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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Fesseln!«
    »Die Fesseln bleiben«, bestimmte der Vogt. »Aber er soll meinetwegen mit uns gehen.«
    Begleitet und - was Albin betraf - auch bewacht von Wenrichs Soldaten traten sie nach draußen. Der Vogt schritt voran, geradewegs zum Kirchhof, wo er zielstrebig zwischen den Gräberreihen hindurchging, bis er zu dem Grab Graf Chlodomers kam, das von einem besonders großen Steinkreuz geschmückt wurde. Zwei frische Gräber, noch ohne Kreuz oder Grabstein, waren nebenan hinzugekommen.
    Vor einem blieb Wenrich stehen und sagte mit kalter Stimme zu Gerswind: »Hier liegt dein Vater, den die Nebelkinder ermordet haben.«
    Gerswind sah auf das Grab und starrte dann den Vogt an, als habe er sich einer fremden, unverständlichen Sprache bedient.
    »Es geschah vor drei Nächten«, erklärte Wenrich.
    »Die Abtei lag in friedlichem Schlaf, als plötzlich laute Feuerrufe durch die Nacht hallten. Die Westmauer stand in Flammen, die mit dämonischer Kraft wüteten. Kein Feuer, das ich kenne, kann einen aus Stein erbauten Wall derart schnell und vollständig auffressen. Der Brand muss Teufelswerk gewesen sein.« Bei dieser Bemerkung ruhte sein Blick finster auf
    Albin, dann fuhr der Vogt fort: »Alles, jeder Mann und jede Frau, eilte zur Westmauer. Die war nicht mehr zu retten, aber das Ubergreifen der Flammen auf die gesamte Abtei musste verhindert werden. Die Glocke schrie einen Hilferuf an die Menschen in den Höfen, in der Handwerkersiedlung und im Fischerdorf am See hinaus. Viele Stunden kämpften wir alle darum, die Abtei vor der vollständigen Vernichtung zu bewahren, und es gelang. Im Morgengrauen sanken viele erschöpft zu Boden und erst spät merkten wir, dass der Brand nur ein Ablenkungsmanöver gewesen war. Während sämtliche Wachen mit dem Löschen beschäftigt waren, schlichen die Nebelkinder heimlich ins Gästehaus und töteten Graf Guntram. Wir fanden ihn leblos neben seinem Bett, erdrosselt. Eine heimtückische Art des Tötens, wie sie den Nebelkindern zu eigen ist.«
    »Auch Menschen können andere Menschen erdrosseln«, widersprach Albin.
    Wenrich legte eine Hand auf Volkos Schulter. »Mein wackerer Hauptmann hier hat in der Brandnacht ein paar kleine Gestalten zum Gästehaus huschen sehen. Doch er glaubte an eine Sinnestäuschung, hervorgerufen durch die Hitze und den Rauch. Sonst hätten wir Graf Guntram vielleicht retten können. Außerdem hatten nur die Nebelkinder einen Grund, ihn zu töten. Entgegen seiner ursprünglichen Absicht hat Guntram mit seinen Männern die Abtei nicht verlassen. Die Suche nach seiner verschwundenen Tochter, von der er entgegen jeder Vernunft nicht ablassen wollte, hat das Elbenvolk in Bedrängnis gebracht.«
    Gerswind schüttelte langsam den Kopf und murmelte: »Ich glaube nicht, dass er tot ist, ich glaube es nicht.«
    Sie begann zu schwanken wie ein Baum, der kurz davor stand, unter der Gewalt eines Sturmwinds umzuknicken. Albin wollte sie stützen, doch mit gefesselten Händen war das nicht möglich. Eine große, bärtige Gestalt drängte sich durch die Soldaten nach vorn und hielt Gerswind fest. Es war der Nordmann Arne. Seine Bewegungen verrieten Kraft und Gewandtheit, er schien von seinen Verwundungen weitgehend genesen.
    »Was der Vogt über deinen Vater gesagt hat, stimmt leider, Herrin«, sagte er. »Ich war dabei, als sein Leichnam an dieser Stelle bestattet wurde. Das war gestern, und danach hat Hauptmann Grimald mit seinen Soldaten und allen Mitgliedern unserer Gesandtschaft das Kloster verlassen, um dem König in Regensburg Bericht zu erstatten. Nur ich blieb hier, weil ich nicht glaubte, dass du tot bist.«
    »Tot...«, flüsterte Gerswind und starrte auf das Grab ihres Vaters. Noch immer schien sie sich mit seinem Tod nicht abfinden zu können.
    Albin zeigte auf das andere frische Grab. »Wer liegt hier begraben?«
    Ursinus bedachte ihn mit einem mitfühlenden Blick. »Das zweite Mordopfer der Nebelkinder, in der Brandnacht auf dieselbe Weise getötet wie Graf Guntram.«
    »Wer ist es?«, fragte Albin, den eine unheilvolle Ahnung beschlich.
    Der Dekan zögerte, bevor er leise sagte: »Bruder Graman.«
    Ein bedrückenderes Gefängnis hätte Wenrich sich für Albin kaum ausdenken können. Um ihn herum lagen Werkzeuge und Steinblöcke, aus denen der Steinmetz die Grabsteine und Kreuze für die Gräber auf dem Kirchhof anfertigte. Ein Kreuz war in groben Umrissen aus dem hellem Stein gehauen, das letzte Gedenken an Graf Guntram oder an Graman. Albin fühlte sich wie

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