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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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aus einem Beutel an seinem Gürtel und hielt ihn mit der linken Hand, den Handrücken nach unten, über dünne Zweige, die sie von den Bäumen geholt hatten, wo das Holz trockener war als das am Boden. Er zog seinen Dolch und schlug mehrmals mit der Eisenklinge über den Feuerstein. Funken spritzten nach allen Seiten und fielen auf die Zweige, die zu glimmen begannen. Albin, der vor den Zweigen hockte, blies vorsichtig auf das Glimmen, das sich bald zu einer starken Glut entwickelte. Kurz darauf knackte und prasselte es in dem brennenden Holzstoß und wohltuende Wärme breitete sich aus.
    Es gab das gleiche Essen wie an den vergangenen Tagen: jene eigenartige Mischung aus getrocknetem Fleisch, Wurzeln und Beeren, die Albin zum ersten Mal bei Gordos Gämsenreitern kennen gelernt hatte. Das Gemisch war haltbar und nahrhaft und es ließ sich in Lederbeuteln leicht transportieren. An den eigenwilligen Geschmack hatte sich Albin inzwischen gewöhnt. Ihre Feldflaschen hatten sie am Nachmittag, als sie an einem Bach vorbeigekommen waren, aufgefüllt, sodass sie keinen Durst zu leiden hatten.
    Albin ließ sich etwas abseits von den anderen auf den dicken Wurzeln einer alten Eiche nieder und starrte ins Feuer, während er an den morgigen Tag dachte. Er hatte sich vorgenommen, Gerswind ins Kloster zu begleiten. Er kannte jetzt das Elbenreich, und er wusste, dass die meisten Nebelkinder unschuldig an Clodomers Tod und an Gerswinds Verschleppung waren. Das wollte er Graf Guntram, Abt Manegold und, wenn es ging, auch Vogt Wenrich klarmachen. Und er wollte auch sich selbst von dem Verdacht befreien, in die Schandtaten verwickelt zu sein. Denn nur wenn er nicht länger unter falschem Verdacht stand, konnte er hoffen, Gerswind morgen nicht auf immer zu verlieren.
    Ein leises, spöttisches Lachen kam über seine Lippen. Wie dumm er doch war, ein kompletter Narr! Für ihn bestand nicht die geringste Aussicht, länger mit Gerswind zusammen zu sein. Sie war die Tochter eines Edelmannes, eines der ersten Männer des Reiches, er aber war ein Kind des Nebels, in den Augen der meisten Menschen eine Spukgestalt, ein Dämon. Guntram würde seine Tochter eher einem Nordmann oder einem Sarazenen zur Frau geben als Albin. Und wenn das noch nicht reichte, machte ein Umstand ganz gewiss jede Hoffnung Albins auf eine gemeinsame Zukunft mit Gerswind zunichte: Sie selbst schien nicht das geringste Interesse an ihm zu haben. Das hatte er in den vergangenen Tagen erkannt, als sie sich um ihn so wenig scherte wie um einen Käfer, der vor ihren Füßen über den Weg kroch. Erstaunt sah er auf, als Gerswind zu ihm trat und fragte: »Warum lachst du, Albin? Bist du froh, bald wieder bei den Mönchen in der Abtei zu sein?«
    Er schluckte und schüttelte den Kopf. »Es war ein dummes Lachen. Oder vielmehr das Lachen eines Narren über seine Dummheit.«
    Sie strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und legte den Kopf schief. »Das verstehe ich nicht.«
    »Das ist nicht schlimm. Ich glaube, ich verstehe es selber nicht.«
    Albin sah ihr an, dass seine Worte sie verwirrten. Aber sie war klug genug, um zu erkennen, dass er nicht weiter darüber sprechen wollte. Stattdessen fragte sie, ob sie sich zu ihm setzen dürfe. Er konnte es ihr nicht verwehren, wollte es auch nicht. Er sehnte sich nach ihrer Nähe, obwohl sein Verstand ihm sagte, dass der Abschiedsschmerz dadurch nur noch größer werden würde.
    Gerswind betrachtete ihn eine ganze Weile, bevor sie eine Hand auf seinen Arm legte und sagte: »Du musst mich für sehr undankbar halten. Du hast dein Leben für mich gewagt, und ich habe es dir noch gar nicht gedankt. Ich weiß, dass ich tief in deiner Schuld stehe. Aber dies alles ist so verwirrend. Ich brauchte Zeit, um darüber nachzudenken. Und dann kamen die fürchterlichen Träume.« Sie nahm die Hand von seinem Arm und schüttelte sich, als könnte sie die Erinnerung an die Träume, von denen sie gesprochen hatte, auf diese Art loswerden.
    »Was sind das für Träume, die dich so erschrecken?«
    »Eigendich ist es immer derselbe Traum. Jede Nacht sucht er mich heim. Ich sehe meinen Vater. Er steht vor der Abtei und wartet auf mich. Ich strecke die Hände nach ihm aus und laufe auf ihn zu. Aber je schneller ich laufe, desto weiter entfernt er sich von mir. Er wird kleiner, immer kleiner und schließlich verschwindet er, ist einfach nicht mehr da.«
    »Morgen wirst du deinen Vater sehen, und er wird dich in die Arme schließen.«
    »Ich weiß nicht«,

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