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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Zeichen weckte.
    Die Frau setzte sich rasch im Bett auf und warf ihren Hirschfellumhang über.
    »Die Ruderer sollen sich bereithalten. Geh und bitte meine Verwandte, Morgaine, den Dienst bei mir zu versehen.« Wenige Minuten später stand Morgaine ehrerbietig vor dem Eingang. Viviane kniete gerade vor dem Feuer, um es anzuzünden. Morgaine bewegte sich geräuschlos.
    Nach neunjähriger Ausbildung als Priesterin konnte sie so lautlos sein, daß weder ihre Schritte noch ein Lufthauch ihr Näherkommen verrieten. Nach dieser Zeit wußte sie aber auch so viel über die Priesterinnen, daß es sie nicht erstaunte, als Viviane sich umdrehte, sobald sie die Tür erreicht hatte, und sagte: »Komm herein, Morgaine.«
    Aber diesmal forderte Viviane sie nicht wie üblich auf, sich zu setzen. Morgaine blieb stehen, und Viviane musterte sie einen Augenblick lang schweigend.
    Morgaine war nicht groß. Sie würde nie groß sein, und nach all den Jahren in Avalon war sie nur um eine Spur größer als die Herrin. Ihr dunkles Haar war zu einem Zopf geflochten, der ihr im Nacken lag und mit einem Band aus Hirschleder umwickelt war. Sie trug das dunkelblaue Gewand und den ledernen Umhang wie jede andere Priesterin. Auf ihrer Stirn leuchtete dunkel der blaue Halbmond. Wie unauffällig und unerkannt sie zwischen den anderen Priesterinnen auch wirken mochte, in ihren Augen lag ein Leuchten, das Vivianes kühlem Blick standhielt. Viviane wußte aus Erfahrung, daß die kleine und zarte Morgaine einen Zauber über sich werfen konnte, der sie nicht nur groß, sondern majestätisch wirken ließ. Schon jetzt wirkte sie alterslos, und Viviane wußte, sie würde auch dann nicht anders aussehen, wenn weiße Strähnen ihr dunkles Haar durchzogen.
    Erleichtert dachte Viviane:
Nein, sie ist nicht schön,
und fragte sich dann, weshalb das für sie wichtig sein sollte. Denn zweifellos wäre Morgaine wie alle jungen Frauen lieber schön gewesen und war äußerst unglücklich darüber, es nicht zu sein – selbst eine Priesterin, die ihr Leben der Göttin geweiht hatte, empfand das nicht anders. Sie hob leicht die Augenbrauen und dachte:
In meinem Alter, mein Kind, wird es dir gleichgültig sein, ob du schön bist oder nicht. Denn jeder, der dich kennt, wird dich für eine große Schönheit halten, wann immer du dafür gehalten werden willst. Wenn nicht, kannst du dich bescheiden und so tun, als seist du eine einfache ältliche Frau, die die Gedanken an Schönheit schon lange hinter sich gelassen hat.
Viviane hatte diesen Kampf vor mehr als zwanzig Jahren mit sich ausgefochten, als sie sah, wie Igraine zu einer hellhäutigen Schönen mit rötlichem Haar heranwuchs. Damals hätte Viviane frohen Herzens ihre Seele und all ihre Macht für ein Ebenbild gegeben. Und in Augenblicken des Selbstzweifels fragte sie sich manches Mal, ob sie Igraine zu der Ehe mit Gorlois gedrängt hatte, damit sie nicht ständig diese bezaubernde junge Frau vor Augen hatte, deren Schönheit ihrem dunklen, herben Wesen zu spotten schien.
Aber ich habe sie dem liebenden Mann zugeführt, der ihr bereits bestimmt war, noch ehe der Ring der Steine auf der Ebene von Salisbury aufgetürmt wurde.
    Viviane wurde bewußt, daß Morgaine noch immer ruhig vor ihr stand und darauf wartete, daß sie sprach. Viviane lächelte. »Ich werde wirklich alt«, sagte sie. »Ich war einen Augenblick lang in Erinnerungen versunken. Du bist nicht mehr das Kind, das vor vielen Jahren hierherkam. Aber es gibt Zeiten, in denen ich das vergesse, meine Morgaine.«
    Morgaine lächelte, und das Lächeln verwandelte das Gesicht, das sonst eher mürrisch wirkte.
Wie Morgause,
dachte Viviane,
aber sonst ähneln sie sich nicht. Es ist Taliesins Erbe.
    Morgaine bemerkte: »Ich glaube, Ihr vergeßt nichts, Tante.«
    »Vielleicht nicht. Hast du schon etwas gegessen, mein Kind?«
    »Nein, aber ich bin nicht hungrig.«
    »Gut, ich möchte, daß du mit der Barke übersetzt.«
    Morgaine zeigte mit einer ehrerbietigenden Geste ihre Zustimmung, wie die Priesterinnen es taten, die unter dem Schweigegelübde standen. Es war keineswegs ein ungewöhnlicher Auftrag – die Barke von Avalon mußte immer von einer Priesterin geleitet werden, die den geheimen Weg durch die Nebel kannte.
    »Es ist mir eine Herzensangelegenheit«, erklärte Viviane, »mein Sohn nähert sich der Insel. Ich denke, eine Verwandte sollte ihn willkommen heißen.«
    Morgaine lächelte. »Balan?« fragte sie. »Wird sein Ziehbruder nicht um seine Seele

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