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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Bett lag. Die Diener, die ich dort vorgefunden hatte, pflegten mich. Niemand wußte oder machte sich etwas daraus, ob ich wieder gesund werden würde. Ich weiß, ich hatte leichtes Fieber. Meine Erschöpfung war so groß, daß ich nicht die Kraft besaß, mich aufzusetzen oder zu essen. Mein Geist war müde und beschwert; mir lag nichts mehr am Leben. Die Dienerinnen – ich erinnerte mich an eine oder zwei aus meinen Kindertagen – hielten mich für verzaubert. Vielleicht stimmte das sogar. Marcus von Cornwall huldigte mir als Lehnsherrin. Ich dachte:
Artus' Stern strahlt hell. Er glaubt sicher, es sei meines Bruders Wille, daß ich nach Tintagel gekommen bin. Und er will Artus nicht – jetzt nicht – das Land streitig machen, das er für sein eigenes hält.
Ein Jahr früher hätte ich darüber gelacht, vielleicht sogar mit Marcus gemeinsame Sache gemacht und ihm Ländereien versprochen, wenn er die Unzufriedenen gegen den Großkönig ins Feld geführt hätte. Selbst jetzt zog ich das in Erwägung. Aber nach Accolons Tod war mir alles gleichgültig. Artus besaß Excalibur… wenn die Göttin wollte, daß es ihm genommen wurde, mußte sie es selbst tun. Ich hatte versagt. Ich war nicht länger ihre Priesterin…
    Ich glaube, das schmerzte mich am meisten. Ich hatte versagt. Ich hatte Avalon enttäuscht, und die Göttin hatte nicht die Hand ausgestreckt, um mich bei der Erfüllung ihres Willens zu unterstützen. Artus, die Christenpriester und der Verräter Kevin waren stärker gewesen als die Magie von Avalon… und niemand war da, um den Kampf weiterzuführen.
    Niemand… nicht einer. Ich trauerte Tag und Nacht um Accolon und um das Kind, dessen Leben kaum begonnen hatte, als es beendet wurde, und das man wie Abfall weggeworfen hatte. Ich trauerte auch um Artus, der für mich verloren war. Jetzt zählte er zu meinen Feinden. So unwahrscheinlich es klingt, ich trauerte auch um Uriens und um das zerstörte Leben in Wales, dem einzigen Platz, an dem ich je Frieden gefunden hatte.
    Alle, die ich in dieser Welt liebte, hatte ich getötet, von mir gestoßen oder an den Tod verloren. Igraine lebte nicht mehr, Viviane war tot, erschlagen. Sie ruhte zwischen den Priestern eines Gottes, der Tod und Unheil verhieß. Accolon, der Priester, den ich geweiht hatte, um die letzte Schlacht gegen die Christenpriester zu schlagen, lebte nicht mehr. Artus war mein Feind. Lancelot hatte gelernt, mich zu hassen und zu fürchten. Ich war nicht schuldlos daran. Gwenhwyfar fürchtete und verabscheute mich… Elaine war schon lange
tot… und Uwain, der für mich wie ein Sohn gewesen war, haßte mich ebenfalls. Niemand kümmerte sich darum, ob ich lebte oder starb. Deshalb war es mir ebenfalls gleichgültig…
    Die letzten Blätter waren von den Bäumen gefallen, und die ersten Winterstürme tobten heulend um die Burg. Eines Tages kam eine der Frauen und meldete, ein Reiter sei gekommen, um mich zu sprechen.
    »In dieser Jahreszeit?« Ich blickte aus dem Fenster. Der Regen strömte unaufhörlich von einem Himmel, der so grau und düster war wie meine Gedanken. Welcher Reisende würde die Mühe auf sich nehmen, sich durch Sturm und Dunkelheit bis nach Tintagel durchzuschlagen?
    Wer es auch sein mochte, er war mir gleichgültig. »Sage ihm, die Herzogin von Cornwall empfängt niemanden, und schicke ihn weg!«
    »Hinaus in den Regen, Herrin? Es wird eine schreckliche Nacht werden.«
    Der Widerspruch überraschte mich. Die meisten Frauen fürchteten sich vor mir, weil sie mich für eine Zauberin hielten. Und mir war das nicht unangenehm. Aber die Frau hatte recht. In Tintagel hatte immer Gastfreundschaft geherrscht, als es in den Händen meines lange verstorbenen Vaters lag, auch
    bei Igraine war es nicht anders gewesen… also sollte es auch weiterhin so sein.
    Ich sagte: »Gewähre dem Reisenden Gastfreundschaft, wie es seinem Rang entspricht. Bereite ihm ein Mahl und ein Bett. Aber sage ihm, daß ich krank bin und ihn nicht empfangen kann.«
    Sie ließ mich allein, und ich starrte hinaus in den peitschenden Regen und die Dunkelheit. Ich spürte den kalten Atem des Windes, der durch eine Fensterspalte drang, und versuchte, wieder in die friedliche Leere zurückzusinken, in der ich mich am wohlsten fühlte. Aber nach kurzer Zeit öffnete sich die Tür erneut. Die Frau kam zurück. Bebend vor Zorn richtete ich mich auf – das erste Gefühl, das ich mir seit vielen Wochen gestattete.
    »Ich habe dich nicht gerufen und dich nicht gebeten,

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