Die Namensvetterin: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Schönschreiben.«
»Naja, das verstehe ich. Meine Schrift ist auch unleserlich.«
Phillip warf ihr einen unsicheren und bewusst unmerklichen Seitenblick zu. Sie ignorierte ihn. Es machte Maria Spaß, Phillip im Ungewissen zu lassen, ob sie nun seine Nachlässigkeit verurteilte oder nicht. Und – was sie selbst am meisten überraschte – sie tat es nicht. Warum eigentlich? Sie gingen im Gleichschritt. Harmonie. Ja, das war es gewesen. Keine Show. Er war mit dieser alten Dame überraschenderweise wirklich in Harmonie gewesen. Das hätte sie diesem Macho gar nicht zugetraut. Maria wollte es nicht, doch sie konnte sich nicht dagegen wehren: Sie fand Phillip das erste Mal wirklich nett. Und dazu trug sicher auch seine Unsicherheit bei.
»Also war es doch der Dornhelm, dieses Weichei. Ich sag’s ja, man muss die Frauen an die Kandare nehmen. Dann braucht man sie nicht umbringen.«
Okay, Maria hatte sich geirrt. Doch mit seiner Schnodderigkeit und seiner Unflätigkeit konnte sie inzwischen besser umgehen.
»Das wissen wir noch nicht. Er war bei ihr. Gut. Er hat uns angelogen. Gut. Aber so blöd, dass er glaubt, dass wir das nicht herausfinden, kann er doch nicht sein.«
»Chef … der Typ war besoffen!«
»Das spricht für ihn und gegen ihn.«
Phillip überquerte die Straße, ohne zu schauen. Ein Mopedfahrer musste ihm ausweichen und schlingerte laut schimpfend weiter. Doch Phillip ignorierte ihn nicht einmal.
»Macht ihn sein Sentiment-Getue unschuldig?«
»Eher sein Knackarsch.«
Phillip blieb abrupt stehen und japste förmlich nach Luft. Es fiel ihm nichts ein. Maria triumphierte. Sie hatte ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen.
»Wie auch immer … eines ist klar, und da haben Sie völlig Recht: Er hat sich verdächtig gemacht. Wir werden ihn einmal genau unter die Lupe nehmen.«
»Ich bestelle ihn ins Präsidium.«
»Nein, schauen Sie zuerst, ob die Guthaus schon aufgewacht ist. Zuerst so viele Informationen wie möglich sammeln und dann den Täter einkreisen, das ist immer noch die beste Methode. Wenn er wirklich schuldig ist, soll er sich ruhig einmal in Sicherheit wiegen und uns für blöd halten.«
»Okay.«
Sie trabten weiter und erreichten den Wagen. Phillip schloss ihr die Tür auf. Sie hatte noch nie einen so unstimmigen Mann erlebt. Er konnte charmant sein wie James Bond und ein Prolet wie der Mundl Sackbauer. Als er schon die Tür in der Hand hielt, wandte sie sich ihm noch einmal zu.
»Übrigens: Das ›Jahrhundertbeisl‹ ist okay. Ich liebe nämlich Schnitzel.«
»Gell, die sind geil. Aber haben Sie schon das Cordon bleu probiert? Der komplette Wahnsinn!«
»Ich werde es heute Abend probieren. Es war mir bisher immer zu viel.«
»Ich esse den Rest. – Na, ich lad sie sowieso ein.«
Maria setzte an, die übliche Entgegnung anzubringen. Doch dann lächelte sie Phillip an und setzte sich in den Wagen. Mit einem koketten Hochheben der Augenbrauen schenkte sie ihm einen letzten Blick durch den Spalt.
»It’s your time.«
Rumms. Was tat sie da bloß? Sie rief sich ins Gedächtnis, dass ihr Phillip eigentlich unsympathisch war.
»Ich hoffe, Sie essen nicht zu viel, damit mir auch noch etwas bleibt.«
»Die Panier.«
»Auch gut.«
Rumms die Zweite.
»Ins Präsidium, gnädige Frau?«
»Wohin sonst?«
»So nett, wie Sie momentan sind, dachte ich mir, wir nutzen die Gunst der Stunde und schauen im ›Orient‹ vorbei.«
»Dabei würden Sie sich übernehmen. Ein paar Stunden reichen bei mir nicht aus.«
»Dass Sie sich da nur nicht irren.«
Phillip startete das Auto. Maria schaltete das Radio ein und summte den Rest der Strecke die Songs mit. Phillip schien in den Verkehr verliebt zu sein.
Die Guthaus saß bereits im Büro. Klassisch, mit dunkler Brille und schwarzem Kostüm. Wieder ein Filmausschnitt. Maria hatte schon oft mit Künstlern zu tun gehabt, aber keiner von denen hatte sich so – so erwartungsgemäß und gleichzeitig so seltsam benommen wie die Beteiligten an diesem Mordfall.
»Was für eine Überraschung. Wir wollten Sie gerade anrufen.«
»Mein Mann hat mir gesagt, dass ich mich bei Ihnen melden soll. Ich wollte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen. – Ich will ein paar Tage verreisen. Die Journalisten … Sie verstehen.«
Maria und Phillip waren wie angewurzelt bei der Tür stehen geblieben. Nun löste sich ihre Verwunderung. Maria reichte der Guthaus die Hand.
»Fein, Frau Guthaus … oder wollen Sie mit Berger angesprochen
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