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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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zurückzukommen. Wie kannst du es wagen?«
    »Ich habe Euch eine Botschaft zu überbringen«, erklärte sie. »Ich wagte nicht, es abzulehnen… nicht, wenn ein hoher Herr mich beauftragt… Er sagte: ›Ich spreche nicht zur Herzogin von Cornwall, sondern zur Herrin von Avalon. Sie kann dem Boten der Götter nicht die Tür weisen, wenn der Merlin Audienz und Rat sucht. ‹«
    Nach einer Pause fügte die Frau hinzu: »Ich habe es richtig wiedergegeben… ich mußte es zweimal wiederholen, ehe er sicher war, daß ich alles verstanden hatte.«
    Gegen meinen Willen erwachte die Neugier. Der Merlin? Aber Kevin war meines Bruders Mann… er wäre sicher nicht unangemeldet gekommen. Hatte sich der Verräter nicht mit Artus und den Christen verbündet? Aber vielleicht hatte ein anderer das Amt übernommen. Der Bote der Götter… der Merlin von Britannien…? Plötzlich dachte ich an meinen Sohn Gwydion – oder Mordred, wie ich ihn jetzt vermutlich nennen mußte. Vielleicht war er Kevins Nachfolger. Nur er würde in mir die Herrin von Avalon sehen… Nach langem Schweigen erwiderte ich: »Sage ihm, ich werde ihn empfangen.« Dann fügte ich hinzu: »Aber vorher schicke mir jemand, der mich ankleidet.« Ich wußte, ich war zu schwach, um es selbst zu tun. Aber ich würde keinen Mann schwach und krank in meinem Schlafgemach empfangen. Ich war Priesterin von Avalon! Es würde mir gelingen, auf eigenen Füßen vor dem Merlin zu stehen, selbst wenn er mir für mein Versagen das Todesurteil überbrachte… noch war ich Morgaine!
    Es gelang mir aufzustehen. Ich ließ mir Gewand und Schuhe anziehen, die Haare flechten und den Schleier der Priesterin darüberlegen. Nachdem die Frau mit ihren ungeschickten Händen es zweimal vergeblich versucht hatte, zog ich sogar selbst den Mond auf meiner Stirne nach. Ich bemerkte, daß meine Hände zitterten, aber es war mir so gleichgültig, als seien es nicht meine Hände. Ich war so schwach, daß ich mich auf den Arm der Frau stützen mußte, als ich die steile Treppe hinunterschritt. Aber der Merlin sollte meine Schwäche nicht sehen.
    In der Halle brannte ein Feuer. Es rauchte wie immer, wenn es regnete. Und durch die Rauchschwaden sah ich nur die Gestalt eines Mannes in einem grauen Mantel am Feuer. Er wandte mir den Rücken zu.
    Aber neben ihm stand die große Harfe, die ich kannte – Seine Herrin war nicht zu verwechseln. Kevin hatte inzwischen eisgraues Haar. Er erhob sich mühsam, als ich eintrat.
    »So«, sagte ich, »Ihr nennt Euch immer noch Merlin von Britannien, obwohl Ihr nur Artus dient und Euch dem Willen Avalons widersetzt?«
    »Ich weiß nicht, wie ich mich nennen soll«, erwiderte Kevin ruhig. »Vielleicht einfach Diener aller, die den Göttern dienen, die alle ein Gott sind.«
    »Weshalb seid Ihr gekommen?«
    »Auch das weiß ich nicht«, erwiderte er mit der klangvollen Stimme, die ich so sehr liebte. »Außer vielleicht, um eine Schuld zu tilgen aus einer Zeit, als die Hügel sich hier noch nicht erhoben, meine Liebe.«
Dann wendete er sich an die Dienerin. »Deine Herrin ist leidend! Führe sie an ihren Platz!« Mir verschwamm alles vor den Augen, und ich sah nur noch wogende, graue Nebel. Als ich wieder klar denken konnte, saß ich Kevin gegenüber am Feuer. Die Frau war gegangen.
    Er sagte: »Arme Morgaine, meine arme liebe Morgaine«, und zum ersten Mal, seit Accolons Tod mich versteinert hatte, glaubte ich, weinen zu können. Ich wehrte mich mit aller Macht dagegen, denn ich wußte, wenn ich eine Träne vergoß, würde alles in mir zerfließen. Ich würde weinen und weinen und weinen und nicht aufhören zu weinen, bis ich mich in einem Meer von
    Tränen auflöste… Ich entgegnete verbissen: »Ich bin nicht mehr Eure kleine Morgaine, Kevin. Ihr habt Euch diese Unterredung erschlichen. Nun sagt, was Ihr sagen wollt, und dann geht Eures Weges.«
    »Herrin von Avalon…«
    »Das bin ich nicht«, erwiderte ich und erinnerte mich an unser letztes Zusammentreffen. Damals hatte ich ihn verjagt, hatte ihn angeschrien und einen Verräter genannt. Es schien jetzt unwichtig zu sein. Vielleicht war es Schicksal, daß zwei Verräter von Avalon hier an diesem Feuer saßen. Auch ich hatte meinen Eid gebrochen… wie konnte ich es wagen, Kevin zu verurteilen?
    »Was seid Ihr dann?« fragte er ruhig. »Raven ist alt und hat ihr Schweigen seit Jahren nicht gebrochen. Niniane wird nie stark genug sein, um zu herrschen. Ihr werdet dort gebraucht!«
    »Als wir das letzte Mal miteinander

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