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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Stricke reißen sollten, schoß die Hand von Doz Ysher aus einem Schiebefenster in der Wand, schnappte sich das Geldstück und war sofort wieder verschwunden. Der Buchmacher setzte wahllos auf irgendein Pferd (Zaghafter Zelter hieß die Mähre) und warf die Münze in eine große Kiste. Schlösser und Schlüssel schepperten, und das Geld war diebstahlsicher verwahrt.
    Doz Ysher kritzelte fix etwas auf einen Pergamentfetzen und warf ihn durch das Schaltergitter. In diesem Moment flog die Tür auf, und ein Mann – Schlagstock, Latzhose, Rollkragenpulli – zwängte sich in den Raum. Gefolgt von fünfzehn ganz ähnlich ausstaffierten Schlägern.
    »Tag, allerseits!« zwitscherte Überwachtmeister Strappado und stelzte auf den Schalter zu. Doz Ysher schwitzte noch heftiger, die Tippgemeinschaft löste sich augenblicklich auf.
    »Reine Routine, mein Besuch. Keine Angst«, knurrte Strappado drohend. »Dachte mir, ich schau einfach mal vorbei. Wollte mich nur mal informieren, wie’s so läuft. Alles ruhig und friedlich, soweit?« Er schenkte Doz Ysher ein freudloses Grinsen.
    »Aber ja doch … Alles ruhig … Ganz prima!«
    »Ausgezeichnet! Und wie steht’s mit Raub, Mord, unbefugtem Totschlag – mal was gehört in letzter Zeit?«
    »Ü … überhaupt nichts.« Doz Ysher schluckte und versuchte, die schwere Kiste mit der Aufschrift ›Einnahmen‹ zu verstecken.
    »Habt ihr gehört, Jungs?« brüllte Strappado seinen Männern zu. »Alles Friede, Freude, Eierkuchen!« Dann fuhr er herum und bedachte den Buchmacher mit einem Blick, der ihm durch Mark und Bein ging. »Und warum glaubst du, ist das so, hä? Warum läuft hier alles so prima, hmmm?«
    »W … w … weil Sie eine gro … großartige Arbeit leisten. Sie und Ihre … Ihre Jungs! Ja?« stotterte der Buchmacher in panischer Angst.
    »Genau!« sagte Strappado. »Ich und meine Jungs, wir sorgen dafür, daß alles so läuft, wie’s läuft. Wir sorgen unermüdlich für Ruhe und Ordnung auf den Straßen, bringen jeden hinter Gitter, der mir nicht gefällt, halten die Stadt von unerwünschten Elementen frei! Alles immens teure, hochqualifizierte Arbeit das! Meinst du nicht auch?«
    »K … kann mir vorstellen, daß Sie dabei eine Menge Stiefelleder durchlatschen, oder?«
    »Tonnen. Tonnen! Weil meine Jungs … Also ich sachma: Wenn die stiefeln, dann stiefeln die aber auch! Weißt du eigentlich, was Stiefelleder heutzutage kostet?« knurrte Strappado. »Das geht ins Geld!«
    »Hä … hätt ich auch gedacht.«
    »Wie wär’s? Willst du mal einen Tip abgeben, wie teuer so was ist? Vernünftiges Schuhwerk für eine komplette Einheit: Was darf das kosten? Sagen wir mal pro Monat?«
    »Äh … ich … ich will da lieber erst gar nicht spekulier … Wüüürrrg!«
    Blitzartig hatte Strappado die Hand durchs Gitter gesteckt und packte Doz Ysher an der Gurgel. »Das war leider die falsche Antwort«, knurrte er. »Versuch’s noch mal!«
    »Würrrg, zwanzig …«, krächzte Doz Ysher.
    Strappado hob jetzt die linke Hand.
    »Drei … grääächz … ßig?«
    »Ts, ts, ts«, machte Strappado und schüttelte den Kopf. »Für fünfzehn Mann! Zähl doch mal! Burschen wie die, die Sicherheit auf höchstem Niveau garantieren – da liegen die laufenden Kosten schon ein wenig höher als zwei Silbergroschen pro Kopf!«
    »Hundert?«
    »Schon besser.« Strappado drückte mit der rechten Hand zu. Kurz und aufmunternd.
    »Hundertfünfzzziiiiii …«, fiepste Doz Ysher und verfärbte sich besorgniserregend blau.
    »Zweihundert pro Monat! Richtig geraten!« brüllte Strappado, um das Gekeuche zu übertönen. Und dann fragte er: »Was? Wie war das?« Er gab sich den Anschein, als horche er auf das heisere Wispern, das der Buchmacher von sich gab, agierte wie ein Amateurpuppenspieler, der abwechselnd lauscht und dann mit gespielter Verwunderung auf die von ihm selbst gestellten Fragen antwortet. »O nein, das kann ich unmöglich annehmen!« Er grinste. »Sehr großzügig von Ihnen, aber … Ach, Sie bestehen drauf? … Ja, also … Und ich würd Ihnen damit eine außerordentlich große Freude machen, meinen Sie? … Also gut, wenn Sie unbedingt wollen: Im Namen meiner Jungs und in meinem gleichermaßen nehme ich die zweihundert Silbergroschen, die Sie uns zum Zeichen der Würdigung der von uns geleisteten, hervorragenden Arbeit spenden wollen, dankend an! Her damit!«
    Wachtmeister Ryffel platzte durch eine Seitentür in den Schalterraum. Er hebelte die Holzkiste mit der Aufschrift

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