Die Nanokriege - Die Sturmflut
Herrgott, das war schlimm.
»Ich habe vorher noch nie jemanden getötet«, sagte Megan und lehnte sich plötzlich an ihn.
»Töten ist ein wenig wie Sex«, sagte Herzer sanft. »Man erinnert sich immer an das erste Mal. Später verschwimmt das ein wenig.« Er hielt inne und schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, wenn …«
»Ich hoffe, ich komme nie an einen Punkt, wo es verschwimmt«, sagte Megan, lehnte sich wieder an ihn und blickte zu ihm auf. »Aber ich bin froh, dass es gute Leute gibt, die das, wenn nötig, erledigen können.«
»Gut ist ein relativer Begriff, Ma’am«, meinte er achselzuckend.
»Ich habe dir doch gesagt, mich Megan zu nennen«, sagte Megan und musterte dabei sein Gesicht. Er war halb von ihr abgewandt, sah zu dem näher kommenden Schiff hinüber.
»Gut ist ein relativer Begriff … Megan«, wiederholte er. Sie konnte sehen, wie seine Kinnmuskeln arbeiteten. »Die meisten Soldaten, die sich gut darauf verstehen, sind eiskalte Mistkerle. Und zu dieser Kategorie zähle ich mich und Herzog Edmund mit Freuden.«
»Dann wirst du für den Augenblick mein eiskalter Mistkerl sein«, sagte Megan und lachte plötzlich. »Danke, dass du gekommen bist, um uns abzuholen. Wozu die Drachen? «
»Die sind für die Truppen des Neuen Aufbruchs in der Nähe, Me… Megan«, sagte Herzer und gab dem Steuermann ein Zeichen. »Falls es zum Kampf gekommen wäre, wollte ich meine Drachen in der Luft haben. Wir hätten dich übrigens als Letzte an Bord gehen lassen sollen. Auf die Weise wärst du als Erste ausgestiegen. So müssen wir ein wenig improvisieren.«
»Deine Drachen?«, fragte Megan.
»Eigentlich von Commander Gramlich«, sagte Herzer und blickte ein wenig verstimmt auf die Frauen, die verhinderten, dass sie als Erste ausstieg. »Ich bin Erster Offizier des Drachenkontingents.«
»Ich dachte, du wärst ein Blood Lord?«, meinte Megan etwas verwundert, als das Boot an einer schwimmenden Plattform längsseits ging. Eine Art Treppe führte zum Hauptdeck des Schiffs, wo sie eine Gruppe in Zweierreihe angetretene Matrosen sehen konnte.
»O ja, der bin ich«, sagte Herzer, immer noch mit gefurchter Stirn. »Aber Blood Lord ist eher ein Gemütszustand als eine Stellenbeschreibung. Im Augenblick bin ich der Erste Offizier des Drachenkontingents. Ma’am, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich etwas persönlich werde und dich einfach hinaushebe? So geht das am einfachsten.«
»Ist mir recht«, sagte Megan und stand vorsichtig in dem schwankenden Boot auf. Jetzt, wo sie darüber nachdachte,
wurde ihr klar, dass ein Teil ihres Unwohlseins darauf zurückzuführen sein musste, dass ihr übel war. Sie konnte nur hoffen, dass sie sich nicht plötzlich vor allen übergeben musste.
Herzer legte seine Hand und die Prothese um ihre Hüfte und hob sie über die Bootswand auf die kleine Plattform, als wäre sie eine Feder. Während er das tat, arbeitete sich der Leibwächter an ein paar Matrosen vorbei und bezog hinter ihr Posten.
»Ladys, wenn ihr bitte vorne aussteigen würdet«, bat Herzer und wies auf die Plattform.
27
Bast ging mit Mirta und einer der anderen Frauen an Bord des letzten Bootes. Sie versetzte der Näherin einen Klaps auf den Arm und schüttelte den Kopf.
»Ich kann’s einfach nicht glauben, dass Paul Bowman so dumm war, dich für so ein harmloses, süßes, junges Ding zu halten«, sagte Bast und grinste.
»Ich verstehe mich so gut wie du auf dieses Spiel, du Greisin«, gab Mirta zurück. »Übrigens, hast du Megan gesehen? Die sah aus, als ob ihr jemand mit dem Ruder einen Schlag zwischen die Augen versetzt hätte.«
»Bei Herzer war’s genauso schlimm«, meinte Bast und schüttelte den Kopf. »Das ist genau wie damals, als Edmund Daneh zum ersten Mal sah. Sheida war für ihn bloß Zeitvertreib gewesen, aber ihre Schwester, huh! Ich werde mir einen neuen Lover ziehen müssen.«
»Die geben sich beide alle Mühe so zu tun, als ob keiner etwas bemerken würde«, sagte das andere Mädchen.
»Bast, das ist Ashly«, sagte Mirta, deren Mundwinkel dabei arbeiteten. »Wir hatten unsere Meinungsverschiedenheiten, aber im Augenblick herrscht zwischen uns beiden so etwas wie Waffenstillstand.«
»Die ganze Welt ist verrückt«, verkündete Bast. »Wusstet ihr das eigentlich?«
»Das ist einfach verrückt«, murmelte Rachel müde.
Sie war immer noch die einzige Ärztin in dem Lazarett,
und je näher die feindliche Flotte kam, umso höher war die Verletztenrate gestiegen. Sie hatte sich
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