Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
vergangen«, antwortete sie, wandte sich ab und befahl den stillen Ruderern mit einem Wink, vom Ufer abzulegen.
    »Aber der Zauber von Avalon verändert sich nie«, murmelte er, und sie wußte, daß er nicht zu ihr sprach. »Der Nebel, die Binsen und der Ruf der Wasservögel… und dann die Barke, die, wie von Zauberhand geführt, sich vom ruhigen Ufer löst… Ich weiß, ich habe hier nichts zu erwarten, und doch kehre ich immer wieder zurück…« Das Boot glitt lautlos über den See. Selbst jetzt, nachdem sie seit Jahren wußte, daß keine Magie vonnöten war, sondern geduldiges Üben, die Ruder geräuschlos zu bewegen, beeindruckte Morgaine das mystische Schweigen, in dem sie dahinfuhren. Sie richtete den Blick nach vorne, um die Nebel zu rufen, und war sich der Anwesenheit des jungen Mannes hinter ihr bewußt. Anmutig stand er neben seinem Pferd und hatte einen Arm auf die Satteldecke gelegt. Er verlagerte geschickt sein Gewicht, ohne sich zu bewegen, so daß er nicht schwankte oder das Gleichgewicht verlor, während das Boot auf dem Wasser schaukelte. Morgaine stand bewegungslos durch langjährige Übung, Galahad schien das mit natürlicher Anmut zu gelingen. Als sie zum Bug ging und die Arme hob, spürte sie seine dunklen Augen wie warme Strahlen auf ihrem Rücken. Die weiten Ärmel glitten zurück; sie atmete tief ein und sammelte sich für die magische Handlung im Bewußtsein, daß sie ihre ganze Kraft aufbringen mußte.
    Sie zürnte sich selbst, weil sie die Augen des Mannes auf sich spürte.
Soll er es ruhig sehen! Soll er mich fürchten und mich als die Göttin erkennen!
Sie wußte, etwas in ihr, das lange unterdrückt gewesen war, lehnte sich auf und rief:
Nein, ich möchte, daß er die Frau sieht und nicht die Göttin… nicht einmal die Priesterin!
Aber noch ein Atemzug, und selbst die Erinnerung an diesen Wunsch löste sich in Luft auf.
    Ihre Arme streckten sich dem Himmelsgewölbe entgegen. Sie sanken, und mit ihren weiten Ärmeln sanken die Nebel herab. Dunst und das Große Schweigen legten sich dunkel auf alles. Morgaine stand reglos da und spürte die Wärme des jungen Mannes dicht hinter sich. Bei der kleinsten Bewegung würde sie seine Hand berühren. Sie wußte, wie seine Hand sich anfühlen würde – glühendheiß auf ihrer kalten Haut. Mit einem leichten Schwung ihres Gewandes machte sie einen Schritt nach vorne und legte den Abstand um sich wie einen Schleier.
    Sie staunte dabei über sich selbst und sagte sich in Gedanken vor:
Er ist nur mein Vetter. Er ist Vivianes Sohn, der als kleines, einsames Kind auf meinem Schoß saß.
Sie rief sich das Bild dieses unbeholfenen Wesens vor Augen mit seinen zerkratzten Armen und Beinen. Aber als sie die Nebel hinter sich ließen, lächelten seine dunklen Augen ihr zu, und sie fühlte sich benommen.
Natürlich fühle ich mich schwach, ich habe noch nichts gegessen,
redete sie sich ein und beobachtete den Hunger in Galahads Augen beim Anblick von Avalon. Sie sah, wie er sich bekreuzigte. Viviane wäre zornig geworden, wenn sie das gesehen hätte.
    »Es ist wirklich das Land der Feen«, bekannte er leise, »und du bist wie immer Morgaine, die Fee… aber nun bist du eine Frau, und du bist schön, Base.«
    Gereizt dachte sie:
Ich bin nicht schön. Er sieht den Zauber von Avalon.
Eine aufbegehrende Stimme in ihr sagte:
Ich will aber, daß er mich für schön hält! Mich und nicht den Zauber!
Morgaine preßte die Lippen zusammen und wußte, daß sie streng und unnahbar wirkte – wieder ganz die Priesterin.
    »Hier entlang«, sagte sie knapp, als die Barke mit leisem Knirschen auf das sandige Ufer glitt. Sie wies die Ruderer schweigend an, sich um das Pferd zu kümmern.
    »Wenn Ihr erlaubt, Herrin«, sagte Galahad, »werde ich es selbst versorgen. Es trägt keinen gewöhnlichen Sattel.«
    »Wie es Euch beliebt«, Morgaine beobachtete, wie er das Pferd absattelte. Aber alles, was ihn betraf, machte sie so neugierig, daß sie nicht schweigen konnte.
    »Es ist wirklich ein sonderbarer Sattel… wozu diese langen Ledergurte?«
    »Die Skythen benutzen sie… man nennt sie Steigbügel. Mein Pflegevater nahm mich mit auf eine Pilgerreise, und ich sah sie in ihrem Land. Selbst in den römischen Legionen kannte man nicht diese Art zu reiten. Die Skythen können ihre Pferde damit lenken und mitten im Galopp anhalten. Deshalb können sie vom Pferd aus kämpfen«, erklärte er. »Selbst in der leichten Rüstung, die ihre Reiter tragen, ist ein Ritter zu Pferd einem

Weitere Kostenlose Bücher