Die Nanny und der Traummann
Sonntag und ein freies Wochenende pro Monat waren wirklich nicht viel Zeit, um sich zu erholen. Ob er besser zwei Nannys hätte einstellen sollen? „Sind Sie sicher, dass Ihnen das auf Dauer nicht zu viel wird?“
„Sie meinen, auf die Zwillinge aufzupassen?“
„Ja. Immerhin haben Sie Ihr Privatleben damit so gut wie aufgegeben.“
„Das habe ich schon, als mein Vater so krank wurde, dass er nicht mehr alleine zurechtkam. Tagsüber hat sich ein Pfleger um ihn gekümmert, aber sobald ich abends aus dem Krankenhaus zurückkam, habe ich übernommen.“
„Jeden Tag? Klingt ziemlich teuer.“
Sie nickte. „Das war es auch. Seine Ersparnisse waren schon nach ein paar Monaten aufgebraucht. Aber ich wollte ihn nicht in ein Pflegeheim stecken. Ich bin bei ihm geblieben, so lange ich konnte. Irgendwann ging es aber leider nicht mehr anders.“
„Und wann hatten Sie mal Zeit für sich? Zum Ausgehen und Spaß haben?“
„Ich bin immer schon eher ein Stubenhocker gewesen.“
„Und was ist mit Beziehungen?“
Das missbilligende Zucken ihrer Brauen verriet ihm, dass ihr Liebeslieben ein schwieriges Thema war. Und ihn außerdem nichts anging. Vielleicht hielt sie seine Frage auch für eine besonders schlechte Anmache.
„Sagen Sie es ruhig, wenn ich zu neugierig bin“, sagte er.
„Nein, nein, schon okay. Im Augenblick ist einfach nur alles ein bisschen kompliziert. Es ist so viel passiert, dass ich gar nicht in der Lage wäre, eine funktionierende Beziehung zu führen.“ Sie warf ihm einen Blick zu. „Für jemanden wie Sie ist das vermutlich schwer zu verstehen.“
„Sie meinen, für jemanden mit so losen Moralvorstellungen?“
Ihr Blick wurde schreckerfüllt. „Nein, so habe ich das nicht …“
„Schon in Ordnung“, unterbrach er sie lachend. „Vor ein paar Wochen hätte ich Sie vermutlich wirklich nicht verstanden.“ Seine Frauengeschichten und die langen Partynächte waren ein so zentraler Bestandteil seines Lebens gewesen, dass er es kaum einen Abend zu Hause ausgehalten hatte. Doch seit dem Unfall seines Bruders kamen ihm auf einmal ganz andere Dinge im Leben wichtig vor. „Prioritäten ändern sich“, fügte er nachdenklich hinzu.
Sie nickte. „Das kann man wohl sagen. Manchmal findet man sich ohne eigenes Zutun in Situationen wieder, die das ganze Leben auf den Kopf stellen. Und dann geht es plötzlich nicht mehr darum, was man selbst will, sondern darum, was gut für andere ist. Für die Menschen, die man liebt.“
Er fragte sich, ob sie gerade wirklich nur über ihren Vater sprach. „Ich weiß genau, was Sie meinen.“
„Sie lieben sie wirklich, oder?“, fragte sie.
„Die Zwillinge?“ Er lächelte. „Klar, wie könnte ich nicht? Ich hatte mir mein Leben zwar anders vorgestellt, aber jetzt, wo sie da sind, will ich gut für sie sorgen. Das ist das Mindeste, was ich Ash schulde nach allem, was er nach dem Tod unserer Eltern für mich getan hat. Aber es gibt eine Menge Leute, die finden, dass ich die Kinder nicht hätte zu mir nehmen sollen. Unter anderem auch ihre biologische Mutter.“
„Wie meinen Sie das?“
„Kurz nach dem Unfall hat ihr Anwalt meinen kontaktiert. Offenbar hatte sie in den Nachrichten gehört, was passiert ist, und wollte die Mädchen zurückhaben. Wahrscheinlich dachte sie, dass ich einen grauenhaften Vater abgeben würde.“
„Und haben Sie es jemals in Erwägung gezogen?“
„Keine Sekunde. Und selbst, wenn ich mir nicht zugetraut hätte, alleine mit den Zwillingen zurechtzukommen – warum hätte ich sie ausgerechnet zu jemandem geben sollen, der sie von Anfang an nicht haben wollte?“
Wieder zuckten ihre Brauen. „Vielleicht wollte sie sie ja behalten, konnte es aber einfach nicht. Vielleicht dachte sie, dass es besser für die Kinder wäre, wenn sie bei jemand anderem aufwachsen.“
„Und dann hat sie innerhalb von fünf Monaten ihre Meinung geändert? Und bildet sich ein, dass sie den Kindern plötzlich mehr zu bieten hat als ich? Bei mir wird es den Mädchen niemals an etwas mangeln. Sie bekommen alles, was sie brauchen, und mehr als das. Kleidung, eine gute Ausbildung, ein sicheres Zuhause.“
„Dann glauben Sie also, nur weil sie nicht reich ist, wäre sie automatisch eine schlechte Mutter?“, konterte sie scharf.
Für jemanden, der die leibliche Mutter der Zwillinge nicht einmal kannte, ging sie ganz schön auf die Barrikaden. „Ich weiß ja noch nicht einmal, ob wirklich Geld der Grund war, aus dem sie die Kinder zur Adoption
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