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Die Netzhaut

Die Netzhaut

Titel: Die Netzhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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keinen Finger«, brummte sie.
    Er ging nicht darauf ein, aber als er die Brötchen von vorhin wieder auf den Tisch stellte, fragte er:
    »Wie sah der Kerl aus?«
    Sie beschrieb ihn. Schwarze, lockige Haare, ungepflegt. Narben von einer früheren Akne, flackernder Blick.
    »Ich hatte das Gefühl, dass er irgendwie unter Drogen stand.«
    Aus einer grauen Tüte schüttete Viljam reichlich Kaffeepulver in die Presskanne.
    »Mehrere Patienten von Mailin nehmen Drogen. Ich habe sie gefragt, ob sie nicht lieber irgendein Alarmsystem in ihrer Praxis installieren möchte. Aber davon will sie nichts wissen.«
    Liss betrachtete verstohlen seine dunkelblauen Augen, während er auf einer trockenen Brötchenhälfte herumkaute. Er hatte einen kräftigen Bartwuchs und war immer noch unrasiert. Andererseits betonten die schmale Nase und die vollen Lippen sein fast feminines, hübsches Gesicht. Kein Wunder, dass Mailin sich von ihm angezogen fühlte, wenngleich sie normalerweise mehr an dem interessiert war, was sich hinter der Fassade eines Mannes verbarg. Sie wollte schon immer das erforschen, was jenseits des Sichtbaren existierte. Liss hingegen war immer von der Oberfläche eines Menschen fasziniert gewesen, ohne sich allzu sehr zu bemühen, hinter seine Maske zu blicken. Doch auch sie verließ sich auf ihre Intuition, wenn sie sich fragte, ob sie jemand vertrauen konnte oder nicht. Was Viljam anging, hatte sie sich noch nicht entschieden.
    »Hast du gefunden, was du in ihrem Büro gesucht hast?«
    Sie wusste nicht, wonach sie gesucht hatte. Wenn sie sagte, sie habe nach Mailin gesucht, würde er vielleicht aufhören zu fragen.
    »Ich habe einen Abend bei meiner Mutter verbracht«, sagte sie stattdessen. »Sie ist wie gelähmt und bringt kaum ein Wort heraus. Man kann förmlich zusehen, wie sie immer weniger wird.«
    Sie strich sich mit den Fingern durch die Haare. Sie blieben in einem Knoten hängen, den sie aufzwirbelte.
    »Ich muss irgendetwas unternehmen, alles genau rekonstruieren, was sie in letzter Zeit getan hat, und dorthin fahren, wo sie gewesen ist. Alles ist besser, als untätig rumzusitzen.«
    Er starrte schweigend auf die Tischplatte.
    »Was ist mit der Studie, an der sie gerade arbeitet?«, fragte sie. »Kann ich die Unterlagen irgendwo einsehen?«
    Er trank einen Schluck Kaffee.
    »Ihr Laptop ist verschwunden. Er war jedenfalls nicht im Auto. Und in ihrer Praxis und in der Hütte ist er auch nicht. Seltsam.«
    Liss dachte darüber nach.
    »Wozu hat sie ihn noch benutzt?«
    »Um ihre Patientenakten zu speichern.«
    »Die wird es doch wohl auch in Papierform geben?«
    »Ich denke, schon. Wir können oben in ihrem Arbeitszimmer nachschauen.«
    Er ging vor ihr die Treppe hinauf und betrat das kleine Zimmer mit dem Schreibtisch und dem Schlafsofa. An der Decke hing das Modell einer Möwe, der Luftzug der sich öffnenden Tür reichte aus, um ihre Flügel in Bewegung zu setzen.
    »Sie ist sehr penibel mit ihren Unterlagen«, betonte Viljam. »Die fliegen natürlich nicht irgendwo herum. Ich habe ihr sogar geholfen, einen feuerfesten Aktenschrank in die Praxis zu schleppen. Den teilt sie sich mit ihren Kollegen.«
    Sie durchforsteten die Schubladen, fanden aber nichts von Interesse.
    »Wonach suchst du eigentlich?«, wollte Viljam wissen.
    »Ach, ich weiß nicht. Muss mir erst mal einen Überblick verschaffen.«
    Als sie die Treppe wieder hinuntergehen wollten, sagte Liss: »Ich bin am Sonntag einfach ins nächstbeste Flugzeug gestiegen und hab überhaupt keine Klamotten mitgenommen. Vielleicht kann ich mir ja irgendwas Trockenes von Mailin ausleihen.«
    Viljam warf ihr einen erstaunten Blick zu. Offenbar registrierte er erst jetzt ihre nassen Haare und die feuchten Flecken auf ihrer Jacke, die sich von den Schultern über die Brust zogen. Er öffnete die Tür zum Schlafzimmer. »Der hintere Schrank ist ihrer.«
    Er ging ins Bad und kam mit einem Handtuch zurück.
    »Tut mir leid, dass ich nicht früher daran gedacht habe«, sagte er und ging die Treppe hinunter.
    Im Kleiderschrank fand Liss, was sie suchte. Sie zog einen sauberen Slip an, allerdings waren Mailins BH s zwei Nummern zu groß, also ließ sie es bleiben. Sie nahm Unterwäsche, zwei Pullover und eine flaschengrüne Strickjacke aus Kaschmir mit. Mailins Hosen hatten zu kurze Beine.
    »Ich habe schon viel von dir gehört«, sagte Viljam, als sie wieder nach unten kam. »Mailin hat gerne von dir erzählt.«
    »Na, dann musst du ja einen tollen Eindruck von mir

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