Die neue arabische Welt
keine Gefangenen foltern, unterdrückt keine Minderheiten, finanziert keine Islamisten und zettelt keine Bürgerkriege an. Stattdessen gewährt er Religionsfreiheit und fördert Frauen. Das Uno-Entwicklungsprogramm hat dem Land 2010 bescheinigt, in den 40 Regierungsjahren des Sultans die weltweit größten Entwicklungssprünge gemacht zu haben.
Als Reaktion auf Proteste, die es auch im Oman gab, hat der Sultan Renten und Mindestlöhne erhöht, 50 000 neue Jobs versprochen, zwölf Minister gefeuert und ein Komitee eingesetzt, das Vorschläge für eine neue Verfassung vorlegen soll.
Das Taxi hält vor einer weißen Villa, drinnen empfängt Ahmed Bin Sultan al-Husni, Geschäftsmann und Politiker, vor allem aber Angehöriger einer der einflussreichsten Familien des Landes. Er führt den Gast in ein Büro mit weißen Ledersofas. Er war einst Protokollchef des Sultans, jetzt ist er Mitglied des Oberhauses, vom Sultan persönlich ausgewählt, außerdem Vorsitzender der Qurum Business Group.
Husni gehört zu jenen rund zehn Prozent der Bevölkerung, die sich noch an den alten Sultan Said Bin Taimur, den Vater von Kabus, erinnern können. »Früher gab es nur drei Schulen und zehn Kilometer geteerte Straßen, keinen Strom, keinen Flughafen«, erzählt er. »Wir durften nicht ins Ausland reisen, und wer ein Auto kaufen oder ein Haus bauen wollte, brauchte eine Genehmigung von Sultan Said Bin Taimur persönlich.«
Husni war 18 Jahre alt, als Kabus 1970 seinen Vater stürzte. Die Husnis spielten bei diesem Putsch eine entscheidende Rolle: Sie stellten die Palastgarde in Salala, wo die Herrscherfamilie damals residierte – und als es darauf ankam, wendeten sie ihre Waffen gegen den alten Sultan. Die Treue zu Kabus zahlte sich aus. Ahmed Bin Sultan al-Husni hat in den ersten 18 Jahren seines Lebens nie eine Schule besucht, doch nach 1970 schickte ihn der Sultan nach Großbritannien, wo er von dessen altem Lehrer unterrichtet wurde. Danach wurde Husni Teil des Hofstaats und machte ein Vermögen mit seinem verzweigten Bau- und Dienstleistungsunternehmen.
Sultan Kabus Bin Said (2009)
»Vorher hatten wir in der Dunkelheit gelebt, wortwörtlich, denn es gab so gut wie keine Elektrizität«, berichtet er. »Dann kam Kabus, und es wurde Licht.« Der neue Regent ließ Stromtrassen verlegen, Straßen auch zu den abgelegensten
Dörfern planieren; Entsalzungsanlagen kamen dazu, Krankenhäuser, Schulen, alles befeuert vom Öl, das Mitte der sechziger Jahre entdeckt worden war.
Auf Husnis Schreibtisch steht ein Foto des jungen Sultans im Tarnfleck. Damals, in den siebziger Jahren, schlug Kabus mit Hilfe der Briten einen Aufstand in Dhofar nieder, einer an den Jemen grenzenden Region. Seitdem ist der Oman jene friedliche Insel in Arabien, die das Kunststück schafft, gleichzeitig ein enger Alliierter Irans, Amerikas und Englands zu sein. Ein Blick auf dieses Foto reiche, sagt Husni, um zu wissen, was dem Land ohne Kabus drohen könnte: ein Zerfall in Nord und Süd, in Küstenregion und Landesinneres, ein omanischer Jemen.
Sein Sohn Chalid Ahmed al-Husni sieht auf dem Foto von Kabus etwas anderes: einen Herrscher, der schon regierte, als er vor 40 Jahren geboren wurde. Husni junior ist ein Anhänger des Sultans, aber seine Wirtschaftspolitik kritisiert er. Der Oman sei ein Rentierstaat, der noch immer größtenteils vom Öl und Gas lebe, obwohl die Ölreserven rein rechnerisch in 18 Jahren aufgebraucht sein werden. Es mangele an qualifizierten Jobs, deshalb sei der Frust bei vielen Jugendlichen so groß – und 51 Prozent der 2,9 Millionen Einwohner sind jünger als 25.
Dubai ist zur Drehscheibe der Welt geworden, den Oman halten viele für eine Insel im Indischen Ozean. Dabei ist der Oman so groß wie Italien und kontrolliert die strategisch wichtige Meerenge von Hormus; das Land hatte einst Kolonien von Mombasa bis Gwadar.
Angeblich will der Sultan eine konstitutionelle Monarchie einführen, Schritt für Schritt, das sagen seine Anhänger. Könnte der Oman vielleicht ein Beispiel dafür werden, wie ein Herrscher einen Teil seiner Macht abgibt, freiwillig und friedlich?
Mit kleinen Schritten kennt Chalid al-Haribi sich aus, er hat die erste Nichtregierungsorganisation im Oman gegründet, die ihren Namen verdient. Alle Vereinigungen werden kontrolliert vom Ministerium für soziale Entwicklung; Haribi meldete seine Organisation Tawasul als Unternehmen an, Branche: Beratung. Tawasul veranstaltet Seminare über Menschenrechte und
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