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Die Netzhaut

Die Netzhaut

Titel: Die Netzhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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räumte er ein.
    Sie trank mehr Bier und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie zufrieden sie mit dieser Aussage war, wie wohlig ermattet sie sich fühlte und wie sehr sie es genoss, dass er ihr ein Abendessen servierte, das er selbst zubereitet hatte.
    »Ich habe da übrigens noch eine Frage an die Pathologin.«
    »Du brauchst dich nicht zu scheuen, sie in ihrer Freizeit zu belästigen«, ermunterte sie ihn. »So ist das nun mal in dieser Branche. Man ist immer bei der Arbeit.«
    »Könnten die Augenverletzungen von Mailin Bjerke von einem Korkenzieher stammen?«
    Er schaute sie ruhig an. Dennoch dauerte es ein paar Sekunden, ehe ihr klar wurde, dass er es ernst meinte. Sie begriff sofort, dass dieser Gedanke nicht von der Hand zu weisen war.
    »Wir haben uns verschiedene Schrauben und andere Gegenstände angesehen«, dachte sie laut. »Mit einer Schraube allein hat man wenig Kraft … ein Korkenzieher wäre absolut denkbar. Wie kommst du darauf?«
    »Diese Möglichkeit ging mir durch den Kopf, als ich mir die Unterlagen zu dem Ylva-Fall angesehen habe. Eine von vielen Gemeinsamkeiten … Wir müssen alles dafür tun, dass die Verbindung der beiden Fälle nicht öffentlich bekannt wird. Ich denke dabei nicht nur an unsere Ermittlungen. Stell dir nur vor, was dann über die Eltern von Ylva hereinbrechen würde.«
    Das konnte Jennifer sich ohne Weiteres vorstellen.
    »Ich habe versucht, Liss davon zu überzeugen, dass der Ausdruck, den sie gefunden hat, nicht das Geringste mit Mailins Schicksal zu tun hat«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass sie die beiden Fälle miteinander in Verbindung bringt. Der Name Ylva Richter kam in dem Artikel auch nicht vor.«
    »Ich hoffe, du hast recht«, entgegnete Roar.
    Er runzelte die Stirn. »Wir haben die Fotos einiger Beteiligter nach Bergen geschickt«, verriet er. »Einer der dortigen Ermittler hat sie den Eltern gezeigt.«
    »Ohne Erfolg, deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. Habt ihr denn überhaupt einen begründeten Verdacht gegen ihren Lebensgefährten?«
    »Vorläufig nicht. Er hat nie in Bergen gewohnt, was natürlich nicht ausschließt, dass er sich dort aufgehalten hat.«
    »Und trotzdem ist Viljam Vogt-Nielsen immer noch ganz oben auf Vikens Liste?«
    Roar antwortete, während er kaute.
    »Viken geht es vor allem um die psychologische Komponente. Das Ausstechen der Augen betrachtet er als deutlichen Hinweis. Auch den gewaltigen Zorn, der den Schlägen zugrunde gelegen haben muss. Er meint, dass nur ein Täter infrage kommt, der zu seinem Opfer ein enges Verhältnis hatte.«
    Er spülte das Essen mit einem halben Glas Bier hinunter. »Außerdem fragen wir uns natürlich, warum ihr Handy mit der Post verschickt wurde.«
    »Vielleicht treibt jemand ein Spiel mit euch«, versuchte sich Jennifer.
    Roar verzog unmerklich das Gesicht. Offenbar hielt er nicht viel von dieser Idee.
    »Sicher nicht ausgeschlossen, aber wir glauben eher, dass dahinter eine pervertierte Art der Fürsorge für das Opfer steckt. Er bringt die Frau um, will aber nicht, dass ihre Leiche verwest.«
    Die Falten auf seiner Stirn wurden tiefer und glichen plötzlich drei Möwen auf der Flucht. Die eine, umgeben von zwei kleineren Exemplaren, hatte ihre Flügel weit ausgebreitet.
    »Wie dem auch sei, wir müssen uns weiter auf ihr engstes Umfeld konzentrieren. Natürlich auf ihren Lebensgefährten, aber auch auf ihren Stiefvater. Außerdem tun wir alles, um Kontakt zu ihrem leiblichen Vater herzustellen, der seine Familie angeblich seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hat. Er wohnt in Kanada, doch niemand weiß, wo er sich derzeit aufhält.«
    Jennifer erkannte in Roars Worten Vikens Denkweise wieder. Schließlich hatte sie den Kommissar oft genug über Signale, Signaturen und versteckte Botschaften reden gehört, wenn es darum ging, wie eine Tat ausgeführt worden war. Sie selbst betrachtete die Arbeit von Profilern als amerikanische Modeerscheinung. Da war es ebenso wissenschaftlich, seiner eigenen Nase zu trauen.
    »Ja, der Instinkt ist etwas sehr Nützliches«, bemerkte sie. »Vor allem für Hunde.« Als Roar sie fragend anschaute, fügte sie hinzu: »Ich halte Vikens Erkundungen der menschlichen Psyche eben nicht immer für überzeugend.«
    Roar manövrierte mehr Rührei auf sein Brot und schwieg.
    »Und wenn wir hier schon über Psychologie sprechen«, fuhr sie fort, »was ist dann mit Mailins Patienten? Zu denen hat sie doch sicher auch ein enges Verhältnis gehabt. Außerdem

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