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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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sagte sie leise und starrte ins Feuer. »Dieser Traum ängstigt mich. Jede Nacht wird er schlimmer. Je näher wir dem Mondsee kommen, desto schneller entfernt mein Vater sich von mir. Ich habe Angst, dass der Traum morgen zur Wahrheit wird.«
    Sie schlang die Arme um ihren Leib. Trotz des wärmenden Feuers schien sie zu frieren, von innen heraus. Am liebsten hätte er sie in seine Arme genommen, um sie zu wärmen und zu trösten und auch um sich an ihrer Nähe zu berauschen. Vor einigen Tagen in der Höhle war er ihr so nah gewesen, wie er es kaum zu hoffen gewagt hatte. Er sehnte sich danach, wieder so eng bei ihr zu sein, wagte aber nicht, Gerswind zu berühren. Vielleicht war es die Nähe der Abtei und Graf Guntrams, die ihn davon abhielt. Weil es ihm bewusst machte, dass jeder Augenblick des Glücks gestohlen war, etwas, das ihm nicht zustand. Nur mit Worten konnte er ihr beistehen: »Iss etwas und versuch zu schlafen, Gerswind. Wir alle sind am Ende unserer Kräfte. Und die Dunkelheit verfinstert das Gemüt. Morgen, im Tageslicht, wirst du deine Ängste vergessen, und alles wird gut werden.«
    Sie sah ihn an und lächelte tapfer. »Ja, du hast Recht, Albin, morgen wird sicher alles gut.«
    Am nächsten Abend schien Gerswind zu ahnen, mehr noch zu spüren, dass sie sich etwas vorgemacht hatte. Auch Albin glaubte beim Anblick der rußigen Trümmer nicht länger, dass Gerswinds Traum bedeutungslos war.
    Die Sonne stand tief, ihr rot leuchtender Ball berührte hinter ihm und seinen Gefährten schon die höchsten, schneeweißen Gipfel. Im blauen Wasser des Mondsees spiegelten sich ihre Strahlen in Form schillernder Streifen - wie zum Schmuck aufgehängter Goldflitter, der im leichten Wind tanzte. Am Ufer dagegen sorgten die länger und länger werdenden Schatten für einen düsteren Eindruck. Wie Dämonen, die sich erst bei Sonnenuntergang aus ihren unterirdischen Höhlen wagten, krochen sie unaufhaltsam auf die Abtei zu, um deren Mauern zu untergraben. Oder das, was von den Mauern noch übrig war.
    Als Albin, Gerswind, Findig und die Mischler den bewaldeten Hügel westlich des Klosters erklommen hatten, hatte Albin verdutzt seine Augen gerieben. Er konnte nicht glauben, was er sah, hielt es für eine Sinnestäuschung, hervorgerufen durch das unwirkliche Licht der Abenddämmerung. Aber das Bild veränderte sich nicht. Auch die anderen sahen es. Die Mauer an der Westseite des Klosters war niedergebrannt, war nur noch ein Haufen verkohlter Trümmer. Und das, obwohl ein Großteil der Befestigung aus Stein erbaut war. Das Feuer musste die hölzernen Balken weggefressen und den Stein zersprengt haben.
    »Vater!«, schrie Gerswind auf und wollte in wilder Hast den Hügel hinunterlaufen. Albin und Findig konnten sie im letzten Augenblick festhalten. Sie wehrte sich, strampelte, wollte nichts anderes als zu ihrem Vater. »Lasst mich los, ich muss zur Abtei!«
    »Ich werde mit dir kommen«, sagte Albin in einem beruhigenden Tonfall. »Aber lass uns vorsichtig sein! Wir wissen nicht, was uns dort erwartet.«
    »Schlimmes, fürchte ich«, knurrte Findig. »Wie ich bereits sagte, es wird nichts Gutes zu bedeuten haben, dass Gerswind nur von so wenigen Rotelben bewacht wurde.«
    »Wir werden es herausfinden und euch Bericht erstatten«, versprach Albin.
    Waldo trat vor und sah ihn durchdringend an. »Das will ich hoffen, sonst geht ‘ s deinem Freund Findig schlecht!«
    Und schon stürzte sich der massige Ivo auf Findig und warf ihn mit der Wucht seines Aufpralls zu Boden.
    Bevor der überraschte Braunelb sich wehren konnte, waren fünf oder sechs weitere Mischler über ihm, entwanden ihm den Dolch und fesselten seine Hände. Dem einäugigen Riesen bereitete es eine besondere Freude, sich an Findig zu rächen. Ivo presste seinen schweren Leib auf den unter ihm Liegenden, bis der vor Schmerz und Atemnot stöhnte und keuchte.
    »Hört auf!«, schrie Albin. Er griff nach seinem Dolch und sprang vor, um Findig beizustehen. »Lasst ihn sofort frei!«
    Waldo hatte ebenfalls einen Dolch gezogen, ein halbes Schwert schon, und hielt die gezackte Klinge dicht vor Gerswinds Gesicht. »Nicht so hastig, junger Elb. Ein Wort von mir und deine beiden Freunde sind tot. Und keinen Elbenzauber, ich würde es merken!«
    »Warum hintergehst du uns?«, fragte Albin, dessen Blicke verwirrt zwischen Findig, Gerswind und Waldo hin und her huschten.
    »Ich will nur verhindern, dass ihr mich hintergeht«, erwiderte der Mischler. »Findig ist unsere

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