dazu müssen wir alle Tricks anwenden. Einer davon ist Provokation, ein anderer freundliche Anteilnahme.«
Phillip sah Maria forschend an.
»Bad boy, good girl.«
Sie nickten einander zu, langsam, sinnierend, dann grinsend.
»Es ist okay, wenn Sie sich immer absichern. Ich mache es zu wenig.«
»Es ist okay, wenn Sie ohne zu denken vorpreschen. Ich mache es zu wenig.«
Phillip stand lächelnd auf und gab Maria einen Handkuss.
»Chef, was liegt an?«
Maria wurde warm. Phillips Augen hatten die Farbe von heißer Schokolade. Ihr Mund, nein, ihr ganzes Gesicht lächelte.
»Ein Kaffee. Und dann Lust.«
»Also doch ›Orient‹?«
»Besser. Das ›Paradies‹.«
Auf der Donau glitzerten die Sonnenstrahlen. Maria reckte den Kopf und sah ein kleines Boot in Richtung Innenstadt schaukeln. Sie verfolgte es in aller Ruhe, denn sie standen auf der Nordbrücke, die in die Außenbezirke jenseits der Donau führte, im Stau. Ein Unfall. Phillip nutzte die Zeit, um mit einem Freund am Handy eine gemeinsame Bekannte durchzuhecheln. Maria versuchte, ihn zu ignorieren und den Fall durchzudenken. Doch eigentlich wollte sie sich jetzt viel lieber in die Sonne legen, als in dunkle Keller steigen. Außerdem war sie irgendwie aufgewühlt. Und sie verstand nicht, warum. In ihrem Beruf hatte sie genug mit der so genannten Halbwelt zu tun. Auch mit der Unterwelt. Und Sex war sowieso ein alltägliches Thema. Neben der Machtgier war es das zweite große Motiv für Morde. Betriebsunfälle bei Nutten. Vergewaltigungen mit letalem Ausgang. Sexuelle Abhängigkeit mit Eifersuchtsdrama. Die Puffs von Wien kannte sie in- und auswendig. Zuhälter waren so was von überhaupt kein Problem für sie. Doch warum hatte sie so ein seltsames Ziehen in der Brust, seitdem die Guthaus von den Swinger-Clubs erzählt hatte? Sie hatte sich von der Sitte alle einschlägigen Adressen geben lassen und festgestellt, dass es in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung zwei solcher Clubs gab. Unwillkürlich dachte sie an ihre Nachbarn und überlegte, ob diese wohl solche – Etablissements aufsuchten. Ja, wahrscheinlich war es das. Bordelle und Nachtclubs waren irgendwie eine andere Welt. Doch in Swinger-Clubs gingen Leute, die tagsüber brav als Bankangestellte oder Sekretärinnen arbeiteten. Also Leute wie sie selbst. Die allerdings ausschweifenden Sex hatten. Einfach um der puren Lust willen. Maria
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