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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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bestehen können. Vernichtung würde er bringen über seine Feinde, Vernichtung und entsetzliche Furcht. Angst und Schrecken würde er verbreiten und jeden Widersacher in die Flucht schlagen, wenn er aus einem Meer wehender Fahnen, aus blutigem Schlachtgetümmel auftauchen und munter und fröhlich ein paar gepanzerte Ameisenfresser durch die Luft schubsen würde … Gar keine Frage, oder?
    Aber das sollte sich jetzt alles ändern. Nicht mehr lange, dann wäre er mit ein paar anständigen Zaubertricks gewappnet. Er brauchte sich nur umzusehen: In endlos langen Reihen erstreckten sich vor ihm die Messe- und Verkaufsstände der MYSTEMS und boten eine Fülle unterschiedlichster Dienstleistungen an.
    Viel zu lange hatte er Merlot vertraut und hatte vergebens darauf gewartet, daß der dürre Baum seiner Versprechungen Früchte tragen würde. Es war höchste Zeit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen; höchste Zeit, selbst dafür zu sorgen, daß etwas geschah. Er schlug den Messeführer auf und ging mit dem Finger die Liste der Aussteller durch.
    Und stieß zu seiner Überraschung bei Standnummer 27 auf einen Namen, den er kannte: Ein Held seiner Kindheit hatte diesen Stand gemietet, der König des Magischen Zirkels: Der Große Intranco.
    Eine Adrenalinsturzflut brauste durch seine Adern angesichts der unermeßlichen Möglichkeiten, die sich so plötzlich von ihm auftaten. Gleich hinter der nächsten Ecke, kaum hundert Meter entfernt, gab es alles, was er an magischen Mitteln brauchte. Und das zu einem äußerst günstigen Preis. So stand es schwarz auf weiß in der Anzeige.
    Hogshead zitterte. Nur wenige Schritte noch, dann war es soweit; nur wenige Minuten noch, dann konnte er alles haben, was man brauchte, um dutzendfachen Zauber zu wirken. Aufgeregt strich er sich den Kittel glatt, bog zielbewußt um die Ecke und stand vor einer Schaubude, die mit einem Vorhang verhängt war. Auf einem ausgeblichenen Schild stand zu lesen:
     
    DER GROSSE INTRANCO
    MYTHOS, MAGUS UND MONETEN!
     
    Hogshead schob den Vorhang zur Seite. Angst und bang wurde ihm jetzt, sein Magen spielte verrückt, allzu übermächtig war sein Verlangen nach Magie.
    Es dauerte ein paar Minuten, bis sich seine Augen auf das von beißendem Rauch erfüllte Dunkel eingestellt hatten. Der Raum, Marktbude und Warenlager in einem, war rundum mit Regalen vollgeräumt, in denen überall Räucherpfannen aufgestellt waren. Und in diesen Räucherpfannen qualmte etwas, das roch, als hätte man Weihrauch von eher dubioser Provenienz mit zwei Teilen Hundskraut [13] und drei Teilen getrocknetem Stallmist verschnitten. Hatte man auch.
    »Was willst’n du?« fuhr ihn eine tiefe Stimme an, die zu einem ebenso dunklen Schatten gehörte.
    Hogshead fuhr erschreckt hoch, zog zischend die Luft durch die Zähne und bereute es noch im selben Augenblick. Beizender Rauch kratzte ihm die Kehle auf, er hustete bellend. Zehn Minuten später, als der Hustenanfall abgeklungen war, fragte ihn der Schatten noch einmal.
    Hogshead richtete sich zu seiner vollen Größe auf, spähte ins Dunkel und würgte »Ich will den Großen Intranco sprechen« heraus.
    Der Schatten bog sich vor Lachen. »Wirst du erwartet?«
    »Nein. Trotzdem: Ich will ihn sprechen!« Hogshead wußte genau, wie man mit Rausschmeißern umgehen mußte. Er kannte diese Typen, er hatte sie oft genug gesehen. Im Laterna Magica-Theater. In 80-Millimeter-Su-perthaumination. »Wo steckt er?«
    »Hast du einen Termin?«
    »Brauch ich so was …?« Er blinzelte. Anmaßend und überheblich. Das hoffte er wenigstens … Es war das Hundskraut, das ihm zu schaffen machte. »Wo ist Der Große Intranco? Es geht um einen Deal«, krächzte er. Ihm wäre bedeutend wohler gewesen, wenn er den Stimmbruch schon hinter sich gehabt hätte.
    Der Schatten brummte eigenartig, fiel breit und dunkel über die Wand, drehte einen Knopf und stieß eine Tür auf, die eben noch gut und gern als Wandregal durchgegangen wäre. Erstaunlicherweise war der Raum hinter dieser Tür noch dunkler, noch dicker von Weihrauch- und Hundskrautschwaden vernebelt. Die Luft war zum Schneiden – Hogshead hatte aber leider kein Messer dabei. »Hinsetzen«, schnauzte der Schatten und zeigte auf einen dunklen Stumpf am Boden, der sich bei näherem, bei sehr nahem und sehr genauem Zusehen als Sitzpolster entpuppte. Hogshead setzte sich nur widerstrebend. Seine Entschlossenheit zeigte die ersten Ermüdungserscheinungen.
    »Was ist dein Begehr?« gackerte jemand, nachdem das

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