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Die netten Nachbarn

Die netten Nachbarn

Titel: Die netten Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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beleuchteter Stelle anzubringen. Und das?!«
    Herrn Sonnenscheins Empörung war begründet. Sie galt einer direkt über der Badewanne prangenden Marmortafel, die seine Bronzeplatte pompös verdeckte: »Für alle Zeiten trage diese Wanne den Namen des Ehepaars Max und Bella Kaminsky, Chicago.«
    Jossele krümmte sich vor Verlegenheit. »Bitte, bedenken Sie die Platzschwierigkeiten, mit denen ich zu kämpfen habe. Ich muss in einer verhältnismäßig kleinen Wohnung achtundsiebzig Tafeln unterbringen …«
    Glücklicherweise rottete sich in diesem Augenblick die Philadelphia-Gruppe zusammen, um auf das Dach hinaufzusteigen und zu fotografieren. Ihr geistiger Führer, Rabbi Menachem Suk, nahm in stolzer Haltung seinen Platz vor der massiven Kupferplakette ein, deren Goldumrahmung in der Sonne glitzerte: »Die Fernsehantenne, die sich hier erhebt, dankt ihr Vorhandensein der brüderlichen Liebe einiger Bewohner der Stadt Philadelphia, Pa., namentlich den Damen Ruth Bialazurkevits und Martha Taubmann, den Herren M. J. Krupskind und I. T. Seligson sowie dem Ehepaar Berl und Golda Rosenbloom samt ihren Kindern John, Franklin, Evely, Harry und Daisy-May.«
    Allmählich ging die Feier zu Ende, es gab keine Brötchen mehr, der Harmonikaspieler musste einer anderen Verpflichtung nachkommen, und Jossele klopfte ans Glas. In einer kurzen, herzlichen Ansprache dankte er allen Spendern, würdigte die Opferbereitschaft, mit der sie auf eigene Kosten angereist waren, um sich davon zu überzeugen, dass sie in Israel symbolisch Fuß gefaßt hatten, und verabschiedete sich von jedem Einzelnen mit Handschlag.
    »Ich hätte sie alle küssen mögen«, sagte er hernach. »Alle. Bis auf einen.«
    Und er führte mich in sein Schlafzimmer, wo sich meinem erstaunten Blick eine Messingtafel mit folgender Inschrift darbot: »Diese Messingtafel stiftete Mr. Norman B. Goldberg, Bronx, N.Y.«

Gottes Hand und Josseles Fuß
    Gestern bekam ich Nachricht von Jossele. Es war ein Anruf aus dem Krankenhaus: Er ließ mich bitten, ihn zu besuchen. Überflüssig zu sagen, dass ich mich sofort auf den Weg machte. Ich fand Jossele im Garten des Krankenhauses, bleich und niedergedrückt in einem Rollstuhl sitzend, ein Bild des Jammers. Und was mich am meisten erschütterte: Er hielt ein Gebetbuch in der Hand.
    »Jossele!«, rief ich beklommen. »Was ist los mit dir? Ein Herzanfall? Oder sonst etwas Lebensgefährliches?«
    »Nein, nichts davon.« Er schüttelte müde den Kopf, seine Stimme klang tonlos. »Aber was mir am Montag passiert ist, hat mich davon überzeugt, dass es eine göttliche Gerechtigkeit gibt.«
    »Bitte, erklär dich genauer«, sagte ich und setzte mich neben ihn.
    Jossele holte tief Atem. »Mein Wagen war in einer Reparaturwerkstatt, und das Schicksal ereilte mich in einem städtischen Omnibus«, begann er. »Linie 33. Montag. Zur Stoßzeit. Und wahrlich, ich habe gestoßen. Mit Händen, Füßen und Ellbogen habe ich mir einen Sitz erkämpft. Und kaum saß ich, pflanzte sich irgendein alter Idiot vor mir auf und begann sich völlig ungefragt über mich zu äußern. Er äußerte sich abfällig. Es sei ein Skandal und eine Schande, ein junger, gesunder Mensch wie ich bleibe sitzen, und ein alter, kränklicher Mann wie er muss stehen. Ich reagierte nicht. Die Leute sollten mich für einen Neueinwanderer halten, der die Landessprache noch nicht versteht. Der Alte schimpfte weiter, erging sich in immer heftigeren Missfallenskundgebungen über die heutige Jugend im Allgemeinen und mich im Besonderen. Ich blieb ungerührt.
    Es fiel mir gar nicht ein, meinen bequemen Sitz gegen einen Stehplatz im Gedränge einzutauschen. Unterdessen hatten die Hetzreden des Alten den ganzen Bus gegen mich aufgebracht. Plötzlich packte er mich am Kragen, riss mich hoch und setzte sich unter dem Jubel der Menge auf meinen Platz. Jetzt war der Augenblick gekommen, allen eine Lektion zu erteilen. Ich schwankte, hielt mich nur mühsam aufrecht und bahnte mir stöhnend den Weg zum Ausgang, wobei ich mit schmerzverzerrtem Gesicht das rechte Bein nachschleppte.
    Über den Bus fiel verlegenes Schweigen, das von beschämtem Geflüster abgelöst wurde. ›Der arme Kerl‹, flüsterte es ringsum. ›Ist gelähmt … hat ein krankes Bein … kann sich kaum bewegen … und dieser alte Trottel verjagt ihn von seinem Sitz. Ein Egoist! Ein Unmensch! Pfui!‹ Es fehlte nicht viel, und sie wären über ihn hergefallen. Einige standen auf, um mir ihren Sitz anzubieten. Ich winkte mit

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